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Topkapi

Topkapi

Titel: Topkapi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Ambler
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Geschichte bis in alle Einzelheiten nachprüfen, Zeugen und Beweisstücke auftreiben, um jeden möglichen Zweifel auszuräumen. »Wie war der Name der Dame? Beschreiben Sie sie. Wo genau war das Haus, zu dem Sie sie brachten? Wohnte ihre Mutter wirklich dort? Haben Sie sie gesehen? Man braucht zweiundzwanzig Minuten, um von der Einkaufspassage zum anderen Ende des Artillerie-Parks zu gehen, und nochmals dreißig Minuten von dort zur Kaserne. Das sind zweiundfünfzig Minuten. Aber Sie hatten zwei Stunden Verspätung. Wo haben Sie diese eine Stunde und acht Minuten verbracht? Wir haben einen Zeugen, der aussagt, daß …« Und so weiter. Man kann nicht solche Geschichten für eine halbe Krone kaufen, die dem Mißtrauen der Polizei standhalten. Abwehrleute sind da noch schlimmer. In neun von zehn Fällen brauchen sie nicht einmal einen hieb- und stichfesten Beweis für das Gericht. Sie sind das Gericht – Richter, Geschworene und Staatsanwalt, alles in einer Person.
    Ich wußte nichts von dieser Zweiten Sektion, die der Kommandant erwähnt hatte; aber das war nicht schwer zu erraten. Die Türken hatten immer gern französische Worte und Redewendungen übernommen. Das Ikinci Bureau war also wohl das Gegenstück zum Deuxième Bureau. Ich sollte mich nicht getäuscht haben.
    Wenn man mich fragen würde, welche Menschengruppe, welcher Typ, welche Kategorie in meinen Augen die mißtrauischste, ungläubigste, unvernünftigste, kleinlichste, unmenschlichste und hinterhältigste Meute von Bluthunden sei, ich würde ohne Zögern antworten: die Leute von der Abwehr. Ihnen imponiert eine Geschichte nicht, und vor allem keine wahre Geschichte; sie glauben einem von vornherein nichts. Man braucht eine ganze Reihe von Geschichten, so daß man mit einer zweiten beginnen kann, wenn sie die erste widerlegt haben, und dann, wenn auch die zerfetzt ist, mit einer dritten. Auf diese Weise glauben sie, der Wahrheit auf den Grund zu kommen, und sie hüten sich vor Mißhandlungen. So kann man sich langsam zu der Geschichte vortasten, die sie wirklich hören wollen.
    Meine Lage war von Anfang an hoffnungslos. Wenn ich gewußt hätte, was in dem Wagen verborgen war, ehe der Grenzkommandant mich ins Verhör nahm, hätte ich ihm nichts von Harper erzählt. Ich hätte mich dumm gestellt oder einfach jede Aussage verweigert. Später, wenn ich dann schließlich zusammengebrochen wäre und »alles gesagt« hätte, hätten sie mir zumindest einen Teil geglaubt. Aber wie die Dinge nun einmal lagen, hatte ich ihnen eine Geschichte erzählt, die wahr war, aber so klang, als ob ich sie für Vollidioten hielte. Man kann sich vorstellen, wie mir zumute war, als ich wartete. Ich wußte, daß mir Schlimmes bevorstand.
    Die Sonne ging unter. Hinter dem Fenster wurde es dunkel. Es war sehr still. Ich konnte keinen Ton aus anderen Gefängnisteilen hören. Vermutlich lag es daran, daß die Verhörzelle geräuschlos isoliert war, so daß kein Schrei nach außen dringen sollte. Nach zwei Stunden näherten sich Schritte auf dem Flur. Die Tür wurde aufgeschlossen, und ein Posten kam mit einem Zinntopf voll Hammelsuppe und einem Stück Brot herein. Er stellte es vor mich auf den Tisch, nickte dann seinem Kameraden zu, der hinausging und die Tür wieder verschloß. Der Neue setzte sich auf die Bank.
    Ein Löffel war nicht da. Ich tunkte das Stück Brot in die Suppe und kostete. Sie war lauwarm und hatte halberstarrte Fettaugen. Auch ohne Magenbeschwerden hätte ich sie nicht zu essen vermocht. Mir wurde schon von dem Geruch übel.
    Ich blickte zum Posten. »Su?« fragte ich.
    Er deutete auf den Waschraum. Anscheinend würde ich vom Hahn trinken müssen, wenn ich Wasser wollte. Magenkrämpfe waren schon schlimm genug; ich wollte nicht auch noch die Ruhr bekommen. Ich aß von dem Brot und zog dann wieder meine Zigaretten heraus in der Hoffnung, der Neue würde mir eventuell Feuer geben. Er schüttelte den Kopf. Ich deutete auf einen Plastikaschenbecher auf dem Tisch, um ihn darauf hinzuweisen, daß Rauchen nicht unbedingt verboten sei. Er schüttelte noch immer den Kopf.
    Kurz vor neun überflog eine zweimotorige Maschine das Gefängnis und kreiste, als ob sie zu einem Landemanöver ansetzen wollte. Das Geräusch schien von Interesse für den Posten. Er sah auf seine Uhr und fuhr dann automatisch mit der Hand über seine Uniformbrust, wie um sich zu vergewissern, daß alle Knöpfe zu waren.
    Weniger aus Neugier als um die lastende Stille zu brechen, fragte ich: »Ist in

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