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Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Tore der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Tore der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lea Nicolai
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erleuchtete Treppe zu sehen, die in den Untergrund von Paris führte. Nach wenigen Stufen verlor sich der Tunnel im Dunkeln.
    »Keine Ahnung, wo wir hier sind«, murmelte Ravenna. Sie fühlte sich unbehaglich. Aus dem Gang stieg ein schwacher, leicht muffiger Geruch auf. Die Métro war das sicherlich nicht.
    »Auf diesem Schild steht etwas«, verkündete Lucian. » Katakomben von Paris. Eintritt 8 Euro. Einlass zur Nachtwanderung: 0 Uhr. Was hat das zu bedeuten?«
    Ravenna spürte, wie ihr das Blut in die Beine sackte. Ein leichtes Schwindelgefühl erfasste sie.
    »Es bedeutet, wir sind am Ziel«, flüsterte sie.
     

 
    Jahrmarkt der Toten
    Als sie sich umdrehte, geschahen zwei Dinge: Der Zeiger der Uhr am gegenüberliegenden Giebel sprang auf zwölf Uhr, und das Rollo vor dem Kassenhäuschen wurde rasselnd hochgezogen. Mit einem Satz brachte sich Ravenna in Sicherheit. Auf dem ganzen Areal gingen Lampen an, betäubend grelle Tausendwattstrahler, die sie ein paar Herzschläge lang in Blindheit stürzten. Aus mehreren Lautsprechern dröhnte eine Stimme.
    »Ravenna, meine Liebe – Glückwunsch! Du hast es tatsächlich geschafft! Du hast den Ort gefunden, an dem die nächste Herausforderung stattfinden wird. Auf unsere Kandidaten, meine Damen und Herren, wartet nun der Gang in die Unterwelt! Ich hoffe, du fürchtest dich nicht im Dunkeln, Ravenna?«
    »Kein bisschen«, rief sie und beschattete die Augen.
    Aus den bläulichen Lichtschwaden kam Beliar auf sie zu, eine körperlose Gestalt, die sich langsam materialisierte. Der Erfinder des WizzQuizz nahm ihre Hand und schüttelte sie, als hätte sie den Test bereits bestanden.
    Aus den Augenwinkeln sah Ravenna, wie Lucian rasch den Mantel über den Schwertknauf fallen ließ und das Kleidungsstück zuknöpfte. Er wirkte erschüttert, weil er nicht gemerkt hatte, dass man ihnen auf dem Platz vor den Katakomben auflauerte. Ein solcher Fehler konnte sie im Mittelalter den Kopf kosten – und in ihrer Welt den Hauptgewinn.
    »Vortrefflich«, rief Beliar. Er gab wieder ganz den charmanten Moderator. »Denn auch bei dieser Aufgabe werden du und dein Herausforderer natürlich wieder bis an eure Grenzen gehen. Und da kommt er schon – Applaus für unseren Favoriten Vadym!«
    Hinter dem gleißenden Licht verbargen sich offenbar ziemlich viele Menschen. Der Beifall klang gedämpft, aber kräftig. Die lange, weiße Limousine fuhr vor. Vadym kletterte aus dem Fond, gefolgt von dem jungen Russen mit Kupferhaar. Mit herausforderndem Hüftschwung schlenderte er auf sie zu und klimperte mit dem Geld in seinen Taschen.
    Acht Euro Eintritt – das hätte sie fast vergessen! Sie drehte sich zum Kassenhäuschen um. Der Eingang zu den Katakomben wurde von einem verdrießlichen, älteren Franzosen bewacht. Der Kassierer erweckte nicht gerade den Eindruck, als ließe er wegen des WizzQuizz mit sich verhandeln.
    »Ich bin gleich wieder da«, raunte Ravenna Lucian zu. Er nickte.
    »Ein Überfall auf Ravennas Hotel – das ist schrecklich, wirklich schrecklich«, jammerte der Russe vor den Kameras, als sie an ihm vorbeiging. Für seinen Auftritt hatte Vadym sich in Schale geworfen: Er trug gestreifte Hosen, Gamaschen, einen runden Hut und einen weit geschnittenen Wollmantel mit Pelzkragen. Insbesondere der Spazierstock, auf den er sich stützte, erregte ihre Aufmerksamkeit. Der Silberknauf bestand aus einer Dämonenfratze, die eine Schriftrolle zwischen den Zähnen hielt. Wahrscheinlich eine mystisch-mathematische Abhandlung.
    Vadyms messinggelbe Augen folgten ihr lauernd, als sie zu der Limousine ging. »Ich muss ganz dringend etwas wissen«, stieß Ravenna hervor, nachdem sie den Schlag aufgerissen und den Kopf ins Innere gesteckt hatte. »Habe ich noch einen Joker?«
    Das Medium schaute von seinem Hexenbrett auf. Das Mädchen mit der riesigen Brille runzelte die Stirn. »Beide Kandidaten haben in jeder Runde einen Joker«, verkündete sie, und diesmal war auch die Antwort auf dem Zauberbrett eindeutig. Der Pfeil zeigte einfach auf Joker. »Mich darfst du allerdings nichts mehr fragen. Ich habe dir schon in der ersten Runde geholfen«, erklärte das Medium.
    »Kein Problem. Diesmal wende ich mich ans Publikum«, sagte Ravenna. Kurz bevor sie die Tür schloss, fügte sie hinzu: »Dass wir im Hotel unsere Ruhe haben, war übrigens gelogen.«
    Das Medium zuckte mit den Schultern. »Beliar wollte unbedingt ein paar private Aufnahmen. Es geht darum, den Zuschauern auch ein Porträt von euch zu

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