Tote essen kein Fast Food
wollen.
âAha. Du machst also doch Ferien hier. Ich dachte eher an eine Lehre zum Malergesellen oder so.â
Ich blickte an mir herunter. Martins blau gestreiftes Oberhemd war mit roten und weiÃen Farbklecksen übersät. Dito meine ausgefransten Jeans-Bermudas, die schon länger keine Waschmaschine mehr von innen gesehen hatten. DieHaare hatte ich notdürftig unter eine Baseballkappe gestopft, unter der mir zwei farbverschmierte Strähnen ins Gesicht wehten. Und wahrscheinlich hatte ich statt Sonnencreme rote Punkte im Gesicht. Na super. Das Sams auf Urlaub. Fehlte nur noch der Taucheranzug.
âOder zur Fachfrau für Haushaltsauflösungenâ, sagte ich.
âWas?â
âIch helfe meinem Vater dabei, das Haus meiner GroÃtante zu entrümpeln. Da ist ein Bikini eher unpraktisch.â
âUnd damit ruiniert er dir die Ferien? Mit der Entrümpelungsaktion?â
âNicht mit der Arbeit. Die stört mich nicht. Aber mit seiner neuen Freundin, von der ich eben erst erfahren habe und die offensichtlich morgen hier aufkreuzen wird. Mitsamt ihrer Tochter, für die ich dann womöglich den Babysitter spielen darf.â Wütend warf ich ein Häufchen Sand Richtung Strandkorb. Wütend auf Martin und wütend auf mich selbst. Wozu erzählte ich diesem Typen das eigentlich alles? Ich kannte ja noch nicht mal seinen Namen. Geschwätzigkeit gegenüber Leuten, die ich nicht kannte, war mir eigentlich zuwider.
âDas kenn ichâ, sagte er. âMir drücken sie auch ständig meine kleinen Cousins aufs Auge. Als Beschäftigungstherapie sozusagen und zum Ausgleich dafür, dass ich mit meinem Onkel und meiner Tante hier Urlaub machen darf.â Er pustete eine seiner blonden Ringellocken aus dem Gesicht. âMax und Moritz sind witzig, aber auch echt anstrengend. Ohne meine Kopfhörer hätten sie mir garantiert schon ein Ohr abgequatscht. Oder zwei.â Er lachte, was ein Grübchen auf seiner rechten Wange zum Vorschein brachte. Das linkefehlte, sodass sein Gesicht nicht ganz symmetrisch wirkte. Vielleicht hatten sie ihm das schon abgequatscht.
âMax und Moritz, echt jetzt?â
âKlar. Und ich bin Janâ, fügte er hinzu, als wären meine Gedanken gerade in Leuchtbuchstaben über meine Stirn gelaufen wie die Schlagzeilen bei der Tagesschau. âAus Berlin.â
âFanny. Hamburg.â
âHallo, Fanny. Nett, dich kennenzulernen.â
Ich spürte, wie ich rot wurde, und hoffte, dass man das unter den roten Punkten nicht bemerken würde. Wie einfach er das sagte. Ohne gleich den Obercoolen geben zu müssen, wie das bei den meisten Typen der Fall war.
âDanke gleichfallsâ, hörte ich mich sagen, während ich aufsprang und mir den Sand aus der Hose klopfte. âAber jetzt muss ich los.â
âWarâs das schon mit deinen Ferien? Oder besteht die Chance, dir noch mal am Strand zu begegnen?â
âBestimmtâ, antwortete ich vage, brachte ein schiefes Lächeln zustande und wandte mich zum Gehen.
âWo wohnst du denn?â, fragte Jan.
âDirekt hinter den Dünen. Dort wo der Staub zum Fenster rausfliegt. Oder wo man demnächst Schreie hört, weil ich Klein-Frida den Hals umgedreht habe.â
Ich ging davon und hätte mich gern noch einmal umgedreht, um zu gucken, ob er mir nachsah. Aber das verbot sich natürlich von selbst.
âTschüss dannâ, rief er mir hinterher. Ich hob die Hand und winkte, ohne mich umzublicken.
Als ich nach Hause kam, hatte Martin seine Supermarktbeute in Vorratskammer und Kühlschrank verstaut. Von ihm fehlte jede Spur. Nur Jasper lag träge unter Tante Hedis Boje im Schatten und schnarchte. Ich türmte meine Klamotten zu einem sandigen Haufen und verzog mich für eine Stunde ins Badezimmer. Als ich wieder rauskam, hatten meine Haare und mein Gesicht wieder ihre normale Farbe, und meine FuÃnägel leuchteten in metallic Petrol. Jetzt war mir wohler. Nur in meinem Kopf musste ich noch Ordnung schaffen. Aber dafür musste ich erst was in den Magen kriegen.
Ich holte mir aus der Küche ein halbes Baguette und plünderte Martins maritime Delikatessen in ihren durchsichtigen Plastikbehältern mit dem roten Hummer darauf, die er extra bei Gosch besorgt hatte. Sicher um das Wiedersehen mit Wüsten-Svea auf kulinarisch hohem Niveau zu feiern. Zusammen mit einem Becks Lemon trug ich alles in mein
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