Tore nach Thulien 2 : Dämmerung (German Edition)
und quer durch die Luft geschleudert zu werden. Das Blau des Himmels wechselte sich irrsinnig schnell mit dem Braun des Bodens ab und instinktiv zog Liam die Füße an den Bauch. Er rollte sich zusammen und wartete auf den Aufprall. Noch während er durch die Luft segelte, konnte er plötzlich ein lautes Krachen und Bersten hören. Vermutlich war der Wagen umgekippt und über den Hang in die Tiefe gestürzt. Ein gewaltiger Schlag trieb ihm im nächsten Augenblick die Luft aus dem Leib. Kleinere Schläge auf den ganzen Körper folgten und dann war es vorbei. Liam lag ausgestreckt auf dem feuchten, matschigen Boden und rührte sich nicht. Für eine Sekunde herrschte absolute Stille. Er konnte sein Herz schlagen hören und dankte der Herrin, dass er noch am Leben war. Langsam öffnete er die Augen. Er sah, wie Fernlug und Gerling von ihren Wagen stiegen und auf ihn zu gerannt kamen. Sein Gehör versagte ihm den Dienst und so wirkten die Bewegungen seiner Gefährten auf seltsame Art und Weise entrückt, beinahe wie in Trance. Fernlug erreichte ihn als erster und dessen Berührung ließ die seltsame Starre, die auf Liam lag, sofort von ihm abfallen. Jetzt setzte auch sein Gehör wieder ein und langsam, sich kurz mit der Hand den Kopf haltend, richtete er sich auf.
>> Was ist passiert Liam? Geht es dir gut? << , rief Gerling besorgt, der nun auch die Unfallstelle erreicht hatte.
>> Ich denke schon. << , antwortete Liam und rieb sich dabei den Kopf. Etwas verwirrt sah er sich um, bis sein Blick auf dem verhängnisvollen Baumstamm liegen blieb. Der Stamm hatte den Aufprall ohne größere Blessuren überstanden, vom Wagen jedoch fehlte jede Spur. Die Pferde stampften etwa hundert Schritte weiter hinten unruhig mit den Hufen auf, wobei sie das Ende der Deichsel im Dreck schleifend hinter sich her zogen.
>> Hattest schon immer einen harten Schädel! << , sagte Fernlug und ein sachtes Grinsen vertrieb seinen eben noch besorgten Gesichtsausdruck.
>> Der Herrin sei Dank. << , antwortete Liam schmunzelnd und streckte sich vorsichtig. >> Habt ihr gesehen, was mit dem Wagen passiert ist? <<
>> Das hättest du sehen müssen! << , prustete Gerling plötzlich. >> Der alte Karren schlug gegen den Stamm, hat kurz geruckt und sich dann ein paar Mal überschlagen. Hätte nicht gedacht, dass du dort lebend raus kommst! <<
>> Und dann ist er mit lautem Getöse links den Abhang runter und du lagst wie leblos hier auf dem Boden. << , vervollständigte Fernlug.
Liam nickte und rieb sich abermals den Nacken. >> Na, das muss ja ein ganz schöner Zauber gewesen sein. << Vorsichtig ging er zum Abgrund.
>> Und ob, so was bekommst du kein zweites Mal hin! << , rief Gerling belustigt und auch Fernlug musste lachen.
Die beiden folgten Liam und sahen gemeinsam mit ihm nach unten. Der Wagen, oder besser das, was von ihm übrig war, hing gute fünfzig Schritte unterhalb des Pfades in den Bäumen. Unzählige Holzsplitter und Fetzen der Plane lagen in großem Umkreis daneben.
Liam nickte zufrieden, und ein verschlagenes Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. >> Sehr gut! Genauso habe ich mir das vorgestellt. <<
Gerling und Fernlug sahen sich plötzlich verwirrt an.
>> Besser hätten wir drei einen Unfall gar nicht nachstellen können oder? << Jetzt war es an Liam zu grinsen.
>> Wie? Was? Unfall nachstellen? << Gerling blickte verständnislos zu Liam.
Der warf einen kurzen Blick zu Fernlug und wusste, dass zumindest er verstanden hatte.
>> Ist doch klar Gerling! Wenn die Hellen denken, die Wagen hatten samt Besatzung einen Unfall und sind die Flanke des Berges hinabgestürzt, geben sie die Verfolgung vielleicht auf! <<
Gerling wusste im ersten Moment nicht, was er davon halten sollte, doch dann stahl sich ein Grinsen auf sein Gesicht. >> Gerissen wie immer unser Liam! Gefällt mir gut der Plan << , antwortete er und sah anerkennend zu Liam.
>> Dann auf, lasst uns keine Zeit verlieren << , rief Liam und drehte sich um. Die anderen beiden folgten ihm und so machten sich alle an die Arbeit. Schnell waren die entlaufenen Pferde des ersten Wagens wieder eingefangen und von der zerstörten Deichsel befreit worden. Auch die anderen vier Pferde wurden rasch ausgespannt und ihnen die Zuggeschirre abgenommen. Die beiden verbliebenen Fuhrwerke rollten die Männer bis an den Rand des Pfades,
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