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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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Mensch war, erwies sich als unerwarteter Verbündeter. Er sicherte uns nicht nur Unterstützung für »Proposition 49« zu, sondern lud mich auch nach San Diego ein, zu ihrer offiziellen Parteiversammlung. Als ich vor ihnen am Mikrofon stand und mein Anliegen präsentierte, las ich zum Teil Skepsis, aber auch Begeisterung in ihren Gesichtern. Dann erhob sich Dave und wandte sich an die Abgeordneten. »Wissen Sie, liebe Freunde, warum das ein republikanisches Anliegen ist?«, fragte er. »Weil es eine fiskalische Angelegenheit ist. Sie sehen zuerst vielleicht nur, dass es den Steuerzahler zusätzliche 428 Millionen Dollar kosten wird. Tatsache ist aber, dass wir dadurch später fast 1,3 Milliarden einsparen.« Dann zitierte er Ergebnisse einer aktuellen Studie eines sehr angesehenen Forschungsinstituts am Claremont McKenna College. Ich hatte von der Studie noch gar nichts gehört. »Für jeden Dollar, den wir für ein Nachschulbetreuungs-Programm ausgeben, sparen wir später drei Dollar, weil es weniger Verhaftungen, weniger Schwangerschaften bei Minderjährigen und weniger Probleme in den Wohnbezirken gibt.« Man konnte fast spüren, wie die Stimmung im Raum umschlug. Die fiskalische Begründung war alles, was die Republikaner brauchten. Sie stimmten einmütig für die Unterstützung von »Proposition 49«.
    Je weiter der November voranschritt, desto zuversichtlicher wurde ich zwar, aber ein Sieg war keineswegs eine ausgemachte Sache. Kalifornien befand sich seit dem Dotcom-Crash im Jahr 2000 in der Rezession, die Einkommen der Haushalte sanken, und der Staat selbst war mit Milliarden Dollar in den roten Zahlen. Die Wähler blickten besorgt auf die weiter anwachsenden Staatsausgaben. Und mittlerweile hatte sich auch der Wahlkampf zwischen Gray Davis und seinem wichtigsten Herausforderer, dem republikanischen Geschäftsmann und Abtreibungsgegner Bill Simon, zu einer unschönen Schlammschlacht verwandelt. Die Umfragewerte für den Gouverneur waren immer noch miserabel, aber den Umfragen zufolge war Simon sogar noch unbeliebter als Davis.
    Wir jedenfalls wollten vermeiden, dass unsere »Proposition 49« von der allgemeinen Untergangsstimmung mitgerissen wurde. Deshalb führten wir in den letzten Wochen noch mehr Großveranstaltungen durch und steckten noch eine weitere Million Dollar in Werbespots. Am Wahlabend gingen wir zum Hollenbeck-Jugendzentrum, wo sich Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die die Kampagne unterstützt hatten, versammelt hatten, um die Wahl zu verfolgen. Wir ließen Essen für alle Beteiligten kommen. Kurz vor Mitternacht lagen die offiziellen Wahlergebnisse vor. Wir hatten es geschafft! »Proposition 49« war mit 56,7 Prozent der gültigen Stimmen angenommen worden. Wir feierten das mit einer großen Party auf einem der Basketballfelder.
    Auch Gray Davis hatte an diesem Abend gewonnen. Aber seine Wiederwahl gab ihm weniger Grund zum Feiern. Es war der teuerste Wahlkampf in der kalifornischen Geschichte gewesen, trotzdem blieben die meisten Wählerinnen und Wähler zu Hause. Die Wahlbeteiligung bei der Gouverneurswahl war die niedrigste, die jemals in Kalifornien verzeichnet wurde. Und Davis gewann mit nur siebenundvierzig Prozent der Stimmen gegen Bill Simon und die übrigen unwichtigeren Kandidaten. Im Vergleich zu 1998, als er achtundfünfzig Prozent erreicht hatte, war das ein empfindlicher Verlust.
    Zum Erstaunen aller, kam es fast unmittelbar nach der Wahl zu einer Initiative, Davis wieder abzuwählen. Außerhalb des Bundesstaates hielten das die Menschen nur für einen weiteren Beweis dafür, dass Kalifornier schlicht und einfach verrückt sind. Aber das Prinzip der direkten Demokratie sah nun einmal auch vor, dass hohe Staatsfunktionäre vom Volk abgewählt werden konnten. Wie die Wählerinitiativen hatten auch diese Bürgerbegehren zur Amtsenthebung, die sogenannten »Recalls«, eine lange Tradition. Pat Brown, Ronald Reagan, Jerry Brown und Pete Wilson – sie alle hatten sich mit solchen Bürgerbegehren konfrontiert gesehen, aber keine der Initiativen hatte genügend Unterschriften zusammenbekommen. Auch in der »Recall Gray«-Initiative war anfangs nur eine Handvoll Aktivisten engagiert. Aber sie traf einen Nerv. Die Menschen hatten allgemein das Gefühl, dass sich der Bundesstaat in eine völlig falsche Richtung bewegte und dass Gray nicht genug tue, um Kaliforniens Probleme zu lösen. So gab es zum Beispiel im Dezember einen Aufschrei, als er verkündete, das Defizit im

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