Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)
Bewegung und schlug die Hufe in das lockere Geröll am Berghang. Fernlug und Gerling folgten ihm stumm. Alle hatten sie gesehen, was auf die Menschen in diesem Teil des Reiches zukam, und jeder für sich malte sich in Gedanken aus, was geschehen würde, wenn die Hellen das Leuenburger Becken erreichten. Es waren düstere und traurige Gedanken, denen jedes Licht und jede Hoffnung fehlte.
Den Rest des Weges schwiegen die Männer. Als sie auf die restlichen Flüchtlinge an der großen Sichel trafen, hob sich zwar ihre Stimmung ein wenig, doch lag fortan ein dunkler, drückender Schatten auf ihnen.
Wissenschaft und Religion
Das Hospital war hell erleuchtet, als Taris, Eirik und Uriel, der Erlöser von Leuenburg, und ein weiterer Bruder der Kirche in dessen Begleitung dort eintrafen. Auf den Treppen vor der großen Tür standen zwei Wachen der Stadtgarde. Sie trugen Fackeln und ihrem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, waren sie über diesen nächtlichen Auftrag nicht sonderlich glücklich. Hinter den beiden Soldaten konnte man weiteren, flackernden Feuerschein erkennen und auch die Kerzen der Kandelaber an den Wänden brannten. Auf Taris machte das Gebäude von außen einen vollkommen normalen Eindruck, und nichts deutete darauf hin, was sich noch vor wenigen Stunden innerhalb dieser Mauern abgespielt hatte. Als die Wachen ihren Hauptmann erkannten, setzten sie sofort eine andere Miene auf und grüßten ihn respektvoll. Mit Eiriks Erscheinen begannen sie jedoch schon unruhig zu werden, und jegliche Farbe im Gesicht verloren sie, als sie erkannten, wer am Ende der kleinen Abordnung das Hospital betrat. Sich in ihrer Haut ganz plötzlich unwohl fühlend, sprachen sie die für einen Würdenträger der Kirche übliche Begrüßung aus und neigten anschließend ehrfürchtig den Kopf. Der Erlöser nahm von den Wachen keinerlei Notiz. Er folgte Taris und dem Medikus stumm ins Innere des Gebäudes und sein Begleiter tat es ihm, nach einem schnellen Seitenblick auf die Soldaten, gleich. Taris kannte sich im Hospital aus und ging sofort in Richtung Treppenaufgang.
>> Dort hinten an der Treppe hab ich sie gesehen. << , erklärte Eirik müde und außer Atem und deutete auf die Stufen. Zwei weitere Wachen standen dort mit versteinerten Gesichtern am Absatz. An den Wänden des Treppenaufgangs waren in regelmäßigen Abständen kleine Öllämpchen angebracht und ihr flackernder Schein tanzte dabei über eine reglose Gestalt am Boden.
>> Talin, nein! << , rief Eirik plötzlich, drückte sich an Taris vorbei und hastete schlurfend zu seinem toten Schüler. Vorhin, im halbdunklen Zwielicht, hatte er ihn nicht erkannt, doch nun lüftete der helle Fackelschein das düstere Geheimnis um die Herkunft der Leiche. Der Tod seines Schützlings kam für Eirik nicht wirklich überraschend, doch irgendwie und entgegen aller Vernunft hatte er die Hoffnung bis zuletzt nicht aufgegeben. Erst jetzt, da er den reglosen und unschuldigen Körper Talins vor sich liegen sah, manifestierte sich die bittere Erkenntnis zu einer unumstößlichen Tatsache. Talin war tot und die Zeiten des Lernens für ihn vorbei. Er würde keine Empfehlung mehr für die großen Akademien des Reiches brauchen.
Mit einem Stöhnen ging Eirik neben dem Leichnam auf die Knie. Die Wachen traten dabei respektvoll zur Seite. Ein rascher Blick von Taris entließ die beiden aus ihrem Dienst, und er konnte es ihnen nicht verübeln, dass sich ihre Mienen sofort aufhellten. Mahnwache für einen Toten zu halten, war keine leichte Aufgabe, vor allem für ein Mordopfer und dann auch noch direkt am Tatort.
>> Nicht anfassen Medikus! << , gemahnte der Erlöser plötzlich und beugte sich über den toten Schüler.
Eirik, vom plötzlichen Ausbruch Uriels irritiert, hielt inne und sah den Erlöser zornig an.
>> Das Opfer wurde von Widergängern getötet, und es ist durchaus möglich, dass deren dämonische Präsenz noch in ihm wohnt! << , erklärte Uriel nachsichtig und mit einem gütigen Lächeln auf den Lippen. Offenbar war er sich der heiklen Situation durchaus bewusst und fühlte mit dem Medikus. Eiriks Miene verfinsterte sich und Taris hatte den Eindruck, als würde die Wissenschaft jeden Moment einen Streit mit der Religion beginnen wollen. Er hoffte inständig, dass es nicht so weit kommen würde, denn auch wenn Eiriks Einfluss in Leuenburg groß war, die Kirche hatte einen weitaus längeren Arm und ganz sicher sogar die
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