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Tote essen kein Fast Food

Tote essen kein Fast Food

Titel: Tote essen kein Fast Food Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Baron
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sagen? Ich hab ein Fläschchen davon hier. Von Douglas in Westerland. Geklaut natürlich. Solchen Luxus kann ich mir sonst nicht leisten. Ist mir bisschen peinlich, das zuzugeben, ausgerechnet vor dir, aber das ist die einzige Art, auf die ich einschlafen kann. Bisschen Sun-Light auf mein Sweatshirt, und schon eine halbe Stunde später kann ich endlich schlafen. Muffin, mein Kuscheltier, hat auch schon eine Ladung abgekriegt. Aber sein Fell ist immer noch so weiß wie Schnee.
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    Wir nahmen den Strandübergang an der Weststrandhalle, liefen quer über den brechend vollen Parkplatz, ließen den Abzweig zur Mautstraße Richtung Ellenbogen links liegen und folgten der Asphaltstraße nach List, bis der Königshafen querab zu uns lag. „Siehst du was?“, fragte ich, während ich die Augen mit beiden Händen gegen die Sonne abschirmte und meinen Blick über das Weideland schweifen ließ, das den Königshafen einrahmte.
    â€žDu meinst, abgesehen von den Surfern und den Schafen?“
    â€žJa, irgendwas, das nach Bunkereingang aussieht.“
    â€žNee, nicht wirklich.“ Vor uns lag nichts als plattes Land.
    â€žDarf man da überhaupt drauf? Es ist keine Menschenseele zu sehen.“
    â€žNa, bei dem Wetter sind natürlich alle am Strand. Aber ich glaube, bis da vorne zu dem Zaun darf man gehen. Vom Ellenbogen aus. Hier auf unserer Seite ist womöglich wieder Vogelschutzgebiet oder Heideschutzgebiet oder Lämmer-Zoo.“ Ich musste lachen. Bis ich aus dem Augenwinkel unerwartet eine Bewegung wahrnahm. Ich hob meinen Arm und zeigte in die Richtung. „Schau mal, da. Wo kommt der denn her?“
    Wie aus dem Nichts war eine hagere Gestalt aus dem Boden gewachsen, die sich hinter etwas Buschwerk an einer Art Brett zu schaffen machte. Dann fummelte sie etwas aus ihrer Jackentasche, ließ sich auf dem Brett nieder und blickte Richtung Wasser. Wir konnten nur noch ihre Knie sehen und die Füße, die seitlich neben dem Busch hervorragten.
    â€žSieht jedenfalls nicht nach Schaf aus“, sagte Jan, ging in die Hocke und zog mich zu sich herunter. „Und nach Surferauch nicht.“ Wir beobachteten die Gestalt, bis sie nach fünf Minuten aufstand und zur Mautstraße hin davonging.
    â€žIst das ein Mann oder eine Frau?“
    â€žEher Mann“, sagte Jan. „Aber meine Hand würde ich nicht dafür ins Feuer legen.“ Irgendwas an dem Mann kam mir selbst aus dieser Entfernung bekannt vor. Aber noch wusste ich nicht, was oder warum.
    â€žWie konnte der so plötzlich da auftauchen?“, fragte ich mich laut. „Da ist doch weit und breit nichts. Noch nicht mal ein Schuppen oder ein Hügel oder so was.“ Ich stand auf und sah Jan an. „Lämmer-Zoo hin oder her, wir gehen da jetzt hin. Kommst du mit?“
    â€žKlar, Miss Marple.“
    Wir warteten, bis der oder die Unbekannte aus unserem Blickfeld verschwunden war beziehungsweise wir aus seinem, falls er sich noch einmal umdrehen würde. Ein paar Minuten später standen wir an der Stelle, wo er aufgetaucht war. Die sah zunächst ebenso nach nichts aus wie die gesamte Umgebung. Das vermeintliche Brett entpuppte sich als ein Stück Dachpappe, das auf eine alte Spanplatte genagelt und scheinbar achtlos auf den Boden geworfen worden war. Doch dann entdeckte Jan drei frisch gerauchte Zigarettenkippen auf dem Boden. „Nil“, sagte er.
    â€žNil?“ Als ich mich abrupt zu ihm umdrehte und einen Schritt auf ihn zumachte, blieb ich an etwas hängen, das fest im Boden zu sitzen schien. Jan fing mich gerade noch rechtzeitig auf, bevor meinen Fuß das nächste Unglück ereilen konnte, und ich kam mir vor wie im Film, wo die romantische Heldin in ihrem gerüschten Scarlett-O’Hara-Kleid dem Retter in die Arme sinkt. Nur dass ich kein Scarlett-O’Hara-Kleid anhatte, sondern eine graue Sweat-Jacke mit Kapuze aus der Jungs-Abteilung von H&M und eine abgeschrabbelte Jeans. Gut fühlte es sich trotzdem an.
    â€žFanny, du stürzt öfters ab als mein Laptop, und das will wirklich was heißen. Ich glaub, ich muss dich anbinden, damit dir nicht dauernd was passiert.“ Jans Gesicht war höchstens zwanzig Zentimeter von meinem entfernt und ich konnte die goldenen Sprenkel in seinen braunen Augen erkennen.
    â€žIch ... weiß auch nicht“, stotterte ich, während ich die Balance auf meinen eigenen Beinen wiederzufinden versuchte.

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