Total Recall
entschließen müsse. Ich müsse außerdem ein paar Millionen Dollar bereitstellen, um die für die Recall-Initiative nötigen Unterschriften zusammenzubekommen. Dem Gesetz zufolge waren fast 900000 Unterschriften erforderlich, und bislang fehle der Initiative noch der nötige Schwung.
Die Gouverneurskandidatur stand natürlich nicht auf der Liste meiner guten Vorsätze für 2003, aber die Idee klang verlockend, und ich versicherte dem Ausschussvorsitzenden, dass ich gründlich darüber nachdenken würde. Aber mein Instinkt sagte mir, dass die Strategie, die er mir empfohlen hatte, für mich nicht passte. Wenn ich mich an die Spitze der Recall-Initiative setzte, würde das dreist und respektlos erscheinen. Schließlich hatten wir gerade eine Wahl gehabt, und Gray Davis war eindeutig als Sieger hervorgegangen. Ich hätte ja versuchen können, gegen ihn anzutreten, aber stattdessen hatte ich Terminator 3 gedreht. Es wäre einfach nicht richtig, wenn ich jetzt plötzlich eine Kehrtwende machen und verkünden würde: »Okay, der Film ist im Kasten, jetzt würde es mir gut passen, Davis abzusetzen. Können wir bitte die Wahl noch mal abhalten?« Nein, ich würde vielmehr auf Distanz zur Initiative gehen müssen. Wenn es wirklich zur Abwahl kommen würde, müsste sie gewissermaßen organisch wachsen, aus der Bevölkerung heraus, und nicht, weil ich dafür bezahlt hatte. Ich beobachtete daher die Entwicklung in den folgenden Monaten mit großer Aufmerksamkeit.
Wie der Kongressabgeordnete es vorhergesagt hatte, wurden die Mittel für die Nachschulprogramme wieder in den Haushalt aufgenommen und vom Kongress gebilligt. Und die Gipfelkonferenz zu den Nachschulprojekten, die Anfang Juni in Washington stattfand, erwies sich als wichtiger Durchbruch. Als die Organisatoren der Projekte aus dem ganzen Land ihre Erfahrungen zusammenführten und verglichen, entdeckten wir, dass Programme, die sportliche Aktivitäten und Lernmöglichkeiten miteinander verbanden, die bei weitem effektivsten waren. Diesem Ergebnis entsprechend wurde Hausaufgabenhilfe zu einem Schlüsselelement der Nachmittagsbetreuung.
Als ich mich für die Gipfelkonferenz in Washington aufhielt, stattete ich schließlich auch dem Weißen Haus einen Besuch ab. Wie so viele andere, die für den ersten Präsidenten Bush gearbeitet hatten, stand ich seinem Sohn nicht sehr nahe. Aber die Frage der Gouverneursabwahl in Kalifornien war für mich ein Anlass, mit seinem wichtigsten Berater für Inneres, Karl Rove, zu sprechen. Daran war mir gelegen, weil zur allgemeinen Überraschung die Aussicht auf eine Neuwahl im Herbst plötzlich realistischer zu werden schien. Die »Recall Gray«-Initiative war durch den Kongressabgeordneten Darrell Issa neu in Schwung gebracht worden, einem wohlhabenden Republikaner aus San Diego, der selbst ein Auge auf das Gouverneursamt geworfen hatte. Im Mai beschloss er, zwei Millionen Dollar aus seinem Privatvermögen in eine Anzeigenkampagne und die Unterschriftensammlung zu stecken. Inzwischen waren 300000 Unterschriften gesammelt worden, während die Popularität des Amtsinhabers immer weiter abnahm.
Rove begrüßte mich im Foyer im ersten Stock des Westflügels und führte mich zu seinem Büro, das direkt über dem Arbeitszimmer des Präsidenten lag. Wir sprachen eine halbe Stunde lang über die wirtschaftliche Situation Kaliforniens, über die Special Olympics, über die Unterstützung für die Wiederwahl des Präsidenten. Schließlich sagte ich: »Was ich Sie fragen wollte: Was, glauben Sie, wird aus dem Recall? Issa hat gerade zwei Millionen Dollar in die Initiative gesteckt, und die Unterschriftensammlung kommt immer mehr in Gang.« Ich tat ganz unschuldig. »Sie, als Wahlkampfleiter des Präsidenten, was halten Sie von der Sache?«
»Daraus wird nichts«, antwortete Rove. »Es wird keine Abstimmung über die Abwahl geben. Und selbst wenn sie zustande käme, glaube ich nicht, dass jemand Gray Davis aus dem Amt vertreiben könnte.« Und bevor ich noch weiterfragen oder meine Überraschung ausdrücken konnte, fuhr er fort: »Tatsächlich sind wir hier in Gedanken schon weiter und konzentrieren uns voll und ganz auf 2006.« Er stand auf und sagte: »Kommen Sie mal mit.« Er führte mich ins Erdgeschoss hinunter, wo – wie aufs Stichwort – Condoleezza Rice auf uns zukam. Rove sagte zu mir: »Ich möchte Ihnen jemanden vorstellen. Condoleezza hier wird 2006 für das Gouverneursamt kandidieren. Sie sollten sie kennenlernen.« Das sagte
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