Tote essen kein Fast Food
herumlungern, stillgelegten Fabriken, Bergwerken, alten Bunkern auf der Suche nach dem ultimativen Kick. So einer Art Horror mit Hinterausgang. Ehrlich gesagt, die haben keine Ahnung. Der wahre Horror lauert in der ganz normalen Kleinfamilie. Aber ohne Hinterausgang. Man muss nur ein bisschen an der Oberfläche kratzen, und schon bricht alles auseinander und die Monster fallen einen an. Dazu brauchst du noch nicht mal ânen Klappspaten.
Igel jobbt zurzeit hier auf Sylt. Und ich bin sozusagen auf Besuch. Ehrlich gesagt, ein Ferienhaus mit Seeblick wär mir lieber gewesen als das hier. Ich bin auch in eins eingebrochen und hab zwei Wochen drin gewohnt. Aber dann wurde mir die Sache zu heiÃ. Hab mich immer nur nachts rausgetraut, und das war Mist. Deshalb hab ich das mit dem Untertauchen wörtlich genommen. Unter die Erde tauchen, in eine von Igels Schleicher-Höhlen. Istân echter Profi, dein Brüderlein. Auf seiner Homepage hab ich auch den Eingang zu meiner Gruft entdeckt.
Aber darum gehtâs jetzt nicht. Soll ja kein Schulaufsatz werden: âMein spannendstes Ferienerlebnisâ, oder so. Ich hoffe, dass er sich mit noch was anderem auskennt als mit seinen Bunkerlöchern: mitdir nämlich. Meiner lieben Mami. Er muss acht gewesen sein, als ich geboren wurde. Er muss mitgekriegt haben, was damals passiert ist, was sein Schwesterherz so treibt. Ein Zeitzeuge sozusagen. Bisher hab ich ihn noch nicht erwischt, aber sicher bald.
Na, Muffe vor dem, was er auspacken könnte?
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19
âIch wusste, dass du kommen würdest, Mamaâ, sagte Frida, ohne ihre Geisel aus den Augen zu lassen oder das Gewehr beiseitezulegen. âHallo, Fanny, gut, dass du endlich da bist. Guck mal, wen ich gefangen hab.â
âIch seh schon. Glückwunsch.â Meine Stimme kam cooler rüber, als mir zumute war, während mein Herz nachzuzittern schien wie die letzten Zuckungen eines Erdbebens. Fridas âFangâ mit den blonden Stachelhaaren schnaubte hörbar durch die Nase. Ich konnte es nicht fassen. Das sollte der Kapuzentyp sein, der Frida in die Katakombe entführt hatte? Also hatte ich ihn gleich richtig eingeschätzt, den feinen Herrn Strandkorbwärter.
âDas ist noch sehr die Frageâ, zischte er, âwer hier wen gefangen hat.â
âGar nicht.â Frida lieà das Gewehr sinken, dessen metallener Lauf im Licht der Kerze bläulich schimmerte, und starrte ihn ärgerlich an. âMia hat mich gefangen. Und ich hab jetzt dich gefangen.â
âWo ist Mia?â
Wie bitte? Was sollte das denn jetzt. Welche Mia?
âStopp!â, fuhr Svea dazwischen. âStopp. Kann mich bitte mal jemand aufklären, in welchem Film ich hier bin? Wer sind Sie? Woher kennen Sie meine Tochter? Woher kennst du den Mann, Fanny? Und wer, zum Teufel, ist Mia?â
âGestatten, Lars Andresenâ, sagte der Typ und deutete eine ironische Verbeugung an.
âDas ist der Kerl, vor dem ich am Strand abgehauen und in dieses Bunkerloch gefallen binâ, schaltete ich mich ein. âEr ist Strandkorbwärter am Lister Weststrand, und zwar der mieseste unter der Sonne. Und wenn mich nicht alles täuscht, war er heute Nachmittag schon mal hier und später hat er Frida gekidnappt.â Herausfordernd sah ich ihn an. âIrgendwie kam mir seine Silhouette bekannt vor, als Jan und ich ihn bei der Falltür zum Bunker entdeckten. Muss an dem niedlichen Bauchtäschchen liegen. Aber ich hab trotzdem nicht gleich geschnallt, wer er ist.â Der junge Mann, dessen hochgegelter Haarschopf etwas angestaubt aussah, blickte nach unten und fingerte nervös am Verschluss seiner Kunstledertasche herum. Als er wieder hochsah, schleuderten seine Katzenaugen mir wütende Blitze entgegen.
âDu sprichst von der Falltür, bei der Jan sich mit der Polizei treffen will?â, fragte Svea. Ich nickte und bemerkte aus den Augenwinkeln, wie Lars Andresen zusammenzuckte.
âPolizei?â, sagte Frida. âKrass. Aber heute Nachmittag hab ich den hier nicht gesehen.â Vorsichtig legte sie das Gewehr neben sich auf dem Schlafsack ab und strich sich mit ihren Dreckpfoten die Ponyfransen aus den Augen. âIch hab mich nur tierisch erschrocken, als ich aus dem Gang da ein Geräusch hörte. Hab ich dir ja schon erzählt, Fanny.â Treuherzig wie Urmel aus dem Eis blickte sie mich an. âDas war ja wirklich bescheuert vorhin, dass Mia mich
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