Total Recall
ist, dann fängst du am besten gleich hier an, für Toleranz einzutreten. Du besorgst Spendengelder, du setzt dich für die Sache ein, und du unternimmst etwas gegen die Anlagen in dir, die da sind oder auch nicht.« Danach spendete ich regelmäßig an das Center und nahm an zahlreichen Benefizveranstaltungen teil.
Obwohl ich kein Geheimnis daraus machte, dass ich Reagan unterstützte und republikanische Kandidaten und Themen nach Kräften förderte, hielt ich mich von der politischen Bühne fern. Ich konzentrierte mich auf meine Filmkarriere. Auf einer Werbetour für einen Film möchte man ein breites Publikum gewinnen, doch wer politische Reden schwingt, verscherzt es sich automatisch mit einem Teil der Kinogänger, egal, was er sagt. Warum hätte ich das tun sollen?
Außerdem war ich nicht so berühmt, dass sich die Leute für meine Ansichten interessiert oder die Politiker meine Unterstützung gesucht hätten. Ich war noch nicht einmal amerikanischer Staatsbürger! Ich hatte meine Greencard und bezahlte Steuern, doch obwohl ich einen ständigen Wohnsitz in den USA hatte, durfte ich nicht wählen. Ich klebte Aufkleber meiner Lieblingskandidaten auf mein Auto, hielt aber keine Reden.
Auch wenn ich in Österreich war, hielt ich mich zurück, was Politik anging. Die Medien dort verhätschelten mich als erfolgreichen Sohn des Landes, und ich wollte auf keinen Fall als »Herr Gscheit« gelten, der nach Hause zurückkehrt und den lieben Daheimgebliebenen erklärt, wo es langgeht. Ein- oder zweimal im Jahr war ich zu Besuch dort, traf mich mit Freunden und ließ mir von den neuesten politischen Diskussionen berichten. Mein politischer Mentor Fredi Gerstl war in den Stadtrat von Graz eingezogen und gewann in der ÖVP auch auf nationaler Ebene an Einfluss. Ich fand es immer aufschlussreich, mich mit ihm über die Unterschiede des amerikanischen und des österreichischen Systems zu unterhalten: über die Vorzüge und Nachteile der reinen Privatwirtschaft beziehungsweise der staatseigenen Industriebetriebe, wie es sie in Österreich noch gab, über repräsentative und parlamentarische Demokratie, über private Finanzwirtschaft und öffentliche. Fredi gab mir Einblicke in die neuesten Entwicklungen in Österreich, etwa die angestrebte Privatisierung der Zigaretten- und Stahlindustrie sowie der Verkehrsnetze und Versicherungen, und berichtet vom Kampf gegen das Wiedererstarken der extremen Rechten.
Er stellte mich auch Josef Krainer junior vor, der 1981 zum Landeshauptmann der Steiermark gewählt worden war. Er war etwas jünger als Fredi und hatte sein Leben völlig der Politik verschrieben. Sein Vater Josef Krainer senior war schon Landeshauptmann der Steiermark gewesen, als sein Sohn noch ein Kind war. Der landesweit populäre Politiker war, nachdem er im Zweiten Weltkrieg wegen seines Widerstands gegen den »Anschluss« Österreichs in Haft gewesen war, im Jahr 1948 zum Landeshauptmann gewählt worden. Krainer junior hatte in Italien und Amerika studiert und vertrat eine interessante Mischung aus ökonomischem Konservatismus und aktiver Umweltpolitik, die mich sehr ansprach. Ein weiterer guter Freund von mir war auch Thomas Klestil, ein aufstrebender Diplomat, der Generalkonsul in Los Angeles gewesen war, als ich dort eintraf. Er war mittlerweile österreichischer Botschafter in den USA und wurde wenige Jahre später Bundespräsident in Österreich.
Weil mir Verbindungen wie diese wichtig waren, zögerte ich, meine österreichische Staatsbürgerschaft aufzugeben, als ich 1979 berechtigt war, mich um die amerikanische Staatsbürgerschaft zu bewerben. Damals hatte ich meine Greencard die erforderlichen fünf Jahre gehabt. Ich gebe ungern Altbewährtes auf, ich füge lieber Neues hinzu. Daher wäre für mich die doppelte Staatsbürgerschaft ideal gewesen. In den USA war sie erlaubt, das österreichische Gesetz forderte allerdings, dass ich mich entschied – ich konnte nicht beides auf einmal haben. Die seltenen Ausnahmen waren wenigen Diplomaten vorbehalten, und die Entscheidung darüber musste vom Landeshauptmann eines österreichischen Bundeslandes getroffen werden. Ich bat Fredi um seinen Rat. Er meinte, da Josef Krainer gerade für das Amt des Landeshauptmanns kandidierte, sei es klug abzuwarten. Drei Jahre später war ich zutiefst geehrt, als Krainer mir die Ausnahmegenehmigung erteilte. Maria und ich feierten das mit einem Essen im 72 Market Street, und ich bewarb mich sofort um die amerikanische
Weitere Kostenlose Bücher