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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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nicht die Ehefrau, ich …« Sie trat etwas zur Seite. »Ach, kommen Sie erst mal rein.«
    Hünerbein folgte ihr in ein großzügiges Entree. Mannomann, was für ‘ne Hütte, dachte er. Marmorne Treppen schwangen sich zu einer Galerie hinauf wie in einem Opernhaus, und von der stuckverzierten, mit allerlei Putten und Engeln versehenen Decke hing ein riesiger Kristallleuchter herab.
    »Luise Becher«, sagte die Dame schließlich und reichte ihm die Hand, »ich bin …« Sie fing erneut an zu weinen. »… ich war die Privatsekretärin Werner von Lahns.« Sie tupfte sich hektisch die Tränen aus dem Gesicht, »verzeihen Sie, ich sollte mich mehr unter Kontrolle haben«, und deutete ein entschuldigendes Lächeln an. »Nehmen Sie einen Moment Platz, ich werde Sie gleich anmelden.«
    Und schon tippelte sie davon.
    Hünerbein zog eine zerknüllte Packung Roth-Händle aus der Tasche seines Trenchcoats und steckte sich erst mal eine an. Dann lief er ein wenig in der Eingangshalle auf und ab und sann darüber nach, wo er am besten etwas zu essen herbekommen könnte.
    Herrgott, dachte er, schenk mir auch ein bisschen mehr von dem schnöden Mammon – dann müsste ich nicht mehr dauernd im Leben unsanft zu Tode Gekommener herumstochern, und niemand könnte mir das Frühstück verbieten.
    »Frau von Lahn erwartet Sie in der Bibliothek.«
    »Oh, vielen Dank.« Hünerbein drückte die Kippe in der einladenden Hand eines marmornen Engels am Treppenabsatz aus und folgte der Sekretärin durch zwei Flügeltüren in einen dunklen, weiten Raum mit hohen Fenstern zum Park hinaus. An den Wänden standen Bücherregale aus mit feinen Schnitzereien verziertem Ebenholz, die bis unter die Decke reichten. Edle Folianten darin, Lederrücken an Lederrücken, Originalausgaben der deutschen Klassiker, Humboldts wissenschaftliche Abhandlungen, The British Encyclopedia, die Werke bekannter Ökonomen wie Keynes, Ricardo und Hayek. Auf dem dunklen Parkett lagen orientalische Teppiche, den gewaltigen Schreibtisch zierten die Marmorbüste des Unternehmensgründers Franz Albrecht von Lahn sowie eine schwere Messinglampe mit grünem Schirm, eine sogenannte Bankers Lamp aus den dreißiger Jahren.
    Am Fenster ruhte in einem massiven, polierten Holzgestell ein großer, alter Globus, sodass man sich wie in einem viktorianischen Herrenclub des Empires fühlen konnte: very british . Ein Eindruck, der durch die tiefen Chesterfieldsessel vor dem Kamin noch verstärkt wurde – und deshalb verhielt sich Hünerbein entsprechend, nahm eine Körperhaltung an wie der alte Churchill und schlug zackig die Hacken zusammen.
    »Good morning, Ma’am! My name is Hünerbein.« Natürlich sprach er es englisch aus – »Junerbeyn«.
    Johanna von Lahn war eine hochgewachsene, strenge Frau mit grauem Dutt und sehr wachen, grün gesprenkelten Augen. Früher musste sie eine Schönheit gewesen sein, doch der Lauf der Zeit hatte kleine verbitterte Falten um ihren Mund wachsen lassen, die sie älter machten, als sie vermutlich war. Zudem wirkte sie sehr abweisend, kühl und unnahbar, was vielleicht ein Zeichen ihrer Trauer war. Aufrecht stand sie am Schreibtisch ihres Mannes und starrte Hünerbein an.
    »Sind Sie der Kommissar?«
    »Yes«, nickte der und stellte sich erneut vor, »mein herzliches Beileid, Frau von Lahn.«
    »Sparen Sie sich das«, sie deutete auf die Sitzgruppe am Kamin, »und setzen Sie sich.«
    »Danke.« Folgsam fügte sich Hünerbein und sank in einen der tiefen Sessel. Sein Magen meldete sich. Ungeduldig und laut vernehmlich.
    »Wurde er ermordet?« Johanna von Lahn stand unbewegt. Wie eine Säule aus Stein.
    »Das ist nicht klar«, erwiderte Hünerbein und wollte zu einer längeren Erklärung ausholen, wurde aber unterbrochen.
    »Und warum werde ich dann von der Polizei geweckt?«
    »Weil, wenn nicht genau klar ist, woran ein an sich gesunder Mensch stirbt, die Polizei ermitteln muss.« Wieder knurrte der Magen, und Hünerbein lächelte entschuldigend: »Verzeihen Sie, aber ich habe noch nicht gefrüh…«
    »Kann ich ihn sehen?«, unterbrach ihn Johanna von Lahn erneut.
    »Sie müssen ihn sogar«, nickte Hünerbein, »noch zweifelsfrei identifizieren. Eine reine Formalität. Wir können gleich anschließend in die Invalidenstraße fahren, um …«
    »Bemühen Sie sich nicht«, winkte die Frau ab, »ich finde da allein hin.«
    »Sie wissen, wo sich das zentrale Leichenschauhaus der Berliner Rechtsmedizin befindet?«
    »Ich hatte bereits einmal das

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