Total Recall
Laurentiis empfing uns wie ein Herrscher. Er hatte einen riesigen antiken Schreibtisch – mit Schnitzereien, enorm lang und breit und wahrscheinlich auch ein bisschen höher als ein normaler Schreibtisch. Ich liebe große Möbel, daher reagierte ich sofort. »Wow, was für ein Schreibtisch!«, dachte ich. Dino selbst war eher zierlich und klein gewachsen. Ich wollte etwas Nettes sagen, gleichzeitig aber auch lustig sein. Ohne lange nachzudenken, entschlüpfte mir: »Wozu braucht ein kleiner Kerl wie Sie einen so großen Schreibtisch?«
Er sah mich an und sagte: »Sie habben Akzent. Ich kann Sie niechte brauchen. Sie können niechte Flashe Gordon spielen. Flashe Gordon ieste Amerikaner. Ah.«
Ich dachte, er mache Witze. »Wie meinen Sie das, ich habe einen Akzent? Sie etwa nicht?« Aber dann merkte ich, dass die Sache gewaltig aus dem Ruder lief. De Laurentiis verkündete: »Das Gespräch ieste beendet.« Larry und ich hörten, wie Dino Conte hinter uns aufstand und sagte: »Hier entlang bitte.«
Sobald wir auf dem Parkplatz waren, explodierte Larry: »Eine Minute und vierzig Sekunden!«, schrie er. »Das war der kürzeste Termin, den ich je bei einem Produzenten hatte, und das alles nur, weil du dich unmöglich benommen hast. Weißt du eigentlich, wie lange ich gebraucht habe, um diesen Scheißtermin zu arrangieren? Und dann sagst du ihm, er sei klein? Wenn du wenigstens das Gegenteil gesagt hättest! Dass er groß ist, größer, als du gedacht hast! Er ist ein Monster! Er ist so groß wie Wilt Chamberlain (der Basketballspieler)! Oder wie wäre es gewesen, wenn du gar nichts gesagt hättest, sondern dich einfach hingesetzt hättest? Und dann hatte man über deine Schauspielkarriere gesprochen!«
Mir war klar, dass er recht hatte. Ich hatte mal wieder eine zu große Klappe gehabt.
»Was soll ich sagen?«, gab ich zurück. »Du hast recht. Ich bin ein Esel. Tut mir leid.«
Es dauerte über ein Jahr, bis ich nach dem Dreh von Stay Hungry wieder eine gute Rolle bekam: in einer Folge der beliebten Fernsehserie Die Straßen von San Francisco mit Karl Malden und Michael Douglas. Ich spielte einen Bodybuilder, der durchdreht, als sich eine Frau über seinen Körper lustig macht, wobei er ihr versehentlich den Hals bricht. Die Folge hieß »Dead Lift« (im deutschen Fernsehen: »Joe Schmidt – Bodybuilder«). Die Folge führte die Zuschauer in eine fiktive Welt der Bodybuilder und Armwrestler – was bedeutete, dass ich Franco und vielen anderen Freunden kleinere Rollen vermitteln konnte. Mit der Truppe aus dem Gold’s Gym hatten wir am Set jede Menge Spaß. Die Wettkämpfe um den Titel des Mister Universum und des Mister Olympia von 1976 standen bald an, daher waren die Jungs mehr auf ihre Vorbereitungen konzentriert als aufs Drehen. Sie machten den Regisseur fast wahnsinnig, weil sie sich immer wieder davonschlichen, um zu trainieren.
Ich wusste, dass Die Straßen von San Francisco eine gute Referenz waren. Mein Auftritt in der Serie könnte dazu beitragen, dass man mich in Hollywood ernst nahm, außerdem würde ich beim Fernsehpublikum bekannter werden. Die Szene, in der ich das Mädchen umbringe, war allerdings harter Stoff für mich. Eine Frau zu schlagen, zu schreien, Bilder von der Wand zu reißen und Möbel zu zertrümmern entsprach so gar nicht meiner Art. Beim Lesen des Drehbuchs dachte ich: »Mein Gott, worauf habe ich mich da eingelassen?« Im Rückblick ist das natürlich lustig, weil ich in späteren Filmen Hunderte Leute umgebracht habe. Am Ende spielte ich einfach die Szene, ohne viel darüber nachzudenken, und der Regisseur war zufrieden.
Allerdings hatte ich die Befürchtung, dass ich auf eine bestimmte Rolle festgelegt werden könnte. Würde es mir nicht schaden, wenn ich den Schurken und Schlägertyp spielte? Wenn Robert De Niro in Taxi Driver tötete – ein schmächtiger Typ –, dann standen die Zuschauer zu hundert Prozent hinter ihm. Er profitierte von der Rolle. Aber für einen Mann meiner Statur, mit meinem Aussehen und meinem Akzent schien die Rolle des Schurken in eine Sackgasse zu führen. Ich fragte Bob Rafelson nach seiner Meinung, und er stimmte mir zu. Er schlug vor, die Leute möglichst zu überraschen und eine Rolle zu spielen, die man nicht von mir erwartete.
Ich war fasziniert von der Idee, ein Remake von Die Killer zu drehen, einer Kurzgeschichte von Ernest Hemingway über einen ehemaligen Boxer, genannt »der Schwede«, auf den zwei Auftragskiller angesetzt werden. Ich
Weitere Kostenlose Bücher