Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)
ehrliche Männer verteidigt? Bei Gott, er hat Glück, dass er mit John Redly die Worte kreuzt und dennoch sein Herz im Busen behält!«
Der Kneipenwirt beugte sich vor, um aus dem Feuer ein Stück Glut für seine langstielige Pfeife zu holen, und antwortete trocken:
»Und du hast auch Glück, John, dass du den Mund gehalten hast. Das war Solomon Kane, der Puritaner, ein Mann, gefährlicher als ein Wolf.«
Redly brummte etwas Unverständliches, stieß dann eine halblaute Verwünschung aus und steckte missmutig den Beutel mit Geld in seinen Gürtel zurück.
»Bleibst du heute Nacht hier?«
»Aye«, erwiderte Redly mürrisch. »Lieber würde ich morgen zusehen, wie sie Simeon in Torkertown hängen, aber ich muss am Morgen nach London.«
Der Kneipenwirt füllte ihre Becher.
»Auf Simeons Seele, möge Gott dem armen Teufel barmherzig sein und möge ihm die Rache misslingen, die er dir geschworen hat.«
John Redly zuckte zusammen, fluchte und lachte dann großspurig. Es war ein hohles Lachen, und es klang falsch.
Solomon Kane erwachte plötzlich und setzte sich im Bett auf. Er hatte einen leichten Schlaf, wie es einem Mann ziemt, der gewöhnlich sein Leben in seiner Hand trägt. Irgendwo im Haus war ein Geräusch gewesen und hatte ihn geweckt. Er lauschte. Draußen, das konnte er durch die Fensterläden erkennen, hellte sich die Welt mit den ersten Anzeichen der Morgendämmerung auf.
Plötzlich war das Geräusch wieder zu hören, ganz schwach. So, als würde eine Katze draußen an der Mauer emporklettern. Kane lauschte, und jetzt kam ein Geräusch, als würde jemand sich an den Fensterläden zu schaffen machen. Der Puritaner stand auf, griff sich seinen Degen, rannte mit langen Schritten durchs Zimmer und stieß die Läden auf. Die Welt lag schlafend unter seinen Blicken. Ein später Mond schwebte im Westen über dem Horizont. Vor seinem Fenster lauerte kein Räuber. Er lehnte sich hinaus, spähte zum Fenster der Kammer neben der seinen. Ihre Läden standen offen.
Kane schloss die seinen wieder, ging an seine Tür und trat in den Korridor hinaus. Er handelte impulsiv, so wie er das gewöhnlich tat. Es herrschten unruhige Zeiten. Die Kneipe war ein paar Meilen von der nächsten Ortschaft entfernt – Torkertown hieß sie. Es gab viele Banditen. Jemand oder etwas hatte die Kammer neben der seinen betreten, und der Schläfer dort war möglicherweise in Gefahr. Kane hielt sich nicht damit auf, Für und Wider abzuwägen, sondern ging geradewegs zur Tür der Kammer und öffnete sie.
Das Fenster stand weit offen, und das Licht, das von draußen hereinströmte, erhellte den Raum. Und doch war es, als erfüllte ihn gespenstischer Nebel. Ein kleinwüchsiger Mann mit einer bösartigen Visage schnarchte auf dem Bett, und Kane erkannte, dass dies John Redly war, der Mann, der den Totenbeschwörer an die Soldaten verraten hatte.
Dann zog etwas seinen Blick zum Fenster. Auf dem Fenstersims kauerte etwas, das wie eine riesige Spinne aussah, und die ließ sich jetzt, während Kane ihr zusah, auf den Boden fallen und schickte sich an, zu dem Bett zu krabbeln. Das Ding war dick und haarig und dunkel, und Kane sah, dass es auf dem Fenstersims einen Fleck hinterlassen hatte. Es bewegte sich auf fünf dicken und eigenartig gegliederten Beinen und wirkte insgesamt so unheimlich, dass Kane es einen Augenblick lang wie gebannt anstarrte. Jetzt hatte es Redlys Bett erreicht und kletterte auf seltsam schwerfällige Art an der Bettstelle hoch.
Nun hing es an die Bettstelle geklammert unmittelbar über dem Schlafenden, und Kane trat mit einem warnenden Ruf darauf zu. Im gleichen Augenblick erwachte Redly und blickte auf. Seine Augen weiteten sich, ein grässlicher Schrei entrang sich seinen Lippen, und im gleichen Augenblick ließ das Spinnending sich fallen und landete auf seinem Hals. Als Kane das Bett erreichte, sah er, wie die Beine sich festkrallten, und hörte, wie John Redlys Nackenknochen zersplitterten. Der Mann erstarrte und lag reglos da, und sein Kopf rollte grotesk an seinem gebrochenen Genick zur Seite. Und das Ding ließ sich von ihm herunterfallen und blieb schlaff auf dem Bett liegen.
Kane beugte sich über die grausige Szene und wollte seinen Augen nicht trauen. Das Ding, das die Läden geöffnet hatte, über den Fußboden gekrochen war und John Redly in seinem Bett ermordet hatte, war eine menschliche Hand!
Jetzt lag es schlaff und leblos da. Kane durchstach es vorsichtig mit der Spitze seines Degens und hob es an
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