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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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kam, stand ich mit der Videokamera im Kreißsaal bereit.
    »Moment!, rief ich, »nicht bewegen!«
    »Nein, geht nicht – wir müssen das Kind herausholen.«
    »Wartet noch, nur eine Sekunde! Ich muss das richtig in den Kasten kriegen.« Die Leute im Kreißsaal kannten das wahrscheinlich schon.
    Maria und ich hatten sämtliche Vorbereitungen getroffen, die man als werdende Eltern überhaupt nur treffen kann. Als der Geburtstermin näher rückte, machten wir Geburtsvorbereitungskurse. Natürlich machte ich alles mit. Als Vater muss man das eben. Überhaupt muss man ständig größtes Interesse zeigen, an der Schwangerschaft und der Geburt und der Nachgeburt und dem Durchschneiden der Nabelschnur und so weiter. Zu Zeiten meines Vaters war das noch ganz anders. Damals blieb der Mann bei diesen Dingen außen vor. Jemand hatte ein Video von mir aufgenommen, wie ich unseren »Lamaze«-Geburtsvorbereitungskurs parodierte. Als Ivan Reitman das Video zu sehen bekam, ließ er sich dann doch überzeugen, den Film Junior zu produzieren.
    Die ganze Lamaze-Sache war für unsere Mütter der totale Horror. »Du willst mit in den Kreißsaal gehen? Du willst mithelfen, das Baby herauszuholen?«, fragte meine Mutter entsetzt. »Du willst das aufnehmen? Tut mir leid, aber das geht mir nun wirklich zu weit.«
    Die Reaktion von Eunice war ziemlich ähnlich. »Natürlich ist das gut für euch, wenn es Maria glücklich macht. Ich persönlich habe es vorgezogen, mir eine Spritze setzen zu lassen, um nichts davon mitkriegen zu müssen. Sarge durfte drei Tage lang nicht ins Zimmer. Und als er dann kam, sah ich schon wieder aus wie aus dem Ei gepellt, und der einzige Unterschied war, dass jetzt ein Baby da war.«
    Als ich zusah, wie Katherine aus Maria herauskam, war ich vor Freude einfach überwältigt. »Irre«, dachte ich, »mein erstes Kind!« Ist doch irgendwie faszinierend, dass das menschliche Bewusstsein solche Gefühle zulässt, dass man von so etwas total überwältigt ist, obwohl genau das im Lauf der Geschichte natürlich schon Milliarden Mal passiert ist! Aus alter Gewohnheit übernahm ich im Kreißsaal sofort die Kontrolle, half der Hebamme, Katherine zu baden, brachte sie zur Waage, wo sie gewogen wurde, legte ihr ein kleines Häubchen um den Kopf, damit sie sich nicht erkältete, wickelte sie und nahm nebenher natürlich noch jede Menge Fotos auf und machte Videoaufnahmen. Maria weinte vor Glück, und ich blieb bei ihr, während sie sich ausruhte. Nach einer Weile kam eine Schwester herein und zeigte uns, wie Katherine gestillt werden musste. Wenn mir andere Männer erzählten, dass sie nach der Geburt geweint hätten, dachte ich immer: »Was für ein Mist.« Aber als ich nach Hause kam und meine Freunde anrief und ihnen von Katherines Geburt erzählte, musste ich auch weinen.
    Marias Eltern waren in Washington, und meine Mutter war in Österreich. »Wir kommen erst, wenn ihr uns wirklich bei euch haben wollt. Diese Zeit solltet ihr allein zusammen verbringen«, sagten Sarge und Eunice. Vielleicht hatte Maria ihnen aufgetragen, das zu sagen, aber Eunice konnte definitiv mit Geburten nicht viel anfangen. Trotzdem kam sie schon am nächsten Tag, schließlich war Maria ihre einzige Tochter. Mir machte das nichts aus, wir hatten ja schon ein bisschen Zeit für uns allein gehabt. Maria meinte, dass das die erste wichtige Sache war, die wir beide ganz allein durchgezogen hätten, ohne dass sich ihre Mutter einmischen konnte. Sie hatte es wirklich genossen, dass wir allein, nur sie und ich, ins Krankenhaus gefahren waren.
    Auf der anderen Seite des Parkplatzes stand ein Dutzend Paparazzi, die Fotos schossen, als wir am nächsten Abend nach Hause fuhren. Als wir Katherine zu Hause hatten, begann das Drama der Umstellung. Denn von diesem Augenblick an ändert sich das Leben eines Paares. Selbst wenn später die Kinder von zu Hause ausziehen, fühlt man sich immer noch für sie verantwortlich. Jetzt musste ich für immer mehr Menschen sorgen: Maria, Katherine und mich, meine Mutter … und es würden noch mehr Kinder kommen. Maria hatte natürlich immer fünf Kinder haben wollen, weil sie aus einer Familie mit fünf Kindern stammte. Ich wollte zwei, weil meine Eltern auch nur zwei Kinder hatten. Ich dachte, wir würden uns irgendwo in der Mitte einigen.
    Als Maria und Katherine nach Hause kamen und einen Tag später auch Sarge und Eunice aus Washington eintrafen, versuchten wir, einen Tagesrhythmus zu entwickeln – wann gestillt

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