Tore nach Thulien 4 : Grüfte und Katakomben (German Edition)
Ordnung.
Der letzte Reichstag aber hatte diese Grundfesten erschüttert. An jenem schicksalhaften Tag hatte es Grodwig in den Augen des Königs und des Erzdelegaten gesehen. Unglaube und Ablehnung hielten dort gemeinsam für Bruchteile von Sekunden Einzug, und das, obwohl selbst ihnen klar geworden sein musste, dass der Schrecken der Altvorderen im Begriff war, nach Thulien zurückzukehren. In Königsbrück hatte er sich keinerlei Illusionen mehr hingegeben, und auch die beschwichtigenden Worte des Erlöserrats konnten daran nichts mehr ändern. Ein uralter, längst in das Reich der Mythen und Legenden verdammter Feind griff genau in diesem Moment mit bleicher Hand nach dem Westen und brachte das Reich in allerhöchste Gefahr. Grodwig wusste einfach, dass es so war und auch, dass er mit dieser Meinung unter den Herzögen nicht alleine stand.
Ohne auf einen erschöpfenden Erlass des Reichstages zu warten, war er schließlich aufgebrochen, und jetzt, nach dem Angriff, war ihm auch klar, warum: Das Schicksal Leuenburgs stand auf dem Spiel, und mit ihm das des ganzes Reichs der Herrin. Sollte sich der König weiterhin mit seinen Beratern und Kanzlern die Nächte um die Ohren schlagen, er aber würde handeln. Noch gab es keinen Königsbann und zumindest solange konnte er die Dinge ungehindert angehen.
>> Seht! Die Mauern Leuenburgs! << , rief Grodwig und parierte seinen Hengst durch. Der Körper des großen Tieres kam rasch zum Stehen und fing in der kühlen Morgenluft sofort zu dampfen an. Adun führte sein Pferd neben Grodwigs. Der Ritter sah erleichtert in das Tal der Leue hinab. Von der kleinen Anhöhe hatten sie einen hervorragenden Ausblick auf die Stadt des Herzogs und konnten viele Einzelheiten erkennen. Im Südwesten reckte der große Dom der Herrin seine Kuppel in den Himmel und die roten Schindeln des Klosters auf dem Leuenberg schimmerten golden im Licht der aufgehenden Sonne. Ganz weit hinten am Horizont zog sich die Leue als silbern funkelndes Band durch das Land und die Spitze des Wehrturms im Zentrum des Treidelhafens lugte zwischen Stadtmauer und Dom hervor.
>> Wir haben es geschafft << , sprach Adun erleichtert, atmete tief durch und kurz darauf flogen die Hufe der Pferde wieder über die Straße. Obwohl Leuenburg rasch näher kam, waren diese letzten Minuten die längsten für Grodwig. Schon jetzt ging er in Gedanken die nächsten Schritte als Reaktion auf den vergangenen Reichstag durch und überlegte sich, wen er mit welchen Aufgaben betrauen konnte. Der dunkle Schatten im Westen war da, auch wenn man ihn hier weder sehen, noch hören konnte. Leuenburg musste so gut wie möglich auf dessen Ankunft vorbereitet sein. Die anderen Herzöge in den westlichen Peripherien des Reiches standen vor derselben Herausforderung, und jeder für sich alleine würde dem kommenden Sturm nicht standhalten können. Nur vereint hatten sie eine Chance, die dunkle Flut zurückzudrängen und dem drohenden Verhängnis zu entgehen. Die Zeit war reif für eine Unterredung der westlichen Herzöge.
Inzwischen war die Stadtmauer nahe heran gekommen und Grodwig erkannte bereits den zackigen Verlauf der steinernen Zinnen. Er ritt im gestreckten Galopp an der Spitze der kleinen, bis auf vier Mann zusammengeschmolzenen Kolonne.
Plötzlich rief Ritter Adun über das dumpfe Donnern der Hufe hinweg: >> Dort oben auf der Mauer! << Er deutete mit ausgestrecktem Arm nach oben. >> Dort wird gekämpft! << Er hatte gebrüllt und schloss sofort zu Grodwig auf.
Der Herzog drosselte die Geschwindigkeit und sah zur Stadtmauer. Mehrere Gestalten bewegten sich rasch auf dem obersten Kranz und ab und an blitzte es metallisch auf. Dazwischen huschten immer wieder seltsam bleiche Gestalten umher und Grodwig wusste sofort, worum es sich dabei handelte. Plötzlich schoss eine grelle Stichflamme einige Meter in den Himmel und eine der Gestalten wurde von der Wucht der Hitzewelle in den Abgrund gerissen. >> Bei der Herrin! Was war das? << Er riss die Augen auf und sofort machte sich ein mulmiges Gefühl in ihm breit. Ohne ein weiteres Wort trieb er Kalisto die Fersen in die Flanken und der Hengst preschte weit ausholend in Richtung Stadttor davon.
Abgründe
Liam rannte unbeirrt vorwärts, sah weder nach links noch nach rechts und brüllte aus Leibeskräften. Ilsa`s Hand hielt er dabei fest umklammert und spürte, dass sie
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