Topas
Finca San Jose und ihre
Übergabe an die sowjetischen Streitkräfte am
interessantesten.
Ein anderer Teil des
Vertrags bezog sich auf den Hafen Viriel, der achtzig Kilometer
östlich von Havanna lag. Es war ein alter Hafen, der fast
völlig verfallen war, weil er nicht mehr benutzt wurde. Jetzt
sollte Viriel wieder in Ordnung gebracht und ausgebaut werden, und
zwar im Hinblick auf einen bald zu erwartenden starken sowjetischen
Schiffsverkehr. Umfangreiche Sicherheitsmaßnahmen sollten
getroffen werden, um den Mantel des Geheimnisses über die
Angelegenheit zu breiten. Da Havanna als Hafen mehr als ausreichte,
lag es für Andre klar auf der Hand, daß die Sowjets
geheime Frachten an Land bringen wollten.
Andere Artikel des
Paktes befaßten sich mit der Ankunft von schwerem
Baugerät und von Materialien für Vorratstanks und zum Bau
von Kasernen, Straßen und Eisenbahnen im Gebiet von Pinar del
Rio und
Remedios.
Mit der Entdeckung
dieses Geheimnisses stand Andre vor einer schweren Entscheidung.
Wenn die Entscheidung richtig sein sollte, mußte er sie
allein fällen, und es würde nicht unbedingt eine
populäre Entscheidung sein. Nach den ungeschriebenen Gesetzen
des NATO-Nachrichtendienstes durfte ein Mann in Devereaux'
Stellung, wenn die Sicherheit eines Mitgliedstaates bedroht war,
das betreffende Land ohne Rückfrage in Paris direkt
informieren.
Andre wußte,
daß die Amerikaner Kuba durch U-2-Flugzeuge überwachen
ließen. Er wußte außerdem, daß der
amerikanische Spionagering in Kuba aufgeflogen und Amerika
weitgehend von seinen Verbündeten abhängig war, die noch
diplomatische Beziehungen zu Kuba unterhielten. Die Amerikaner
hatten ihre Illusionen von der Brauchbarkeit der
Flüchtlingsaussagen verloren und hielten sie im ganzen
für unzuverlässig.
Andre hatte zwar das
Recht, Kopien der Rico-Parra-Dokumente ohne Erlaubnis aus Paris an
die Amerikaner weiterzugeben, aber dies war nicht so einfach. Die
Beziehungen zwischen Frankreich und Amerika waren so weit
abgekühlt, daß der Austausch von Geheiminformationen
fast eingeschlafen war. Ein Verhalten, das den Amerikanern Nutzen
brachte, würde in Paris starke Verärgerung hervorrufen.
Aber angenommen, er schickte den Film nach Paris, ohne die
Amerikaner zu unterrichten. Was dann? Es bestand die
Möglichkeit, daß man ihn anwies, den Amerikanern keinen
Einblick in die Rico-Parra-Dokumente zu gewähren. Ihnen
könnten Ereignisse verheimlicht werden, die die ganze
Hemisphäre bedrohten.
Für Andre war es
eine vertraute Situation. Er steckte wieder einmal in der
Zwickmühle. Nach zwei schlaflosen Nächten saß er
hager und der Erschöpfung nahe an seinem Schreibtisch. Zwei
Kopien des Films sollten in Washington zurückbehalten und die
Originalnegative durch Kurier dem SDECE in Paris überbracht
werden.
Als die Entscheidung
getroffen war, setzte Andre eine Nachricht an sein Hauptquartier
auf:
BESITZE FOTOS VON
DOKUMENTEN, DIE RICO PARRA BEI SICH TRUG. ORIGINAL-NEGATIVE DURCH
KURIER UNTERWEGS. WEGEN DRINGLICHKEIT DER INFORMATIONEN MACHE ICH
VON MEINEM RECHT GEBRAUCH UND LIEFERE DEM AMERIKANISCHEN ININ- CHEF
EINE KOPIE DES FILMS MIT AUFNAHMEN VON ALLEN DOKUMENTEN.
DEVEREAUX
24
Das amerikanische
ININ-Hauptquartier befand sich in einem unauffälligen alten
Backsteingebäude in Washington, im Stadtteil Foggy Bottom.
Marshal McKittrick erhielt einen dringenden Anruf vom ININ,
während er auf dem Weg zu einem Konzert im Weißen Haus
war.
Nordstrom, Hooper und
die ININ-Abteilungsleiter hatten sich unverzüglich mit den
Rico-Parra-Dokumenten beschäftigt. Sanderson Hooper
unterrichtete McKittrick und vertrat vorsichtig die Meinung,
daß die Papiere echt seien.
Das grüne Telefon
zum Weißen Haus wurde benutzt.
Ein Adjutant tippte
dem Präsidenten auf die Schulter, während er im Ostzimmer
aufmerksam einem weltberühmten Cellisten zuhörte. Als das
Stück zu Ende war, entschuldigte sich der
Präsident.
»McKittrick,
Herr Präsident. Es tut mir leid, aber ich muß noch heute
abend mit Ihnen sprechen.«
Der Präsident
blickte auf die Uhr. »Wir sind gerade mitten im Konzert. In
vierzig Minuten kann ich mich freimachen.«
»Ich werde in
Ihrem Arbeitszimmer warten. Es wäre vielleicht nicht schlecht,
die Stabschefs in Bereitschaft zu haben.«
»Gut, Marsh, wir
werden sie holen lassen.«
»Danke, Herr
Präsident.«
Andre Devereaux
erhielt seinen Anruf sehr spät an diesem Abend, nach der
Rückkehr von einem Essen in der britischen
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