Total Recall
unterzeichnete, der zufolge die Reformen auf Betreiben der Demokraten und der Gewerkschaften 2012 nicht zur Abstimmung gestellt wurden. Die Umfragen hatten diesmal einen Erdrutschsieg vorausgesagt (nach Erhebungen der Reformbefürworter-Gruppe »Think Long Committee for California« planten vierundachtzig Prozent der Wähler, mit Ja zu stimmen). Am Ende kam es lediglich zu Steuererhöhungen, die nicht an einen zwingenden Ausgabenstopp gekoppelt waren. Die Initiative zur Haushaltsreform wird nicht vor 2014 auf den Stimmzetteln auftauchen.
Im Herbst unterzeichnete ich eine historische Reform der Pensionen, die einige der schlimmsten Exzesse zurücknahm, an denen der Staat endgültig bankrott zu gehen drohte. Durch einen massiven Bürokratieabbau konnten wir in kürzester Zeit so viele Solarkraftwerke in Kalifornien errichten – über 5000 Megawatt allein im Jahr 2009 (hundertmal so viel wie die gesamte Solarenergieleistung in den Vereinigten Staaten ein Jahr zuvor) –, dass Kalifornien »das Saudi-Arabien der Sonnenenergie« genannt wurde. Kalifornien ist jetzt auf dem besten Wege, nicht nur die meisten, sondern auch die größten Solarprojekte der Welt zu bauen. Ich rang der Bundesregierung und dem Staat Oregon die Genehmigung ab, Dämme am und in der Nähe des Klamath River zu entfernen – die größte Rückbau- und Flussrenaturierungsmaßnahme in der Geschichte der Vereinigten Staaten. Wir legten landesweit die ersten »Green Building Standards« fest, die fordern, dass alle Neubauten in Kalifornien strikte Vorgaben zur Energieeffizienz und Nachhaltigkeit erfüllen müssen.
Im Jahr 2010 tat ich mich auch mit der NAACP und Präsident Obamas Bildungsminister Arne Duncan zusammen, und wir konnten einen großen Sieg im Bildungsbereich feiern: Die Eltern bekamen das Recht, ihre Kinder aus schlechten Schulen herauszunehmen. Die Lehrergewerkschaften und Schulverwaltungen kämpften erbittert gegen diese Reform, doch die überparteiliche Macht eines republikanischen Gouverneurs, eines demokratischen Präsidenten und der führenden Bürgerrechtsgruppe in den USA war selbst für die mächtigste Gewerkschaft des Staates ein zu großer Brocken.
Den eigentlichen Erfolg des Jahres 2010 konnten jedoch die Wähler für sich verbuchen. Mir war mehr denn je bewusst, dass der Schlüssel zu echten, dauerhaften Reformen darin liegt, wirklich zu begreifen, was die Wählerinnen und Wähler fühlen und denken. Im Juni verabschiedeten die Kalifornier trotz meines Umfragetiefs den zweiten Teil unseres Reformpakets – die »Open Primary«-Initiative. Zusammen mit dem fairen und auf Wettbewerb ausgerichteten Zuschnitt der Wahlbezirke, den wir 2008 durchgesetzt hatten, sollte das System der »Offenen Vorwahl« ein für alle Mal mit der Dominanz der linken und rechten Sonderinteressen in unserem Wahlsystem aufräumen. Die beiden Kandidaten mit den meisten Stimmen in der jeweiligen Vorwahl sollten unabhängig von ihrer politischen Parteizugehörigkeit die Parlamentswahl bestreiten. Unabhängige und gemäßigte Mitglieder der Parteien sollten für jeden beliebigen Kandidaten stimmen können – das bedeutete das Ende des Würgegriffs, den Hardliner in beiden Parteien in einem System mit geschlossenen Vorwahlen ausüben. Die Gesetzesvorlage wurde mit vierundfünfzig Prozent der Stimmen angenommen.
Die letzte Bewährungsprobe kam dann im November. Wir hatten mit unseren Reformen bei Linken wie Rechten so viel Staub aufgewirbelt, dass wir mit drei Gesetzesvorlagen konfrontiert wurden, die unsere Siege wieder zunichte machen wollten. Da war zunächst einmal der Versuch, die Neugestaltung der Wahlbezirke von 2008 zu widerrufen. Beide Parteien finanzierten die Kampagne zur Annullierung des Gesetzes, um dafür zu sorgen, dass die Grenzziehung der Wahlbezirke wieder in den Händen der jeweiligen Amtsinhaber liegen würde. Ebenso versuchten sie eine neue Vorlage zu Fall zu bringen, der zufolge unser Neuzuschnitt der Wahlbezirke auch auf die Kongresswahlen ausgeweitet werden sollte. Die demokratische Vorsitzende des Kongresses, Nancy Pelosi, ließ ihre kalifornischen Parteimitglieder mehrere hunderttausend Dollar berappen, um diese Maßnahme zu Fall zu bringen und das schon bestehende Gesetz außer Kraft zu setzen. Der Kampf hatte begonnen.
Die zweite Gesetzesinitiative stammte von den Gewerkschaften. Sie sah vor, Unternehmen zu bestrafen, die meine Ausgabenkürzungen und politischen Reformen unterstützten. Das Gesetz sollte die Reformen der
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