Total Recall
Leinwand einen fantastischen Körper. Sie trainierten natürlich, aber nur heimlich. Wenn jemand etwas über ihre Muskeln sagte, erklärten sie: »Das ist Veranlagung.« Doch allmählich änderte sich diese Haltung, und das Krafttraining wurde zunehmend akzeptiert.
Ein weiteres positives Zeichen waren die Frauen, die ins Gold’s kamen – nicht um sich die Kerle anzuschauen, sondern um selbst zu trainieren. Anfangs waren sie gar nicht zugelassen. Aus rein technischen Gründen war es schwierig für Joe Gold, sie aufzunehmen, da es nur Gemeinschaftsduschen und keine getrennten Toiletten gab. In Wirklichkeit waren die Jungs im Gold’s aber auch gar nicht dafür bereit. Bodybuilding war eine Männerdomäne. Man wollte sich auf keinen Fall Gedanken machen müssen, was man im Studio sagte. Es wurde viel geflucht und auch gern über typische Männerthemen gesprochen. Ich sagte Joe jedoch, dass er Frauen aufnehmen sollte. In München hatte ich die Vorteile gesehen – wenn Frauen da waren, trainierten wir härter, da machte es nichts aus, dass man sich mit seinen Äußerungen vielleicht etwas zurückhalten musste.
Die Frauen, die trainieren wollten, waren oft Schwestern oder Freundinnen von Bodybuildern. Manche trainierten auch bereits am Strand. Wenn eine Frau für eine Prüfung trainieren musste – etwa die Aufnahmeprüfung bei der Polizei oder Feuerwehr –, erteilte ihr Joe eine Sondergenehmigung. Er sagte dann: »Komm am besten um sieben Uhr morgens, wenn noch nicht so viele Kunden da sind, dann kannst du trainieren, du bist mein Gast und musst nichts bezahlen.«
Joe traf nie eine Entscheidung, ohne vorher die Zustimmung der Bodybuilder einzuholen. Sollte im Studio das Radio laufen? Sollte er doch einen Teppich legen lassen? Oder wäre dann der Kerkereffekt hin? Schließlich trainierten im Gold’s Gym die richtig harten Kerle und Profi-Bodybuilder. Wir diskutierten endlos, ob wir Frauen aufnehmen sollten oder nicht. Schließlich einigten wir uns darauf, sie zuzulassen, allerdings nur ernsthafte Bodybuilderinnen, die zudem eine Erklärung unterschrieben: »Wir wissen, dass hier ein rauer Umgangston herrscht, dass einem Gewichte auf die Füße fallen können und es zu Verletzungen kommen kann. Wir wurden informiert, dass es keine getrennten Waschräume gibt und wir daher die sanitären Anlagen am Strand benutzen müssen.« Ich wollte das Bodybuilding komplett für Frauen öffnen, auch die Wettkämpfe. Aber zumindest hatten wir im Gold’s Gym einen Anfang gemacht, außerdem konnte man sehen, dass durchaus Interesse bestand.
Unserer Meinung nach waren die Wettkämpfe einfach nicht groß genug. Es kamen immer die gleichen fünfhundert oder tausend Leute. Zudem waren die meisten Veranstaltungen nicht sonderlich gut organisiert. Manchmal fehlte Musik, der Moderator war nervtötend oder die Beleuchtung schlecht. Niemand holte die Teilnehmer vom Flughafen ab. Irgendwie war fast alles primitiv. Es gab natürlich Ausnahmen, etwa den Wettbewerb um den Titel des Mister World in Columbus und den Mister Universum in London, aber die meisten Veranstaltungen wirkten amateurhaft. Wir erstellten eine Liste mit allem, was wir verbessern wollten, und holten uns Rat bei verschiedenen Leuten.
Franco und ich legten als Termin für den Wettkampf den 17. August fest. Als Veranstaltungsort hatten wir das Embassy Auditorium gemietet, ein pompöses altes Theater mit 2300 Sitzplätzen in Downtown Los Angeles. Gleich danach stellten wir eine Pressesprecherin ein, Shelley Selover, die ihr Büro direkt in Venice hatte. Vor unserem ersten Gespräch hatte sie sich wahrscheinlich noch nie Gedanken übers Bodybuilding gemacht. Aber nachdem sie viele Fragen gestellt und uns eine Weile zugehört hatte, erklärte sie sich bereit, für uns zu arbeiten. »Daraus lässt sich etwas machen«, sagte sie. Für uns war dieses Vertrauensbekenntnis sehr wichtig.
Shelley stellte gleich den Kontakt zu einem erfahrenen Journalisten von Sports Illustrated her, Dick Johnston. Er lebte in Hawaii und flog eigens nach Los Angeles, um uns zu treffen. Shelley hatte uns gesagt: »Er will einen großen Artikel schreiben und seinen Redakteuren vermitteln, dass Bodybuilder Athleten sind, die ihren Sport ernsthaft betreiben. Ich habe gedacht, dabei könntet ihr ihm helfen.« Ich nannte ihm also im Interview zahlreiche Beispiele für Bodybuilder, die, wenn sie nicht Bodybuilding betreiben würden, ein Baseballstar oder Boxer wären. Auf jeden Fall wären sie Sportler
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