Tote essen kein Fast Food
Apothekerin hatte nicht mit Sicherheit feststellen können, dass irgendwas fehlte.â
âKein Wunder, diese Schachteln sehen ja auch alle gleich aus.â
âEben. Wie willst du dich da zurechtfinden, erst recht, wenn du die Regale nicht höchstpersönlich eingeräumt hast? Mensch, Jan, ich hab ein ungutes Gefühl im Bauch. Los, komm mit.â Ich drückte Frida Jaspers türkise Leine in die Hand und begann zu laufen. âMuss ganz dringend auf Kloâ, rief ich Svea zu, während Jan sich aufs Rad schwang. âWir sehen uns später!â
âKannst du das noch nicht alleine?â, fragte Svea und ich konnte förmlich sehen, wie sie dabei eine Augenbraue hochzog und ein fette Ladung Ironie aus ihren Augen blitzte.
Während ich uns aus der Küche was zu trinken besorgte, hatte Jan mein Notebook aus seinem Stand-by-Dämmer zum Leben erweckt und war dabei, den Suchbegriff âPhenhy...â zu googeln. âNun mach schonâ, murmelte er vor sich hin und es war ihm anzusehen, dass er das Notebook am liebsten geschubst hätte, um den elektronischen Info-Scan zu beschleunigen. Ich blickte ihm über die Schulter. âPhenhydan Filmtablettenâ, spuckte das Internet wenige Sekunden später aus. Und âAnti-Epileptikumâ. Jan lieà die Hände auf die Tastatur sinken.
âEpilepsieâ, sagte ich leise. âMia hat epileptische Anfälle.â
Jan klickte Phenhydan an und jeder für sich überflogen wir die verschiedenen Einträge. âPhenhydan scheint ein Notfallmedikament zu sein.â Mit dem Zeigefinger tippte Janauf dem Bildschirm die vierte Eintragung an, neben der eine Ampulle abgebildet war. âUnd in Tablettenform dient es zur Dauermedikation. Der Patient muss täglich eine Tablette nehmen, um das Anfallrisiko zu minimieren. Lebenslang. Stell dir das mal vor.â
âTäglich. Siehst du! Und Mias Tabletten waren alle.â
Unsere Blicke rasten über den Bildschirm. âSämtliche derzeit auf dem Markt befindlichen Antikonvulsiva unterdrücken epileptische Anfälle, heilen das Krampfleiden jedoch nicht. Charakteristische Nebenwirkungen: Schwindel, Müdigkeit, Ataxie.â
âWas ist das?â
âAtaxie â Störung der Bewegungskoordinationâ, schleuderte Wikipedia uns entgegen. Jan scrollte weiter nach unten.
âSieh mal.â
âLaut einer Meta-Analyse der amerikanischen Food and Drug Association (FDA) ist bei Patienten, die Antikonvulsiva einnehmen, die Suizidneigung signifikant erhöhtâ, stand dort, wo Jan den Bildschirm berührte.
âWas heiÃt das?â
âDie bringen sich schneller um.â
âKlingt nicht gut.â
âKlingt gar nicht gut.â Er gab den neuen Suchbegriff âEpilepsieâ ein.
âAltgriechisch für âder Anfallââ, lasen wir, âfrüher auch Fallsucht genannt. Es handelt sich um ein genetisch bedingtes spontan auftretendes Krampfleiden.â Meine Augen übersprangen ein paar Zeilen und blieben am Stichwort Komplikationen hängen. âWährend eines Anfalls kann es zuPlatz-, Schnitt-, Biss- und Risswunden kommen sowie zu Wirbelbrüchen durch extreme Anspannung der Rückenmuskulatur. Bei manchen Menschen treten Verwirrtheitszustände mit Desorientiertheit, Fehlhandlungen, Verhaltensauffälligkeiten bis hin zu aggressivem Verhalten auf.â
Es kamen noch ein paar Verhaltensregeln für Leute, die Zeugen eines epileptischen Anfalls wurden. Man solle Krampfende nicht festhalten, hieà es da, âausgenommen Badende, deren Kopf über Wasser zu halten istâ. Das war ja wohl logisch. Die meisten epileptischen Anfälle endeten angeblich spätestens nach wenigen Minuten von selbst.
âZiemlich ätzendes Krankheitsbildâ, sagte Jan.
âUnd tendenziell tödlich, wenn es dir am falschen Ort passiert. Oder wenn du ganz allein bist.â Ich klickte die Seite weg. âWir müssen so schnell wie möglich nach Hörnumâ, sagte ich. âIch bin ganz sicher, Mia versteckt sich bei diesen Betonklötzen, bis ihr Onkel Igel auftaucht. Und der ist ja bekanntlich erst mal auf der Polizeiwache beschäftigt.â
âAber wie kommen wir da jetzt so schnell hin? Die Busse fahren nur im Halbstundentakt und so früh morgens noch gar nicht.â
Mein Blick fiel auf Sveas Motorradhelm, der in der Diele neben Tante Hedis Regenmantel
Weitere Kostenlose Bücher