Topas
Abflugzeremoniell.
Eine
häßliche, grobe Frau von der G-2 rief mit schriller
Stimme ihre Namen aus. Auswanderungsbeamte riefen die
Flüchtlinge auf, und die Polizei füllte eine Reihe von
Formularen aus, um die Adressen der nächsten in Kuba wohnenden
Angehörigen festzuhalten. Ein Vertreter der Staatsbank
prüfte, ob sie keine finanziellen Verpflichtungen
hinterließen.
Verängstigte
kubanische Familien wurden in Nebenräume befohlen, wo sie sich
zur Durchsuchung nackt ausziehen mußten. Ein Stapel von
beschlagnahmten Sachen - Kleidung, Schmuck, Uhren, Trauringe,
religiöse Medaillons und Literatur - wuchs auf den
Abfertigungstischen. Vieles von dem, was da lag, suchten sich
später die Milizsoldaten und Beamten heraus. Der Rest kam dann
in der Halle des Kapitols zum Verkauf.
»Achtung,
Achtung! KLM-Flug Nr. 438 nach Miami wird sich aus technischen
Gründen verzögern.«
Ein Stöhnen kam
von den müden Passagieren, und im Nu verbreitete sich das
Gerücht von einer versteckten Bombe. Hunger und Durst
quälten die verängstigten Leute. Sie standen Schlange, um
einzeln in Begleitung eines Bewachers in die Toilette eingelassen
zu werden.
Munoz lief der
Schweiß übers Gesicht. Der KLM-Vertreter stritt mit ihm
über die weitere Verzögerung des Abflugs.
Munoz starrte zum
Fenster hinaus auf das bereitstehende Flugzeug. »Ich sagte,
ich werde Ihnen Bescheid geben, wenn die Maschine starten kann. Nun
machen Sie, daß Sie rauskommen!« Sein Hemd war unter
den Achseln naßgeschwitzt. Er versuchte, einen Fingernagel zu
finden, der noch nicht ganz abgebissen war. Als das Telefon
klingelte, griff er so hastig nach dem Hörer, daß er ihm
aus der nassen Hand rutschte.
»Hallo!«
Es war wieder Uribe, schon zum zehntenmal.
»Haben Sie Rico
gefunden?«
»Nein, aber
etwas anderes hat sich ergeben. Che Guevara hat eben
angerufen«, sagte er. Das war ein anderer der starken
Männer des Regimes. »Er sagte, der französische
Botschafter habe ihn eben besucht und ihm gesagt, er
wüßte, daß wir Devereaux zu entführen
beabsichtigen.«
»Na, und was
waren Ches Anweisungen?«
»Er sagte mir,
ich solle Ihnen sagen, in Abwesenheit von Parra und Castro
müßten Sie als Chef der G-2
entscheiden.«
Munoz legte langsam
auf, ging zur Tür, öffnete sie und rief seinen wartenden
Gehilfen.
*
Der übelriechende
Mann ließ sein letztes bißchen Kraft in sie
hineinfließen. Juanita weinte leise.
»Du verabscheust
mich«, murmelte der erschöpfte Rico
wehleidig.
»Nein - ich
weine, weil ich so glücklich bin«, schluchzte sie,
»weil ich so glücklich bin.«
*
»Achtung,
Achtung! KLM-Flug 438 nach Miami. Maschine startet in wenigen
Minuten. Passagiere können sich, zum Flugsteig
begeben.«
48
In Miami passierte
Andre die Zollabfertigung, ging dann sofort in die Halle des
Hauptgebäudes und meldete sich unter dem Namen De Fries im
Flughafenhotel an. Innerhalb weniger Augenblicke erschien Michael
Nordstrom an seiner Tür - mit einem Eiskübel und einer
Flasche Bourbon..
»Hallo, Mike -
wie geht es Ihnen? Nett, Sie wiederzusehen.«
»Nett, Sie zu sehen. Manche von
uns machten sich schon Sorgen.«
Andre zuckte mit den
Schultern und schloß die Tür. »Haben Sie alles
erhalten?«
»Zwei Rollen
Mikrofilm und vier Funksprüche.«
»Großartig«,
sagte Andre. »Ich habe noch eine Menge Kleinigkeiten in
meiner Aktentasche, vor allem einige Fotos. Es wird ein paar Tage
dauern, bis ich den Bericht fertig habe.« Er warf seine Jacke
aufs Bett, lockerte die Krawatte, rollte die Ärmel hoch, ging
ins Badezimmer und tauchte sein Gesicht in das mit kaltem Wasser
gefüllte Waschbecken.
Mike reichte ihm ein
Glas Whisky. Andre ließ sich in einen Sessel fallen. Er nahm
einen Schluck und seufzte müde.
»Wie ging
es?« fragte Mike.
»Routinesache.
Nichts übermäßig Aufregendes. Aber ich
schätze, Sie werden sich in Kuba nach anderen
Informationsquellen umsehen müssen. Ich fürchte, ich bin
dort nicht mehr besonders willkommen. Wir sind erledigt,
Mike.«
»Hoffentlich ist
niemand von Ihren Leuten geschnappt worden.«
»Nicht daß
ich wüßte, aber sie sind zu einem Körper ohne Kopf
geworden. Mit etwas Glück könnten sie wieder in die
Anonymität untertauchen.«
»Es war ein
höllischer Job, Andre. Ein höllischer Job. Ich brauche
Ihnen nicht zu sagen, wieviel Sie für uns getan haben. Und was
Ihre Leute betrifft, was für ein Mordsglück, daß
sie nicht an irgendeine Friedhofsmauer gestellt
wurden.«
»Das war
Juanitas
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