Tote essen kein Fast Food
Stimme kam von der Seite. In dem ausgeschnittenen Loch der Strumpfmaske bewegten sich Lippen.
Ted schielte verstohlen auf voluminöse Schenkel in eng anliegenden Jeans und Springerstiefel hinunter.
„Fünf Tage hat er sich versteckt gehalten. Das muss allerdings ganz schön beschissen für ihn gewesen sein, weil er genau wusste, dass wir ihn finden würden. Außerdem mussten seine Angehörigen dafür bezahlen, dass er sich versteckt hat. Hier, das ist seine Freundin.“
Ted musste den Kopf schräg nach hinten drehen.
Ein Handydisplay beleuchtete die grobe Hand, die es hochhielt. Die Stimme klang sachlich. Es hätte das Foto eines Autos sein können, auf das er stolz war. Doch das war nicht der Fall.
Ein einziger Blick genügte.
Ein blutiges, zerschlagenes Gesicht.
Ted drehte sich schnell wieder um.
Die sind ja total krank!
Er konnte sich kaum auf den Beinen halten. Seine Füße waren gefühllos geworden.
Jetzt war er endgültig geliefert!
Ein heiserer Jammerlaut stieg vom Boden auf und bohrte sich in sein Bewusstsein.
Eigenartigerweise hatte er allmählich akzeptiert, dass er sterben würde. Dass er die Hauptnummer in dieser makabren Vorstellung war.
Aber auf dem Parkplatz fand etwas anderes statt, etwas, das schon begonnen hatte, bevor er hergebracht worden war. Etwas, das er nicht hatte mit ansehen müssen, wofür er dankbar war.
Die beiden Maskierten bückten sich und hoben das jammernde Etwas hoch. Der heisere, gequälte Laut sank und stieg an, während sie ihre Last zum Auto schleppten und dann durch die Heckklappe schoben. Das Opfer machte einen Versuch, sich aufzurichten, wurde aber hinuntergedrückt. Die Klappe schlug zu.
Ted wollte seine Hände an die Ohren pressen, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Als die Beine unter ihm nachgaben, packten die Männer an seiner Seite seine Arme und zerrten ihn wieder auf die Füße.
Er wurde gezwungen, hinzuschauen.
Ted fror, dann schwitzte er wieder, seine Augen tränten. Mit verschwommenem Blick verfolgte er das Geschehen.
Einer der Maskierten lief mit einem Kanister um das Auto herum und schüttete eine Flüssigkeit darüber.
Bald hatte der Geruch Teds Nase erreicht.
Benzin!
Eine schwache Flamme flackerte in der Dunkelheit auf, die schnell größer wurde.
Die beiden Männer rannten auf Ted zu, dann kam die Explosion. Die Flammen schlugen in den Himmel. In wenigen Sekunden verwandelte sich das Auto in ein brennendes Inferno.
Der hatte doch noch gelebt!
Teds Beine zitterten. Übelkeit stieg in ihm hoch. Er erbrach sich über seine nackten Füße.
Die Männer neben ihm fluchten und traten zur Seite.
Als Ted sich mit dem Handrücken den Mund abwischte, begegnete sein Blick zwei wachsamen Augen hinter den Sehschlitzen der Maske. Augen, in denen keine Reue darüber zu sehen war, dass nur ein paar Meter von ihnen entfernt ein Mann lebendig verbrannt wurde.
„Kapierst du jetzt, um was es geht?“
Es war immer derselbe Mann, der sprach. Die anderen sagten nichts. Nicht einmal die beiden, die keuchend zu ihnen angerannt gekommen waren, um der grausamen Hinrichtung vom besten Platz aus zuzusehen.
„Du kannst damit rechnen, dass deine ganze Familie dran glauben muss, falls du Probleme machst.“
Ted sackte zu Boden. Die Tränen ließen sich nicht mehr zurückhalten. Er weinte vor Erleichterung, weil nicht er es war, der in dem brennenden Auto lag.
Sie würden ihn leben lassen. Wenigstens vorläufig.
Ohne weiteren Kommentar banden sie ihm wieder die Augen zu und stießen ihn ins Auto.
Ted sank auf den Rücksitz, voller Dankbarkeit, dass er eine neue Chance bekommen hatte, was auch immer das bedeuten mochte. Er leckte die salzigen Tränen von seinen aufgesprungenen Lippen und versuchte, sein Schluchzen zu unterdrücken.
Er war bereit, alles zu tun, einfach alles.
Hauptsache, Tea musste nicht leiden.
Und er selbst durfte am Leben bleiben.
Umschlagslayout: init.büro für gestaltung, Bielefeld, unter Verwendung mehrerer Fotos von © iStockphoto
Originalausgabe
Unser gesamtes lieferbares Programm und viele weitere Informationen zu unseren Büchern, Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und Aktivitäten findest du unter kosmos.de
© 2013, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart
Alle Rechte vorbehalten
ISBN 978-3-440-13714-7
Satz: DOPPELPUNKT, Stuttgart
eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
Weitere Kostenlose Bücher