Total Recall
Probleme mit dem Schnitt geben könnte. Aber normalerweise behält man eine Einstellung vollständig bei, bis eine neue Kameraposition kommt.«
Auch Max von Sydow war entgegenkommend und hilfsbereit. Es war fantastisch, die beiden großartigen Bühnenschauspieler proben zu sehen, bis jedes Wort und jede Bewegung stimmte. Wenn man mit Profis arbeitet, lernt man viel über Nuancen. Mir wurde zum Beispiel klar, dass Schauspieler häufig sozusagen den Gang wechseln, wenn der Regisseur von der Totale über die halbnahe Einstellung zur Großaufnahme und schließlich zur Detailaufnahme übergeht, die zum Beispiel ein Augenzwinkern einfängt. Erfahrene Schauspieler investieren in die Totale nicht viel Gefühl und schauspielerische Leistung, weil damit ja nur festgehalten wird, an welcher Position sie sich in der entsprechenden Szene befinden. Je näher die Kamera aber kommt, desto intensiver spielen sie. Man muss da seinen Rhythmus entwickeln. In der weiten Einstellung gibt man noch nicht alles, sondern nur etwa achtzig Prozent. Wenn am Ende aber die Detailaufnahme kommt, muss man sich wirklich Mühe geben. Ich merkte, dass man auf diese Weise im fertigen Film auch mehr Großaufnahmen bekommt, weil im Schnitt oft die Einstellung mit der besten schauspielerischen Leistung ausgewählt wird.
Die Dreharbeiten zu Conan erinnerten mich an die wilden Sommer am Ufer des Thalersees, wo ich mit meinen Freunden Gladiator gespielt hatte. Nur gab diesmal Milius’ Fantasy die Richtung vor. Bevor wir eine Szene drehten, erzählte er uns von den Barbaren, erklärte, wie sie aßen, wie sie kämpften, wie sie ritten, welche Religion sie ausübten und wie grausam sie waren. Vor der Orgienszene schilderte er uns die Dekadenz im alten Rom, erzählte von Frauen, Nacktheit, Sex, Gewalt, Intrigen und Gelagen. Uns standen die besten Waffenexperten zur Verfügung, die besten Pferdetrainer, die besten Szenenbildner, die besten Kostümbildner und die besten Maskenbildner, die uns tief in die Welt des Conan hineinführten.
Ich liebte es aber auch, den Drehort näher kennenzulernen, mit den anderen Schauspielern in den Apartamentos Villa Magna zu wohnen und von dort zur Lagerhalle zu pendeln. Sechs Monate lang tauchte ich in eine völlig andere Welt ein. Ich lernte Spanisch, weil nur wenige Leute vor Ort Englisch sprachen. Am Anfang hatte ich so viel zu tun mit dem Training, dem Textstudium und dem Dreh, dass ich zu nichts anderem kam. Aber nach ein, zwei Monaten ging ich es etwas lockerer an, und ich sagte mir: »Moment mal, ich bin in Madrid! Ich will mir Museen, interessante Architektur, Straßen und Monumente ansehen, ein paar Restaurants ausprobieren, über die jeder redet, und um elf Uhr zu Abend essen, wie es die Spanier tun.« Überall sahen wir die schönen Lederwaren, sahen die Taschner und Schuster bei der Arbeit. Wir kauften kunstvoll verarbeitete Ledergürtel oder verzierte Aschenbecher aus Silber und andere typisch spanische Produkte.
Trotzdem war die Arbeit für Milius nach wie vor ein ständiges Abenteuer. So musste ich einen Geier mit bloßen Zähnen zerreißen. Das war in der Szene, in der Conans Feinde ihn in der Wüste an dem Baum des Todes gekreuzigt haben. Der Baum war eine riesige Kulisse, die im Freien auf einer drehbaren Bühne errichtet wurde, damit sich Sonnenstand und Schatten nicht sichtbar veränderten. Während Conan in der brütenden Hitze dem Tode nahe ist, kreisen die Geier über ihm und sammeln sich auf den Ästen des Baumes. Als einer landet und ihm in die Brust hackt, beißt Conan ihm in den Hals und zerfetzt ihn mit den Zähnen. Bei Milius waren die Vögel auf den Ästen natürlich echt – dressierte Geier, aber trotzdem immer noch Geier, die voller Flöhe waren. In den drei Tagen, die wir für die Szene brauchten, wurden die Geier alle Stunden zum Ausruhen in ein Zelt gebracht, während ich draußen in der Hitze am Baum hing und mit fünf neuen Geiern weiterdrehte. Der Vogel, den ich tötete, war ein bewegliches Requisit, das aus den Teilen eines toten Geiers zusammengestückelt worden war. Ich musste hinterher Mund und Haut mit Antibiotika spülen.
Wir arbeiteten auch mit Kamelen und echten Schlangen. Mit Kamelen hatte ich noch nie zu tun gehabt, geschweige denn je eins geritten, doch im Drehbuch stand, dass ich auf ein Kamel aufsteigen und es reiten musste. Eine Woche bevor wir die Szene drehen wollten, sagte ich mir: »Am besten freunde ich mich schon mal mit dem Kamel an und probiere aus, wie das mit dem
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