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Tote im Salonwagen

Tote im Salonwagen

Titel: Tote im Salonwagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B Akunin
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brach der vereinte Zorn des schönen Geschlechts herein. Ich nehme an, sie bekamen ordentlich heißes Wasser, Fingernägel und spitze Fäuste zu spüren. Jedenfalls hatte ich draußen auf der Straße keine Verfolger mehr. Dort war es allerdings das flanierende Publikum, das meiner Wenigkeit die gebührende Aufmerksamkeit zukommen ließ. Glücklicherweise war es bis zum nächsten Revier nicht weit, sonst hätte ich als Schneemann geendet. Den Reviervorsteher zu überzeugen, daß ich der Vizedirektor des Polizeidepartements bin, war am schwierigsten. Aber sagen Sie, wie ist es Ihnen denn gelungen, bis auf die Straße zu kommen? Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen, habe alle Winkel im Badehaus durchstöbert, begriffen habe ich es nicht. Die Treppe, auf die Sie zugeflitzt sind, führt aufs Dach und nirgendwo andershin!«
    »Ich … habe einfach G-glück gehabt«, erwiderte Fandorin ausweichend. Beim Gedanken an den Schritt ins Leere schauderte ihn. Er mußte zugeben, daß der schlaue Petersburger weitaus einfacher und gewitzter aus der Klemme herausgefunden hatte.
    Posharski öffnete den Schrank und fing an, diverse Kleidungsstücke aufs Bett zu werfen.
    »Suchen Sie sich etwas Passendes aus. Und erklären Sie mir unterdessen eines. Vorgestern in Kabine sechs taten Sie so, als stünde des Rätsels Lösung unmittelbar ins Haus. Soll dasheißen, Sie haben mit der Möglichkeit eines Überfalls gerechnet? Und gehofft, daß der Verräter sich dabei entpuppt?«
    Fandorin nickte zögernd.
    »Und? Wer ist es?«
    Forschend blickte der Fürst dem Staatsrat ins Gesicht, das auf einmal sehr blaß war.
    »Sie haben noch nicht alle
meine
Fragen beantwortet«, sagte Fandorin schließlich.
    »Ach so, na gut.« Posharski setzte sich, schlug die Beine übereinander. »Dann fange ich am besten ganz von vorne an. Selbstverständlich hatten Sie recht mit Ihrer Vermutung, daß ein Doppelagent im Spiel sein muß, das war mir sofort klar. Und auch für mich gab es eigentlich nur einen Verdächtigen. Eine Verdächtige, besser gesagt – unsere geheimnisumwobene Diana.«
    »Aber w-wieso haben Sie dann …«
    Mit einer knappen Geste gab Posharski zu verstehen, daß er die Frage vorausgesehen hatte und gerade darauf eingehen wollte.
    »Nur um Ihre Befürchtungen zu zerstreuen, daß ich Ihnen ins Gehege kommen könnte. Pardon, mein lieber Fandorin, ich trage nun mal keine Scheuklappen. Das dürften Sie, nebenbei gesagt, längst gemerkt haben. Dachten Sie wirklich, ich würde von einem Agenten und von einem Droschkenkutscher zum anderen laufen wie ein Pinscher und idiotische Fragen stellen? Nein, ich zog es vor, unauffällig in Ihrem Kielwasser mitzusegeln, und tatsächlich haben Sie mich in das bescheidene Anwesen am Arbat geführt, wo unsere Gorgone Medusa logiert. Und Sie brauchen nicht gleich empört die Stirn in Falten zu legen! Gut, es war vielleicht nicht edel von mir, aber Sie haben sich auch nicht gerade kooperativ verhalten.Erzählen mir von Diana, verschweigen aber ihre Adresse. Nennt sich das Zusammenarbeit?«
    Fandorin beschloß, daß übelzunehmen nicht lohnte. Erstens konnte man diesem Warägersprößling ohnehin nicht begreiflich machen, was persönliche Ehre war. Und zweitens war er, Fandorin, selbst schuld – er hätte besser aufpassen sollen.
    »Ich gestand Ihnen natürlich das Recht der ersten Nacht zu«, fuhr der Fürst mit mokantem Lächeln fort. »Aber Sie haben sich nicht lange aufgehalten in der Klause unserer liebreizenden Verführerin. Und als Sie den Palast verließen, schauten Sie dermaßen zufrieden drein, daß ich, ehrlich gesagt, ein bißchen eifersüchtig war. Sollte Fandorin sie tatsächlich geknackt haben, und das auch noch so atemberaubend schnell? Aber das Benehmen der schönen Hexe ließ mich dann wissen, daß Sie mit leeren Händen gegangen waren.«
    »Haben Sie mit ihr gesprochen?« fragte der Staatsrat verblüfft.
    Posharski lachte meckernd, anscheinend bereitete ihm die Unterhaltung viel Spaß.
    »Und nicht nur gesprochen … Schon wieder diese bösen Stirnfalten, mein Gott! Da stehen Sie nun im Ruf des größten Don Juan von ganz Moskau – und verstehen von Frauen nicht sooviel! Unsere arme Diana ist von heute auf morgen verwaist, fühlt sich vernachlässigt, von niemandem gebraucht. Erst scharwenzelten gleich mehrere angesehene, einflußreiche Kavaliere um sie herum, und plötzlich ist sie eine einfache ›Mitarbeiterin‹, die sich noch dazu arg weit vorgewagt hat. Könnte man es ihr verdenken,

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