Total Recall
Geschäft aufbaut und Millionär wird.
Ihre Herkunft brachte ihr enorme Vorteile. Sie genoss eine ausgezeichnete Erziehung und konnte auf einen unglaublichen Erfahrungsschatz zugreifen, der allen Mitgliedern dieser Familie zur Verfügung stand. Sie lauschte von klein auf den Gesprächen der Menschen, die sich im Kennedy-Zirkel bewegten und die Familie zu Hause besuchten. Als ihr Vater Botschafter in Frankreich war, lebte Maria in Paris, und sie reiste mit ihrer Familie um die Welt. Sie besuchte gute Schulen und interessante Feriencamps, spielte schon von früh auf Tennis, fuhr Ski und nahm an Reitturnieren teil.
Doch es gab auch Nachteile. Eunice und Sarge waren sehr bestimmend, sodass sich die Kinder kaum eine eigene Meinung bilden konnten. Zwar vermittelten die Eltern ihren Kindern das Bewusstsein, sehr intelligent zu sein. »Das ist eine hervorragende Idee, Anthony«, hörte ich Eunice beispielsweise zu ihrem jüngsten Sohn sagen, der damals gerade auf die Highschool gewechselt war. »Ich hätte das so und so gemacht, aber du hast durchaus recht. Daran habe ich nicht gedacht.« Dennoch herrschte in der Familie eine strenge Hierarchie, in der die Eltern, meist Eunice, die Entscheidungen trafen. Sie war eine dominierende Persönlichkeit, was Sarge jedoch nichts ausmachte.
Wer so aufwächst, tut sich schwer, Entscheidungen zu treffen, und ist noch lange auf die Vorgaben der Eltern angewiesen. Die Eltern legten fest, wo man den Urlaub verbrachte und wo man Ski fahren ging. Sie entschieden, welche Colleges man besuchte. Die Kinder wurden zwar beteiligt, doch letztendlich schmissen die Eltern den Laden. Es herrschte in dieser Familie eine Konformität, die extrem war. Kein Einziger der dreißig Cousins und Cousinen war Republikaner. Wenn man aus egal welcher Familie dreißig Menschen auswählt, ist es völlig ausgeschlossen, dass sie alle dieselben Neigungen haben. »Deine Familie ist wie ein Haufen Klone«, zog ich Maria deshalb oft auf. »Wenn man deinen Bruder nach seiner Lieblingsfarbe fragt, weiß er es nicht, sondern sagt: ›Wir mögen blau.‹«
Sie lachte. »Das stimmt nicht ganz. Sieh dir doch mal an, wie unterschiedlich sie alle sind.«
Ich war anderer Meinung. »Sie sind alle Naturschützer, sie sind alle Sportler, sie sind alle Demokraten, sie unterstützen alle denselben Kandidaten, und sie mögen alle Blau«, erwiderte ich.
Der zweite große Nachteil war die öffentliche Wahrnehmung. Egal, was man als Kennedy oder Shriver tat: Nie erkannte jemand die Leistung an, immer hieß es: »Wenn ich ein Kennedy wäre, hätte ich das auch geschafft.« Das führte dazu, dass es Maria mehr Anstrengung kostete als andere, ihre Persönlichkeit zu entwickeln.
Sarge und Eunice nahmen mich in der Familie sehr herzlich auf. Als Maria mich zum ersten Mal mit in ihr Stadthaus in Washington nahm, kam Sarge gerade die Treppe herunter, ein Buch in der Hand. »Ich habe gelesen, was Sie schon alles erreicht haben«, sagte er. Er hatte in einem Buch über amerikanische Einwanderer, die mit leeren Händen gekommen und in den USA Erfolg gehabt hatten, eine Stelle über mich gefunden. Das war eine nette Überraschung. Ich hatte gar nicht gewusst, dass ich überhaupt in einem Buch vorkam. Bodybuilding war so ein ungewöhnliches Betätigungsfeld. Dass man über Einwanderer wie Henry Kissinger schrieb, war klar, aber über mich? Es war überaus freundlich und großzügig von Sarge, dass ihm dieser Absatz aufgefallen war und er ihn mir zeigte.
Eunice bezog mich gleich in ihre Arbeit ein. Sie war begeistert, als sie hörte, dass ich an der University of Wisconsin an einer Studie über die Special Olympics mitgearbeitet hatte. Im Handumdrehen war ich ihr Assistent und half ihr, den Kraftdreikampf in die Special Olympics aufzunehmen, und gab entsprechende Kurse für geistig Behinderte, wo auch immer ich hinkam.
Wäre die Familie nicht so freundlich zu mir gewesen, hätte das erste Dinner, an dem ich in ihrem Haus teilnahm, ein ziemlicher Reinfall werden können. Marias Brüder waren zwischen elf und zweiundzwanzig Jahre alt, und einer der Jüngeren meldete sich sogleich zu Wort und erklärte seinem Vater: »Daddy, Arnold mag Nixon.« Sarge, das wusste ich, war ein guter Freund von Hubert Humphrey. Als Humphrey 1968 gegen Nixon antrat, wollte er Sarge eigentlich zu seinem Vizepräsidentschaftskandidaten machen, die Kennedy-Familie war allerdings dagegen gewesen. Auf jeden Fall war es mir wirklich peinlich, als einer der Jungen mit
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