Total Recall
Antwort war: »Wenn Sie etwas für mich tun wollen, tun Sie es zu Ehren meines Sohnes. Bitte, wenn Sie nach Sacramento kommen, beenden Sie die Grabenkämpfe. Sorgen Sie dafür, dass sich etwas ändert.« Diese Worte fielen mir jetzt wieder ein.
Wohl oder übel musste ich mir eingestehen, dass die Initiativen nicht einfach nur daran gescheitert waren, dass die Gewerkschaften bremsten. Mein Ansatz war zu konfrontativ gewesen, viel zu überstürzt, und ich hatte den Menschen nicht richtig zugehört. Wir hatten uns übernommen, und das war ins Auge gegangen.
Vor allem aber hatte ich zugelassen, dass mein Reformkreuzzug die andere wichtige Verpflichtung, die ich eingegangen war, als ich Gouverneur wurde, bedrohte: Kaliforniens Wirtschaft wieder neu zu beleben und unseren Staat umzugestalten. Ich hatte meine Mitarbeiter in einen Krieg geführt, den wir nur verlieren konnten, und die Folgen sah man jetzt. Sie waren ein gutes Team, vor allem, wenn man bedenkt, dass wir sie im allgemeinen Durcheinander eines Recall zusammengetrommelt hatten. Sie hatten mir geholfen, die wichtigen Siege unseres ersten Jahres zu erringen. Doch jetzt, als unsere Reform-Agenda zu scheitern drohte, kam es immer häufiger zu Störungen im Getriebe und zu Meinungsverschiedenheiten. Die Stimmung war auf ihrem Tiefpunkt. Die Leute hatten Angst um ihre Jobs. Es gab Informationslecks. Sie arbeiteten gegeneinander und manchmal auch gegen mich.
Wir hatten nicht nur hinter den Kulissen, sondern auch in der Öffentlichkeit Fehler gemacht. Bei einer Pressekonferenz, die wir angesetzt hatten, um für die Reform der Wahlbezirke zu werben, hatten meine Mitarbeiter den falschen Ort ausgewählt. Eigentlich sollte das Treffen an der Grenze zweier neu zugeschnittener Wahlbezirke stattfinden. Wir wollten die Grenze veranschaulichen, indem wir ein orangenes Absperrband mitten durch das Viertel zogen. Nur leider lag die Grenze eigentlich ein paar Straßen weiter weg.
All dies belastete Patricia, meine Stabschefin. Sie hatte keine Lust mehr, sich von morgens bis abends abzukämpfen. »Irgendwann werde ich weiterziehen«, sagte sie. »Ich will in den privaten Sektor zurück. Sie sollten nach jemand anderem Ausschau halten, der meinen Job übernimmt.«
Ich sagte daher zu ihr: »Unabhängig davon, was bei dieser Wahl herauskommt: Wir werden ein bisschen warten, bis die Leute wieder zu Atem gekommen sind, aber dann ist es an der Zeit. Ich muss neue Leute dazuholen.« Pat stimmte zu.
Die Meinungsumfragen sollten recht behalten: Der 8. November war eine totale Katastrophe. Alle vier Initiativen scheiterten. Vor allem die wichtigste, die Haushaltssanierung, schmetterten die Wähler mit überwältigender Mehrheit ab. Bei einer Versammlung am selben Abend stand Maria an meiner Seite, als ich einen versöhnlichen Ton anschlug. Ich dankte den Wählern, dass sie zur Wahl gegangen waren, auch jenen, die gegen meine Reformen gestimmt hatten. Ich versprach, mich mit den Führern der Demokraten zusammenzusetzen und Kompromisse zu schließen. Kurz darauf erklärte ich in einer Fernsehpressekonferenz im Kapitol, dass meine Mitarbeiter keinerlei Schuld treffe: »Der Schwarze Peter liegt bei mir. Ich übernehme die volle Verantwortung für diesen Volksentscheid. Ich übernehme die volle Verantwortung für sein Scheitern.«
Die Grabenkämpfe, so versprach ich, sollten vorbei sein. Im nächsten Jahr wollte ich einen anderen Ton anschlagen.
Tafelteil 4
Kapitel 26
Das Comeback
Ende 2005 war ich froh, Sacramento Tausende Meilen hinter mir lassen zu können, indem ich ein Flugzeug bestieg und mich auf eine lange geplante Handelsmission nach China begab. Ich führte eine Delegation von fünfundsiebzig kalifornischen Arbeitgebern an: Technologie-Unternehmern, Erdbeerbauern, Bauingenieuren und Kaufleuten. Sechs Tage lang bereisten wir die am schnellsten wachsende Wirtschaftsnation der Welt und machten Werbung für die Stärken unseres Bundesstaates. Für mich war es eine sehr wichtige Reise, nicht nur ein Tapetenwechsel nach der Niederlage an den Wahlurnen. Die Veränderungen in China mit eigenen Augen zu sehen, half mir, die Dinge wieder in die richtige Relation zu bringen. Die Chinesen bauten in so gigantischen Dimensionen. Ich hatte das Gefühl, Augenzeuge bei der Entstehung einer neuen Weltmacht zu sein, und spürte die Herausforderung, aber auch die Möglichkeiten, die sich für Amerika daraus ergaben. Und natürlich war es für einen Marktschreier wie mich auch
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