Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition)

Titel: Tote erinnern sich (H. P. Lovecrafts Bibliothek des Schreckens) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert E. Howard
Vom Netzwerk:
seine Augen. Die Hand war, wie es schien, die eines großen Mannes, denn sie war breit und dick, mit kräftigen Fingern und von dichtem Haarwuchs bedeckt – Haare, die wie die eines Affen aussahen. Die Hand war am Gelenk abgetrennt worden und dort mit Blut verkrustet. Am Zeigefinger steckte ein dünner Silberring, ein seltsames Schmuckstück in Form einer sich windenden Schlange.
    Kane stand da und starrte das scheußliche Gebilde an, als der Kneipenwirt eintrat, mit seinem Nachthemd bekleidet, in einer Hand eine Kerze, in der anderen eine Donnerbüchse.
    »Was ist das?«, schrie er, als sein Blick auf die Leiche im Bett fiel.
    Dann sah er, was Kane mit seinem Degen aufgespießt hatte, und sein Gesicht wurde weiß. Wie von einem unwiderstehlichen Drang angezogen, kam er näher und die Augen traten beinahe aus den Höhlen. Dann taumelte er zurück und sank in einen Stuhl, so blass, dass Kane glaubte, er würde gleich das Bewusstsein verlieren.
    »In Gottes Namen, Sir«, keuchte er. »Lasst dieses Ding nicht leben! In der Gaststube ist ein Feuer, Sir …«
    Kane kam nach Torkertown, ehe die Morgenröte verblasst war. Am Rand des Dorfes traf er auf einen redseligen jungen Mann, der ihn ansprach.
    »Sir, wie alle ehrlichen Männer wird es Euch erfreuen, dass Roger Simeon, der schwarze Zauberer, heute im Morgengrauen bei Sonnenaufgang gehängt wurde.«
    »Und ist er wie ein Mann aus dem Leben geschieden?«, fragte Kane mit ernster Stimme.
    »Aye, Sir, er hat sich nicht gewehrt, aber es war unheimlich. Seht, Sir, Roger Simeon ging mit nur einer Hand an den Armen zum Galgen!«
    »Und wie kam das?«
    »Letzte Nacht, Sir, als er wie eine große, schwarze Spinne in seiner Zelle saß, rief er einen seiner Wächter und bat ihn um eine letzte Gunst, er hieß den Soldaten, er solle ihm die rechte Hand abschlagen! Zuerst wollte der Mann das nicht tun, aber dann bekam er Angst vor Rogers Fluch, und so zog er schließlich sein Schwert und schlug ihm die Hand am Gelenk ab. Simeon packte sie mit der Linken und schleuderte sie durch die Gitterstangen seiner Zelle hinaus und stieß dabei fremdartige, gemeine Zauberworte aus. Die Wachen hatten große Angst, aber Roger tat ihnen nichts zuleide, er sagte, er hasse nur John Redly, der ihn verraten hatte.
    Und dann verband er seinen Armstummel, um die Blutung zu stillen, und saß den Rest der Nacht wie in Trance da. Gelegentlich murmelte er bei sich wie jemand, der, ohne sich dessen bewusst zu sein, ein Selbstgespräch führt. ›Nach rechts‹, flüsterte er und ›Nach links jetzt!‹ und dann wieder ›Weiter, weiter!‹.
    Oh, Sir, es war entsetzlich ihm zuzuhören, haben die Wächter gesagt, entsetzlich zu sehen, wie er über dem blutigen Stumpf seines Arms kauerte! Als dann der Morgen graute, kamen sie und führten ihn zum Galgen, und als sie die Schlinge um seinen Hals legten, wand er sich plötzlich, spannte seine Muskeln, als müsse er sich anstrengen, und die Muskeln seines rechten Arms, dem die Hand fehlte, traten hervor und ächzten, als würde er den Hals eines Sterblichen brechen!
    Dann, als die Wachen ihn packten, hielt er inne und fing an zu lachen. Und sein Lachen hallte schrecklich und widerwärtig in den Morgen, bis die Schlinge ihm ein Ende machte und er schwarz und stumm im roten Auge der aufgehenden Sonne hing.«
    Solomon Kane schwieg, weil er an das verängstigte Entsetzen dachte, das John Redlys Züge in jenem letzten kurzen Augenblick des Erwachens und Lebens verzerrt hatte, ehe das Verhängnis zuschlug.
    Dann stieg in seiner Erinnerung ein schemenhaftes Bild auf – das Bild einer haarigen, abgeschnittenen Hand, die wie eine große Spinne auf ihren Fingern blind durch den finsteren nächtlichen Wald kriecht, an einer Wand hochklettert und sich abmüht, die Läden eines Schlafraums zu öffnen. An dem Punkt hielt seine Vision inne, schreckte vor dem Rest jenes düsteren, blutigen Dramas zurück. Welch schreckliche Feuer des Hasses mussten doch in der Seele des todgeweihten Zauberers gelodert haben, und über welch schreckliche Kräfte musste er verfügt haben, um jene blutige Hand tastend auf ihre schreckliche Mission zu schicken, gelenkt von der Magie und dem Willen jenes brennenden Gehirns!
    Doch um sicher zu sein, fragte Solomon:
    »Und hat man die Hand je gefunden?«
    »Nein, Sir. Man fand die Stelle, wo sie hingefallen war, als der Zauberer sie aus der Zelle geschleudert hatte, aber sie war verschwunden, und eine rote Spur führte in den Wald. Ohne Zweifel hat ein

Weitere Kostenlose Bücher