Topas
Andre?«
»Ach nichts
… ich hatte nur gehofft…«
»Nicole?«
»Ja.«
»Sie war eine
Zeitlang in Paris und verschwand dann aus irgendeinem Grund nach
Montrichard.«
82
Die Wagen mit den
Amerikanern und mit den beiden Franzosen kamen fast gleichzeitig
beim Elysee-Palast an. Eindrucksvolle Wachen der garde
republicaine in Uniformen aus der Zeit
Napoleons öffneten die großen eisernen Gittertore und
ließen die Autos passieren. Sie fuhren auf den gepflasterten
Hof vor das prächtige Palais - ein Geschenk Ludwigs XV.
für seine Mätresse Madame de Pompadour.
Die mit Amtskette
geschmückten Türhüter des Präsidenten
führten die Besucher eilends durch die
Louis-quinze-Räume, über die Aubusson-Teppiche und vorbei
an den Gobelins, die bis zu den zehn Meter hohen Decken
hinaufreichten.
Die Anwesenden hatten
sich im Vorzimmer des Präsidenten versammelt. Andres Blick
suchte Oberst Gabriel Brune, einen großen schlanken Mann mit
grauen Augen. Bis jetzt hatte Andre geglaubt, daß sich hinter
diesen Augen ein beschränkter Bürokrat verbarg. Er ging
auf Brune zu, und sie reichten sich kühl die Hand.
»Hatten Sie
einen guten Flug, Devereaux?«
»Danke,
ja.«
Andre starrte ihn eine
Weile wortlos an, wandte sich dann ab und schüttelte vielen
alten Freunden die Hand. Bald darauf kam Präsident La Croix'
persönlicher Stabschef heraus, stellte fest, daß alle da
waren, einschließlich eines Vertreters der
Sûreté, den Andre hatte herbitten lassen, und
verkündete: »Der Präsident läßt
bitten.«
La Croix erhob sich
majestätisch hinter seinem Tisch mit dem massiven Golddekor
und begrüßte die Amerikaner frostig. Andre Devereaux,
den er seit über einem Jahr nicht gesehen hatte, bedachte er
mit einem flüchtigen Nicken.
Offiziere,
Sicherheitsbeamte, der Chef des Präsidialamtes und Granville
bauten sich vor dem Staatschef auf.
»Ihr
Präsident«, wandte sich La Croix an den amerikanischen
Botschafter, »erweist mir die Ehre Ihres Besuches. Ich bin
sicher, daß diesem Schritt ein wichtiger Anlaß zugrunde
liegt, doch möchte ich zunächst Klarheit darüber
haben, ob Sie hier sind, um uns zu konsultieren oder um uns zu
unterrichten.«
»Um Sie zu
unterrichten«, erwiderte Botschafter Davis.
»Seien Sie sich
dann bitte der Tatsache bewußt, daß La Croix und
Frankreich es vorziehen, ihre eigenen Entschlüsse zu
fassen.«
»Wir sind uns
dessen bewußt.«
»Fahren Sie
fort.«
»Wir haben den
unwiderleglichen Beweis, daß die Sowjets auf Kuba
Mittelstreckenraketen in Stellung bringen, und der Präsident
der Vereinigten Staaten wird die Anlieferung weiterer sowjetischer
Waffen unter Quarantäne stellen.«
»Eine
Blockade?«
»Eine
Quarantäne für Angriffswaffen; friedliche
Handelsgüter dürfen passieren.«
Marshal McKittrick,
der ein Französisch mit amerikanischem Akzent sprach, gab
einen ausführlichen Bericht, erklärte die Luftaufnahmen,
die er vorlegte, nannte weitere Geheimunterlagen und
begründete den Entschluß des amerikanischen
Präsidenten. Dann packte er La Croix bei seiner Eitelkeit und
forderte ihn auf, sich mit eigenen Augen von den Schwärmen
russischer Kampfflugzeuge und den Raketenbasen zu überzeugen,
was der französische Präsident mit Hilfe eines
Vergrößerungsglases tat.
»Die Richtigkeit
Ihrer Vermutungen hat Ihnen, wenn ich mich recht entsinne, der
französische Geheimdienst bestätigt«, sagte La
Croix.
»Die Mitarbeit
von Monsieur Devereaux war unschätzbar«, gab McKittrick
zu.
La Croix legte das
Vergrößerungsglas auf den Tisch, faltete die Hände
und dachte nach. Durch die vier hohen Fenster, die auf den Garten
hinausgingen, sah man die garde republicaine in ihren weißen
Gamaschen auf und ab gehen.
»Warum haben die
Sowjets das Ihrer Meinung nach getan?« fragte er.
»Weil sie sich
einbildeten, sie kämen damit durch«, erwiderte
McKittrick. »Aber das werden sie nicht«, setzte er
hinzu.
Andre beobachtete La
Croix und erinnerte sich an dessen Prophezeihung, daß es
früher oder später zu einer russisch-amerikanischen
Auseinandersetzung kommen müsse. War es nun soweit?
»Zweifellos wird
eine Großmacht wie die Vereinigten Staaten nicht ohne
hinreichende Beweise handeln«, sagte der französische
Staatschef. »Ihr Präsident trifft die Entscheidung eines
souveränen Staatsmannes. Sagen Sie ihm, daß Frankreich
seinen Standpunkt versteht. Andererseits werden wir, solange man
uns nicht darum bittet, keine Verpflichtung
eingehen.«
La Croix schob die
Fotos und
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