Tortenschlacht
ich.«
»Macht Sinn«, nickte Hünerbein, holte Kugelschreiber und Notizblock aus den Taschen seines Trenchcoats und notierte es. »Worum ging es bei diesem Treffen?«
»Nun, vermutlich um unsere Besitzungen im Osten.« Johanna von Lahn ging wieder an den Schreibtisch. »Dieser Meyer schien sich dafür zu interessieren. Es gab noch ein paar Unstimmigkeiten bezüglich des Kaufpreises, die an diesem Abend wohl ausgeräumt werden sollten.«
»Und? Wurden sie ausgeräumt?«
»Das weiß ich nicht.« Ihre Hände klammerten sich an der Lehne des Schreibtischstuhles fest. »Ich habe Werner danach nicht mehr gesehen. Er ist noch mal weggefahren.«
»Wohin?«
»Ich weiß es nicht.« Sie hob die Schultern. »Es kam vor, dass er spätabends noch mal weg ist. Manchmal traf er sich im ›Wannseeblick‹ mit Zehlendorfer Parteifreunden, oder er fuhr noch mal in die Fraktion … Ich habe mir nichts dabei gedacht.«
»Worum ging es bei dem Immobiliengeschäft genau?«
»Meyer hat angeboten, uns die Restitutionsansprüche abzukaufen«, antwortete Johanna von Lahn. »Wie Sie vielleicht wissen, bekommen alle, die damals von den Russen enteignet worden sind …«
»… ihre Häuser und Grundstücke zurück, ich weiß«, nickte Hünerbein ungeduldig. »Und dieser Meyer hat Ihnen ein Angebot gemacht? Allein für die Ansprüche?«
»Soweit ich das mitbekommen habe, ja«, antwortete sie, »Werner hat sich da recht viel Hoffnungen gemacht, wir sind finanziell etwas in Schwierigkeiten …«
Tatsächlich? So sieht die Bude hier aber gar nicht aus, dachte Hünerbein. »Inwiefern?«
»Wir sind praktisch ruiniert.«
»So schlimm?« Er machte eine ungläubige Miene. »Immerhin haben Sie doch noch dieses schöne Haus …«
»Das gehört längst den Banken.«
»… und eine rührige Privatsekretärin.«
»Luise Becher lebt mietfrei in unserer Remise. Dafür hat sie für meinen Mann Termine und Post gemacht.«
»Und womit verdient sie ihren Lebensunterhalt?
»Externe Schreibarbeit«, antwortete Johanna von Lahn, »Luise betreibt eine Art Büro- und Telefonservice und macht die Buchhaltung für kleinere Firmen, soweit ich weiß.«
»Verstehe«, nickte Hünerbein. »Lief der Kontakt mit diesem Meyer beziehungsweise dieser Immobilienfirma DOMIZIL auch über sie?«
»Nein.« Johanna von Lahn schüttelte den Kopf. »Der Meyer hat sich von selbst gemeldet.« Sie seufzte. »Leider war sein erstes Angebot nicht akzeptabel. Werner hat ihn um Nachbesserungen gebeten.«
»Und das wurde hier am Samstagabend verhandelt?«
»Ja.« Johanna von Lahn erhob sich wieder. »Wie gesagt, ich kenne den Ausgang des Gespräches nicht.« Sie hob hilflos die Arme. »Wenn ich nur diese verdammte Nummer finden könnte …«
Hünerbein stand ebenfalls auf und ging zum Telefon. »Darf ich mal?«
»Bitte!«
Hünerbein wählte und wartete einen Augenblick. »Eine Gesellschaft DOMIZIL . – Ja, Immobilien hier in Berlin.« Er schrieb etwas in seinen Notizblock. »Danke, hab’s notiert.« Er notierte die Nummer ein weiteres Mal, riss dann den Zettel heraus und gab ihn Johanna von Lahn. »Hier! Die Nummer von der DOMIZIL .«
Die sah ihn verblüfft an. »Wie haben Sie das jetzt so schnell herausgefunden?«
»Über die Auskunft«, Hünerbein tippte auf den Telefonhörer, »die Telefonauskunft. Ganz einfach.«
»Ach.« Das Gesicht der Witwe erhellte sich merklich. »Da hätte ich auch drauf kommen können, was?«
Hünerbein lächelte und zückte seine Visitenkarte. »Wenn Ihnen noch was einfällt, rufen Sie hier an! Wiedersehen!«
35 WAS HAT EIN Westberliner Politiker mit einem mysteriösen Mord vor fast dreißig Jahren in der brandenburgischen Pampa zu tun?, überlegte Hünerbein, als er sich wenig später in einem kleinen Bistro am S-Bahnhof Wannsee stärkte. Er aß sein drittes Putenbrustbaguette und blätterte die alte Ermittlungsakte aus Königs Wusterhausen durch. Erinnerst du dich an Rosemarie? – Merkwürdig.
Friedrichs war wirklich ein guter Mann und schien die richtige Nase zu haben, aber wie war der mysteriöse Mord an Rosemarie Huth vor fast dreißig Jahren mit dem gewaltsamen Tod von Jan Fridolin Arndt zu verbinden? Und wie passte Werner von Lahn da rein? Immerhin hatten die Ermittlungen der Volkspolizei damals ergeben, dass diese Rosemarie Huth ebenfalls in Westberlin wohnte, Zehlendorf, Conradstraße – also ganz in der Nähe. Das passte. Ursprünglich aber musste sie aus dem süddeutschen Raum gekommen sein, da sie eine in
Weitere Kostenlose Bücher