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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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versprochen, und die versucht er jetzt durchzusetzen. Natürlich geht das nicht ohne einen Aufschrei in der Arbeiterschaft! Ich verstehe euren Standpunkt, aber ich verstehe auch seine Sorgen.« Sie saß zwischen allen Stühlen und fühlte sich schlecht deswegen.
    Auch mein Telefon klingelte unaufhörlich. Wirtschaftsführer und Konservative sagten mir: »Ich weiß, dass diese Kennedys versuchen, Sie zu bremsen, aber denken Sie daran, wir müssen diesen Kampf fortführen.« Die Vorstellung, dass ich mit dem Feind zusammenlebte, mit ihm in einem Bett schlief, machte sie immer ganz nervös. Ein paar Erzkonservative werden gedacht haben: »Heiliger Strohsack! Und als Nächstes kommt Teddy nach Kalifornien!«
    Hinter den Kulissen ging es mit den Verhandlungen nur sehr mühsam voran. Ich machte eine schwere Zeit durch, nicht nur weil die Gewerkschaften so unerbittlich waren, sondern auch, weil viele meiner eigenen Mitarbeiter andere Ansichten vertraten. Patricia Clarey und andere altgediente Republikaner sahen überhaupt keine Chance, die Gewerkschaften jemals zu Verhandlungen in gegenseitigem Vertrauen zu bewegen. Sie wollten auf Konfrontationskurs gehen.
    Statt mich mit ihnen herumzustreiten, ließ ich sie reden. Ich traf mich in aller Stille mit der Lehrergewerkschaft, die bei der Kampagne zur Nachschulbetreuung meine Verbündete gewesen war, obwohl das jetzt schon Jahrzehnte zurückzuliegen schien. Ich trat an Vertreter der Polizei- und der Feuerwehrgewerkschaft heran, mit denen ich erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Und ich beauftragte meinen Freund Bob »Huggy« Hertzberg, der bis 2002 Vorsitzender der Assembly gewesen war, Geheimtreffen mit seinem Nachfolger Núñez zu arrangieren.
    Bei allen diesen Gesprächen kam ich gut voran, vor allem in den Unterredungen mit Núñez, die nicht in Sacramento stattfanden, sondern bei mir zu Hause auf der Veranda. Ich wollte Kompromisse ausarbeiten, die den Volksentscheid ersetzen sollten. Dann wollte ich die Initiativen entweder eine nach der anderen zurückziehen und mit dem Parlament an den Reformen arbeiten oder die Gesetzesvorlagen, über die abgestimmt werden sollte, durch alternative Fassungen ersetzen, denen alle Seiten zustimmen konnten.
    Vom Staatssekretär Bruce McPherson, einem Republikaner, hörten wir, dass der letzte Termin für die Überarbeitung der Gesetzesvorlagen Mitte August sei. Als der Termin näher rückte, waren Fabian Núñez und ich einem Kompromiss schon sehr nahe. Zwei Dinge allerdings machten uns Sorgen: Einige Gewerkschaften zierten sich noch, obwohl ich bereit war, ihnen mehr als die Hälfte des Weges entgegenzukommen. Ich bin sicher, dass ihre politischen Berater auf die Meinungsumfragen verwiesen und fragten: »Warum jetzt einen Kompromiss eingehen, wenn ihr ihn in der Abstimmung vernichtend schlagen könnt?« Sie waren bereit, 160 Millionen Dollar für eine Kampagne gegen mich auszugeben, und sie hatten Blut geleckt. Plötzlich merkten die Löwen, dass sie den Dompteur fressen konnten. Ein Peitschenhieb schüchterte sie nicht mehr ein. Das andere Problem waren meine Mitarbeiter, die nach wie vor nicht glaubten, dass die Gewerkschaften einlenken würden. Sie fanden auch, dass meine umfangreiche Agenda in dem vorgesehenen Zeitrahmen einfach nicht zu schaffen war. »So funktioniert Regieren nicht!«, sagten sie gern. In den oberen Stockwerken herrschte nun einmal ein ruhigeres Arbeitstempo.
    Aber Fabian und ich setzten alles daran, um rechtzeitig zu einem Kompromiss zu kommen. Nach Verhandlungen rund um die Uhr hatten wir endlich eine Übereinkunft – nur um dann zu hören, dass es schon zu spät war, weil es nicht mehr genug Zeit gab, um die Gesetzesentwürfe zu schreiben und im Parlament abstimmen zu lassen, bevor die Briefwahlunterlagen ins Ausland verschickt werden mussten. Die Abstimmung würde also stattfinden. Es gab kein Zurück mehr.
    Die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes machten aus dem zusätzlichen Urnengang den reinsten Schauprozess. Bevor ich wusste, wie mir geschah, schrieben New York Times, Washington Post und Wall Street Journal darüber, und die Geschichte schaffte es sogar in die internationale Presse. Es war die wichtigste politische Nachricht aus Kalifornien seit der Abwahl von Gray Davis, nur stand diesmal mein Gouverneursamt auf dem Prüfstand. Ich hatte nicht mit einem derart harten Kampf gerechnet, aber irgendwie war es mir auch sehr recht. Wir führten den Amerikanern vor Augen, wie weit die Arbeiterbewegung

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