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Tortenschlacht

Tortenschlacht

Titel: Tortenschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver G Wachlin
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Und auch heute wäre es so gelaufen, wenn nicht im selben Moment, da er »Hi, Baby« sagen wollte, das dämliche Tischtelefon geklingelt hätte.
    Wer, verflucht noch mal, rief jetzt an? Es musste doch jeder sehen, dass Heini Boelter längst an der Zwölf in Aktion war! Er wollte schon seine Hand auf den Hörer legen, die Dame dabei lässig ansehen und ihr mit schönstem Elvislächeln klarmachen, dass jeder Anruf ohnehin vergebens war – da hatte das Dirndl-Mädchen die Muschel schon am Ohr.
    »Ja, hallo?« Irritiert sah sie auf. »Ein Mann mit rot-weißer Lederjacke? – Ja, steht vor mir. Was soll ich dem …? – Okay.« Sie legte den Hörer verwirrt auf die Gabel zurück und starrte Heini Boelter mit großen Augen an.
    »Hi, Baby«, machte der.
    »Guten Abend«, erwiderte die dralle Oberweite und deutete nach hinten in Richtung der Toiletten. »Da hat gerade jemand angerufen. Er erwartet Sie auf der Toilette.«
    Jetzt war Boelter irritiert. »M-mich?«, fragte er. »Bin ick schwul, oder wat?«
    »Woher soll ich das wissen«, antwortete die Dame im Dirndl beleidigt und wandte sich demonstrativ der Kapelle zu.
    »Nee, bin ick nu absolut nich«, stellte Boelter klar, »und det werde ick der beknackten Homobacke auf dem Klo jetzt mal ins Maul tätowieren. – Bis gleich, Süße!«
    Er stiefelte durch den Saal, enterte den schmalen Gang an den Zigarettenautomaten entlang und riss sämtliche Toilettentüren auf. Aber da war niemand. Allmählich wurde Boelter sauer. Was für ein durchsichtiger Trick, ihn von der Dirndl-Dame wegzuholen. Und er fiel auch noch darauf rein! Nicht zu fassen.
    Er wollte gerade wieder in den Ballsaal zurückkehren, als plötzlich in seinem Kopf etwas explodierte. Elvis im Sternenregen, »Good Rockin’ Tonight« in unendlichen Weiten. Und die dralle Dirndl-Käthe. Mit ausgebreiteten Armen und seligem Lächeln schwebte sie durchs Universum davon, bevor es Nacht wurde um Heini Boelter.
    Als er wieder zu sich kam, vernahm er zunächst das sonore Brummen seines Plymouth Savoy. Geiler Motor. Fünfzylinder, schnurrt wie ‘ne Eins.
    Merkwürdig war nur, dass Boelter nicht hinter dem Steuer saß. Im Gegenteil, er lag auf der schönen roten Ledersitzbank im Fond. Wer aber fuhr den Wagen?
    Boelter wollte sich aufrichten, was nicht einfach war, denn seine Hände waren wie gelähmt. Es brauchte eine Weile, bis er begriff, dass man sie ihm auf dem Rücken zusammengebunden hatte. Mist, verfluchter! Was war denn jetzt los?
    Mühsam rappelte er sich so weit auf, dass er zum Fahrersitz rüberschielen konnte. Träumte er? Da saß doch der Borsalinohut. Was wollte der denn schon wieder, wieso fesselte der ihn? Hatte Boelter nicht alles zur Zufriedenheit erledigt? War er nicht die Zuverlässigkeit in Person?
    Furcht beschlich ihn. War er der Mohr, der nicht mehr gebraucht wurde? Der Mann, der zu viel wusste?
    »Mhmpfff …«, machte Boelter, da ihm der Mund mit Klebeband verkleistert war.
    »Sie sind ein Idiot«, sagte der Mann mit dem Borsalinohut. »Normalerweise sind Taxis die unauffälligsten Fahrzeuge, die man sich denken kann. Aber was machen Sie? – Schaffen sich so einen barocken Amischlitten an.«
    War das ein Grund, ihn gleich umzubringen?
    Panik stieg in Heini Boelter auf, denn der Plymouth holperte einen unebenen Waldweg entlang.
    Wohin bringt der Kerl mich, dachte er mit zunehmender Verzweiflung, Mann, ick seh nur noch Bäume, det is hier schon jottwede.
    Der Wagen stoppte scharf, und Boelter rutschte in den Fußraum zwischen Vordersitzen und Rückbank. Kurz darauf wurde die Fondtür aufgerissen. Eine Hand im schwarzen Lederhandschuh packte ihn – »mhmpff, mhmpff, mhmpff«, protestierte Boelter – und zerrte ihn heraus.
    Wenig später kniete er gefesselt auf dem matschig kalten Waldboden. Mitten in der Nacht, dem Mossad oder irgendeiner anderen wahnsinnig kaltblütigen Geheimorganisation hilflos ausgeliefert.
    »Wissen Sie eigentlich«, knurrte der Mann mit dem Borsalinohut und riss ihm dem Knebel vom Mund, »dass der Wald hier voller Wildschweine ist? Gefährliche Tiere, soweit ich weiß. Einem Nachbarn von mir haben sie den Rottweiler zerrissen. Obgleich diese Hunderasse ja eigentlich für die Wildschweinjagd ausgebildet ist. Das wurde dem armen Köter offenbar zum Verhängnis: Die Wildschweine haben ihn regelrecht aufgefressen. Nichts ließen sie übrig von ihm.«
    »W-wat wollnse denn von mir«, flüsterte Boelter mit angstvoll aufgerissenen Augen, »wat hab ick jetan?«
    »Genau das will

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