Total Recall
etwas wie ein Sergio Oliva oder ein Sylvester Stallone. Ich fing an, alles zu verachten, was mit ihm zu tun hatte. Wenn ich sein Foto in der Zeitung sah, nahm ich nicht sein Bild wahr, sondern ich sah ein Ungeheuer. Ich hatte einen Plan. Ich stellte mir vor, dass ich ihn fertigmachen würde. Lustigerweise wurden wir später, nachdem ich Gouverneur geworden war und ich ihn kennenlernte, sogar Freunde. Mir wurde da auch erst klar, wie schwer es für einen Gouverneur ist, die notwendigen Veränderungen herbeizuführen. Davis allein konnte es nicht schaffen. Niemand kann das allein schaffen.
Aber ich musste mich auch fragen: Warum wollte ich mich in dieses Chaos stürzen? Warum blieb ich nicht einfach Schauspieler? Der Staat Kalifornien stand vor einem riesigen Haushaltsloch von 37,5 Milliarden Dollar, Unternehmen wanderten ab, im Land gingen wortwörtlich die Lichter aus, die überfüllten Gefängnisse mussten Häftlinge entlassen, die Wirtschaftspolitik trat auf der Stelle, die Staatsausgaben waren in ein Korsett von Vorgaben eingezwängt und niemand schien das Schulwesen wieder in Ordnung bringen zu wollen.
Aber es reizt mich nun einmal ungeheuer, wenn alle sagen, dass etwas nicht geht. Das stachelt mich an, ihnen das Gegenteil zu beweisen. Außerdem gefiel mir der Gedanke, an etwas zu arbeiten, das größer und wichtiger war als man selbst. Mein Schwiegervater betonte immer, dass einen das beflügeln und einem zusätzliche Kraft geben würde, was man erst so richtig spüren würde, wenn man mitten im Geschehen sei.
Außerdem würde ich Gouverneur von Kalifornien werden! Das ist das Land, in das die ganze Welt ziehen möchte. Man wird nie jemanden in Europa oder Asien sagen hören: »Oh, ich liebe Amerika! Ich würde lieber heute als morgen nach Iowa auswandern!« Oder: »Erzähl mir alles über Utah!« Oder: »Ich hab gehört, dass Delaware toll ist!« Kalifornien mochte an seinen Problemen fast ersticken, aber man konnte dort immer noch leben wie im Paradies.
Es war also höchste Zeit, um über eine Wahlkampfstrategie nachzudenken. Ich unterhielt mich viel mit Don Sipple, unserem Medienberater in Sachen Nachschulprogramme. Wir stimmten überein, dass es darauf ankam, den Hut nicht zu früh in den Ring zu werfen, sondern lieber zu warten, bis der Recall formell beschlossen war und ein Termin feststand. Don fasste unsere Überlegungen in einem Schreiben zusammen, das er mir Ende Juni 2003 zufaxte.
Folgende Punkte hatte er aufgelistet: Wenn ich in das Rennen einstieg, würde ich sehr speziellen Wahlkampf führen müssen, denn ich war ein Nichtpolitiker, der sich einen Bürgerprotest zunutze machte. Wir sollten gar nicht erst versuchen, die Medien auf unsere Seite zu ziehen, sondern uns direkt an die Wählerinnen und Wähler wenden. Wenn ich im Fernsehen auftrat, sollte ich meine Auftritte auf populäre Talkshows konzentrieren (Jay Leno, Oprah Winfrey, David Letterman, Larry King, Chris Matthews) und ausschließlich auf die großen, wichtigen Sender. Und wenn die Medien anfingen, mich als politisches Leichtgewicht hinzustellen, würden wir sie mit Reden überraschen, in denen ich mich sehr fundiert zu Schlüsselthemen wie Bildung, Gesundheit und öffentliche Sicherheit äußern würde. Und vor allem: Alles sollte im großen Stil durchgezogen werden. Es sollte um politische Führung gehen, um große Projekte und grundlegende Reformen, Themen, die eine breite öffentliche Zustimmung erhalten würden.
Vor allem gefiel mir, wie Don meine Botschaft auf den Punkt brachte: »Zwischen den Menschen in Kalifornien und den Politikern ist es zum Bruch gekommen. Wir, die Bevölkerung, erledigen unseren Job. Wir arbeiten hart, zahlen Steuern, ziehen unsere Kinder groß. Die Politiker erledigen ihren Job nicht. Sie sind bequem und unbelehrbar und wollen nicht sehen, dass sie versagt haben. Gray Davis hat versagt. Es ist an der Zeit, ihn abzulösen.« Diese Worte klangen für mich überzeugender als jedes Filmskript, das ich je gelesen hatte. Ich prägte sie mir ein wie ein Mantra.
Auch bei der Werbung für Terminator 3 schaltete ich jetzt einen Gang höher. Kinostart in den USA war am Mittwoch, dem 2. Juli. Der Film war die Nummer eins an den Kinokassen am Wochenende um den Nationalfeiertag. Aber zu diesem Zeitpunkt war ich schon wieder auf der anderen Seite des Globus. Nach der Premiere in Los Angeles flog ich nach Tokio zur dortigen Premiere, danach weiter nach Kuwait. Am 4. Juli war ich in Bagdad in einem von Saddam
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