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Total Recall

Total Recall

Titel: Total Recall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karlheinz Dürr (VS Mihr)
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aufregend, wieder in der Welt draußen zu sein und auf der globalen Bühne etwas verkaufen zu können.
    Diese Handelsmission brachte Kalifornien unter anderem einen symbolträchtigen Exporterfolg. Zum ersten Mal konnten wir legal kalifornische Erdbeeren nach Peking ausführen – genau rechtzeitig zu den Olympischen Sommerspielen 2008.
    Zurück in Kalifornien musste ich mich zunächst einmal vorrangig mit Personalfragen beschäftigen. Eigentlich war es eine schlechte Zeit für größere personelle Veränderungen, da die nächste Gouverneurswahl in knapp einem Jahr anstand, aber sie waren notwendig. Ich wusste jetzt viel mehr über kalifornische Politik, und ich kannte die maßgeblichen Akteure. Ich brauchte nicht einfach kluge, erfahrene Leute, ich brauchte ein Team mit Zusammenhalt. Nach dem Volksentscheid glaubten laut Meinungsumfragen nur siebenundzwanzig Prozent der Wähler, dass Kalifornien auf dem richtigen Weg sei, und meine eigene Zustimmungsquote lag bei nur achtunddreißig Prozent. Ich brauchte mutige Menschen, die sich davon nicht abschrecken ließen. Vielleicht gefiel ihnen ja sogar die Tatsache, dass ich inzwischen fast genauso unbeliebt war wie das Parlament.
    Eine neue Stabschefin hatte ich schon im Auge: Susan P. Kennedy. Die Presse beschrieb sie als eine kleine, toughe, blonde, zigarrenrauchende Lesbe. Sie wäre die unkonventionellste Wahl, die ich hätte treffen können. Sie war nicht nur von Kindesbeinen an Demokratin und hatte sich für das Recht auf Abtreibung eingesetzt, sondern hatte auch als Kabinettssekretärin und stellvertretende Stabschefin für Gray Davis gearbeitet. Diesen Job hatte sie an den Nagel gehängt, weil sie den Stillstand in Sacramento nicht mehr ertrug.
    Susan und ich hatten uns kennengelernt, nachdem sie mir zwei Monate vor der Volksabstimmung ein ausführliches Memorandum geschickt hatte. Es begann mit einer präzisen, kristallklaren Analyse der politischen und strategischen Fehler meiner Regierung. Sie war enttäuscht, weil sie fand, dass wir eine historische Chance, etwas zu verändern, ungenutzt ließen. Sie arbeitete zu der Zeit in der Aufsichtsbehörde für die öffentlichen Versorgungsunternehmen und hatte mich damit beeindruckt, dass sie immer versuchte, Regulierungen zu beseitigen, die dem Wachstum der Wirtschaft im Wege standen.
    Nach einigen Vorgesprächen bot ich Susan den Job an, doch bevor sie zusagte, kam sie, gleich nachdem ich aus China zurückgekehrt war, zu uns nach Hause, um mit Maria und mir zu reden. In diesem Gespräch ging es um viele Themen, auch darum, wie Susan mit den Republikanern in meinem Stab umgehen werde. »Ich werde alles in meiner Macht Stehende tun, dass es zu keinen Konflikten kommt. Das würde uns nur hemmen und unser Image noch weiter schädigen«, sagte sie. »Aber Sie müssen mir freie Hand für notwendige Veränderungen geben. Und wenn es zu einer Auseinandersetzung kommt, müssen Sie hundertprozentig hinter mir stehen.«
    »Ich werde Ihnen den Rücken stärken, wir werden das gemeinsam durchziehen«, versprach ich.
    Und schließlich stellte ich ihr die Frage, die man am Ende eines Vorstellungsgespräches immer so stellt: »Haben Sie irgendwelche Fragen an mich?«
    »Ja«, kam es wie aus der Pistole geschossen. »Welches Erbe wollen Sie als Gouverneur dem Staat hinterlassen?« Ich schaute sie ein paar Sekunden lang an, bevor ich etwas sagte. Als Gouverneur bekommt man diese Frage häufig gestellt, aber ich hatte das Gefühl, dass diese kleine, quirlige Frau es wirklich wissen wollte.
    »Ich will bauen«, sagte ich. »Ich will überall Kräne sehen.« Unsere Bevölkerung würde bald auf über fünfzig Millionen Menschen anwachsen, und wir hatten nicht die notwendigen Straßen, Brücken, Schulen für alle diese Menschen, ganz zu schweigen von der Wasserversorgung, den Kommunikationssystemen, der Eisenbahn oder den entsprechenden Energieprojekten. Ich sprach voller Begeisterung von diesem Thema, Susan ließ sich anstecken, und plötzlich redeten wir beide nur noch von Kränen, Zügen, Autobahnen und Stahl. »Ich habe Sie im Fernsehen gesehen, als Sie in China darüber gesprochen haben«, sagte sie. »Sie haben vorgeschlagen, wir sollten über Anleihen in Höhe von 50 oder 100 Milliarden Dollar reden – keine Peanuts! –, und Ihr Stab versuchte Ihnen das kleinzureden. Also, das ist kompletter Unfug, und Sie hatten völlig recht!«
    Da wusste ich, dass wir auf einer Wellenlänge lagen. Sie rollte nicht die Augen wie so viele

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