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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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wurde, verbrachte ich Tage mit ihm in seinem Wohnmobil. Da er fit bleiben wollte, half ich ihm beim Training, und er gab mir im Gegenzug Schauspielunterricht. Mit seinem sonoren Bass war er ein großartiger Shakespeare-Schauspieler. Als Star des Broadway-Erfolgsstücks The Great White Hope über das Leben eines Boxers hatte er einen Tony Award erhalten. Kurz zuvor war er international als die Bösewichtstimme von Darth Vader in Star Wars bekannt geworden. Wie er zur Schauspielerei gefunden hatte, war eine faszinierende Geschichte. Als Kind in Mississippi hatte er so schlimm gestottert, dass er sich von seinem Schuleintritt an weigerte zu sprechen. Bis er vierzehn war, galt er in den Schulen als stumm. Dann in der Highschool entdeckte er seine Liebe zur Literatur und verspürte den Wunsch, die großen Werke laut zu lesen. Sein Englischlehrer ermutigte ihn. »Wenn dir die Worte gefallen, musst du auch lernen, sie zu sprechen.«
    Milius hatte während der Dreharbeiten noch eine halbe Seite Dialog geschrieben, die ich sprechen sollte. In dieser Szene herrscht die Ruhe vor dem Sturm beziehungsweise vor der abschließenden Schlacht bei einer Stonehenge-ähnlichen vorzeitlichen Begräbnisstätte für Krieger und Könige, die am Meer liegt. Conan und seine Verbündeten haben die Stätte befestigt und warten auf Thulsa Dooms Angriff und eine große berittene Armee seiner wilden Anhänger. Thulsa Doom hat Valeria getötet, und Conan und seine Freunde, die deutlich in der Unterzahl sind, erwarten ebenfalls zu sterben. Vor der Schlacht sitzt Conan auf einem Hügel, die Schläfe auf die Faust gestützt, blickt hinaus aufs Meer und in den herrlichen blauen Himmel und hängt seinen Gedanken nach.
    »Ich erinnere mich an Tage wie diesen, da mein Vater mich in den Wald mitnahm und mit mir Blaubeeren aß«, sagt Conan zu Subotai. »Vor mehr als zwanzig Jahren. Ich war vier oder fünf. Die Blätter waren so dunkel und so grün. Das Gras duftete süß im Frühlingswind. Zwanzig Jahre des sinnlosen Kampfes, ohne Pause und ohne zu schlafen wie andere Männer. Und der Frühlingswind weht noch, Subotai. Hast du je solche Winde gespürt?«
    »Dort, wo ich lebe, wehen sie auch«, sagt Subotai. »Im Norden eines jeden Männerherzens.«
    Conan bietet seinem Freund an, nach Hause zurückzukehren. »Es ist nie zu spät, Subotai.«
    »Nein. Ich würde doch wieder herkommen. In noch schlechterer Gesellschaft.«
    »Für uns gibt es keinen Frühling«, sagt Conan grimmig. »Nur den frischen Wind vor dem Sturm.«
    Ich hatte diese Worte Dutzende Male geübt, wie immer vor einem Dreh. »Es kommt mir so unnatürlich vor«, sagte ich zu Milius. »Ich habe einfach nicht das Gefühl, dass die Worte aus mir kommen. Ich sehe es nicht vor mir.« Man kann so einen Dialog nicht einfach rezitieren. Man muss das Gefühl haben, als kämen die Erinnerungen von selbst, als flögen sie einem zu, sodass sich ein völlig eigener Rhythmus entwickelt. Die Frage war, wie ich diese Natürlichkeit herstellen sollte.
    »Frag doch mal Earl«, sagte Milius. »Er macht das ja auch auf der Bühne, und da ist der Druck noch größer, da kann man einen Fehler nicht einfach herausschneiden.«
    Ich ging zu James Earl ins Wohnmobil und bat ihn, die Stelle einmal mit mir durchzugehen.
    »Natürlich. Setz dich«, sagte er. »Schauen wir mal.« Er las sich den Text durch und bat mich, die Worte zu sprechen. Dann nickte er.
    »Also, ich würde mir das neu tippen lassen, und zwar zweimal. Einmal großen Zeilenabstand und ganz bis an den Rand. Das zweite Mal nimmst du das Blatt quer, damit die Zeilen möglichst breit sind.« Er erklärte mir, ich hätte den Text so oft geübt, dass ich unbewusst die Zeilenumbrüche mitgelernt hätte. Jeder Zeilenumbruch markierte einen Gedankenbruch. »Den Rhythmus musst du erst wieder loswerden«, sagte er.
    Als ich die Zeilen neu getippt vor mir hatte, konnte ich sie plötzlich auch wieder anders hören, und das half mir sofort. Ich ging damit noch einmal zu Earl, und wir übten den Dialog Zeile für Zeile. »Nach so einem Satz solltest du eine Pause machen, weil das ein tiefschürfender Gedanke ist«, sagte er. Oder: »Hier, vielleicht könntest du an dieser Stelle eine kleine Bewegung einführen. Was dir gerade einfällt, sei es, dass du dich streckst oder dass du den Kopf schüttelst oder auch nur eine kurze Pause einlegst. Aber du darfst es nicht zu streng einstudieren. Es darf von einer Klappe zur nächsten variieren, es sei denn, John sagt, dass es

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