Tortenschlacht
mit dem Borsalinohut.
»Okay, okay«, japste Boelter, »ick versuch’s …«
»Gut.« Der Mann packte ihn und zog ihn hoch. »Dann müssen die Wildschweine noch ein bisschen warten«, er stieß Boelter zum Wagen zurück, »vorwärts, Sie fahren!«
»Ja, wie denn?« Boelter ruckelte an seinen Fesseln.
»Schon gut.« Der Mann schnitt ihm die Stricke durch. »Besser?«
»Viel besser.« Boelter straffte sich. »Aba die Rückleuchte ersetzen Sie!«
»Vergessen Sie’s!« Der Mann setzte sich in den Fond. »Abfahrt!«
»Kann ick hier irgendwo wenden?« Boelter fuhr vorsichtig rückwärts den Waldweg entlang. »Wo wollnse überhaupt hin?«
»Ein Stückchen weiter führt rechts ein Weg ab, den fahren Sie lang. Von dort kommen wir auf den Hüttenweg, und dann sage ich Ihnen, wie’s weitergeht.«
Boelter tat, wie ihm geheißen, und fuhr auf den Hüttenweg. Eine schmale asphaltierte Straße durch den Grunewald.
Er spürte, wie seine Hände am Steuer zitterten. Mann, ick sitz voll in der Scheiße, dachte er mit düsteren Vorahnungen. Denn was würde weiter passieren? Der Mann mit dem Borsalinohut ließ nicht locker, das war eindeutig. Der würde ihn so lange schikanieren, bis sie den Typen aus dem Stasikeller gefunden hatten. Und dann? Heini Boelter zwischen verfeindeten Agenten? Das musste Mord und Totschlag geben, und am Ende würde er selbst sterben, egal, wer den Kampf gewann. Zeugen müssen immer sterben, dieses Gesetz wurde noch nicht mal in den schlechtesten B-Movies ignoriert.
Nee, dachte Heini Boelter, ick muss irgendwie aus dieser fiesen Nummer raus – und zwar endgültig.
Vorn tauchten ein paar schwache Lichter auf. Gaslaternen und rechts die Zufahrt zum vornehmen Reitclub Grunewald. Jetzt wusste Heini Boelter Bescheid. Als Nächstes querten sie die Königsallee, und der Borsalinohut wollte augenscheinlich geradeaus weiter zur AVUS .
Boelter gab Gas. Um hier lebend wieder herauszukommen, musste er handeln, bevor sie auf der Autobahn waren.
Der Plymouth beschleunigte sanft, der Fünfzylinder schnurrte wie ein Uhrwerk. Vierzig Meilen. Sechzig.
»Rasen Sie nicht so«, mahnte der Mann im Borsalinohut, und Boelter reagierte prompt.
Er trat die Bremse durch bis zum Anschlag und steuerte gegen, damit der schwere Wagen nicht aus der Spur geriet. Die Reifen kreischten markerschütternd auf, und Boelter duckte sich weg, damit der Körper des Mannes auf der Rückbank freie Flugbahn hatte. Mit dem Borsalinohut voran krachte er gegen die Windschutzscheibe. Aber sie brach nicht. Amerikanische Autofenster sind für die Ewigkeit gemacht. Stattdessen zerplatzte der Kopf des Mannes beim Aufprall wie eine Melone. Ein warmer Schwall klebrigen Blutes und weißlicher Hirnmasse klatschte über Frontscheibe und Armaturenbrett.
»Iih!«, schrie Boelter entsetzt und voller Ekel. »Gott, was für eine verfluchte Scheiße!«
Hastig riss er die Fahrertür auf, stürzte aus dem Plymouth, rappelte sich wieder auf und stolperte zum Waldrand.
Dort fiel er auf die Knie und erbrach sich.
Wahnsinn, so viel Blut! So viel ekelhaftes, warmes, stinkendes Agentenblut!
Immer wieder stülpte sich ihm der Magen um.
Holy shit , was hatte er getan! Was hatte er nur getan?!
Mit fahrigen Händen wischte sich Boelter über den Mund und sah sich keuchend um.
Der Plymouth stand grummelnd auf der Straße. Rührte sich im Wagen etwas? – War der Kerl tot? Vermutlich, ein platzendes Hirn überlebt keine Sau …
»Janz ruhig, Heini, janz ruhig …« Du hast getan, was du tun musstest. Es ist nicht deine Schuld.
Schwankend kam Boelter wieder auf die Beine und ging vorsichtig und am ganzen Leibe schlotternd zum Wagen zurück.
Der Plymouth sah schrecklich aus. Die Heckflosse bekam man mit etwas Geschick wieder hin, aber was war mit dem Innenraum? Alles voller Blut, und es stank wie auf einem Schlachthof.
Das schöne Armaturenbrett! Es erinnerte an eine Jukebox aus den fünfziger Jahren. Jetzt klebten die Reste eines Agentenhirns dran, blutig tropfte es in Lüfteröffnungen und von Schiebereglern herab. Hoffentlich hatten die Instrumente keinen Schaden erlitten. Was für eine Sauerei! Irre! Jetzt konnte Boelter alles auseinanderbauen, jedes Teil musste einzeln gereinigt, Fußmatten und Lederpolster ersetzt werden. Da würden Wochen vergehen, bis der Wagen wieder einigermaßen nutzbar war …
Aber dafür war er den verdammten Kerl mit dem Borsalinohut los. Das geschah diesem Arschloch ganz recht! Es heißt ja immer, die Geister, die man
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