Total Recall
Husseins ehemaligen Palästen. Wir zeigten Terminator 3 vor Truppenangehörigen, und ich hielt hinterher noch eine Ansprache. Wie immer begann ich mit einem Scherz. »Es ist wirklich schlimm, hier durch die Gegend zu fahren«, sagte ich. »Ich meine, die ganze Armut und so. Man sieht, dass überall das Geld fehlt, der Staat ist am Ende, das Machtvakuum tut ein übriges … Erinnert mich irgendwie an Kalifornien.« Von Bagdad aus flog ich von einer Stadt zur anderen im Irak, dann in Europa und flog anschließend wieder nach Hause zurück. Es folgten Werbetouren nach Kanada und Mexiko. Während dieser ganzen Reisen dachte ich über meine Kandidatur überhaupt nicht nach. Die Frage hatte ich irgendwo im Hinterkopf verstaut. Ich war wieder ganz Schauspieler.
Am 23. Juli, dem letzten Tag meiner Reise, befand ich mich in Mexiko-Stadt, als die Nachricht durch die Medien ging, dass es in Kalifornien zur Neuwahl kommen würde. Über 1,3 Millionen Wählerinnen und Wähler hatten das Bürgerbegehren unterzeichnet, fast eine halbe Million mehr, als benötigt wurden. Der Termin für die Wahl wurde auf den ersten Dienstag im Oktober 2003 festgelegt. Das war in weniger als drei Monaten. Den Kandidaten blieben kaum zwei Wochen, nämlich bis Samstag, 9. August, um ihre Kandidatur anzumelden.
Das knappe Zeitlimit hielt die Leute aber nicht ab. Im Gegenteil. Weil die Zulassungsschwelle so niedrig war, wirkte der Recall wie ein Magnet auf Menschen, die die Kandidatur nutzen wollten, um ihren Lebenslauf ein wenig aufzupeppen. Am Ende umfasste die Kandidatenliste hundertfünfunddreißig Namen. Darunter war eine Porno-Darstellerin, ein Verleger von Sex-Magazinen, ein Schatzjäger, ein Vertreter der amerikanischen Kommunistischen Partei, eine Schauspielerin, die vor allem dafür berühmt war, in und um Los Angeles mit Plakaten auf sich aufmerksam zu machen, und eine Swing-Tänzerin, die bereits mehrmals Anstrengungen unternommen hatte, Präsidentschaftskandidatin zu werden. Außerdem kandidierte Gary Coleman, ein früherer Kinderstar. Auch die Autorin und Journalistin Arianna Huffington trat an. Sie wurde meine Hauptkonkurrentin im Wahlkampf, bis sie schließlich ausstieg. Und schließlich gab es noch einen Rauchverbots-Aktivisten und einen Sumo-Ringer.
Die ernsthaften Kandidaten, die politisches Kapital und finanziellen Rückhalt vorweisen konnten, standen vor der schweren Entscheidung, ob sie das Wagnis auf sich nehmen sollten, in dieser Zirkus-Atmosphäre unterzugehen. Die Senatorin Dianne Feinstein, eine sehr beliebte Demokratin, erklärte, dass ihr dieser ganze Recall nicht gefalle. Sie hatte in ihrer Zeit als Bürgermeisterin von San Francisco erleben müssen, wie es ist, wenn das Volk nach Abwahl schreit. Der Kongressabgeordnete Issa, der sich mit seiner finanziellen Unterstützung für die Unterschriftensammlung als echter Visionär erwiesen hatte, zog sich ebenfalls zurück und erklärte auf einer Pressekonferenz sichtlich bewegt, er könne sich jetzt wieder seinem Job in Washington zuwenden, jetzt, wo die Kalifornier ihr Schicksal wieder in die Hand genommen hätten.
Als feststand, dass es zur Wahl kommen würde, wusste ich, dass ich antreten würde. Geistig sah ich mich schon in Sacramento – Probleme lösen. Die Aussicht, einen Wahlkampf durchstehen zu müssen, schreckte mich nicht. Ich hatte mich entschieden, wie ich mich immer entschied. Ich hatte vor zu siegen. Ich wusste, dass es mir gelingen würde. Ich flog sozusagen mit Autopilot.
Es wurde höchste Zeit, mit Maria zu reden.
Kapitel 24
Total Recall
Wer verheiratet ist, weiß, dass man den richtigen Moment abwarten muss, um ein schwieriges Thema anzusprechen. Der Recall von Gray Davis war noch nicht in trockenen Tüchern, als ich für Terminator 3 auf Werbetour ging, und am Telefon sprach ich mit Maria in den drei Wochen, die ich weg war, nicht über die Abwahl und das, was sie für mich bedeutete. Aber am ersten Abend zu Hause nahmen wir, nachdem die Kinder im Bett waren, wie so oft ein Entspannungsbad im Whirlpool, und das war jetzt mein Moment.
»Bald ist ja dieser Recall«, fing ich ganz harmlos an.
»Ja, die Leute reden davon, dass du antreten willst, und ich sage ihnen, dass sie verrückt sind«, antwortete sie. »So etwas würdest du nie tun.«
»Na ja, eigentlich wollte ich mit dir genau darüber reden. Was hältst du davon, wenn ich kandidiere?« Sie schaute mich an, aber bevor sie etwas sagen konnte, sprach ich schnell weiter: »Sieh dir
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