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Tote lieben laenger

Tote lieben laenger

Titel: Tote lieben laenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Nicholson
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wandte meinen Blick ab. Das war zwar verdammt schwer, aber ihre durch Kohlenmonoxidvergiftung marmorierte Haut war doch ein gewisser Stimmungskiller.
    "Die Frau auf dem Foto", sagte sie mit leiser und neckender Stimme. "Auf deinem Fernseher. Macht sie das, worauf du stehst?"
    Das, worauf ich stehe. Wenn man über einen längeren Zeitraum mit einer Person intim ist, wird man verletzbar und enthüllt langsam seine wirklichen Wünsche. Man lässt sie Sachen ausprobieren, die während One-Night-Stands niemals passieren. Man holt seine Fantasien aus dem Kopf auf den Spielplatz der Liebe.
    Wenn man dann mit der nächsten Person zusammen ist, oder der übernächsten, kann man nicht erwarten, sofort das volle Menü vorgesetzt zu bekommen. Sie müssen am Buffet kosten, die Speisekarte studieren, an Dingen knabbern, um zu sehen, was ihnen schmeckt. Man kann nicht einfach sagen: "Na los, meine letzte Partnerin hat das auch gemacht."
    Das ist unangenehm, manchmal sogar sehr.
    Diana war trotz all ihrer Fehler ziemlich gut in einigen Dingen. Sie wusste, wie man die Nachspeise serviert. Ich konnte nicht anders, als mir die Lippen zu lecken. Sie waren ausgetrocknet und aufgesprungen von der Hitze im Zimmer.
    "Ich sehne mich", sagte sie und zog das mittlere Wort zu Stöhnen in die Länge. Sie spreizte die Beine und reckte mir ihre Hüfte entgegen. Ich schwöre, dass eine kleine Rauchfahne emporstieg. Meine Hände gingen an meinen Hals, um meine Krawatte zu lockern oder um mich zu erwürgen.
    "Das ist nicht gut", sagte ich.
    "Es fühlt sich aber gut an", antwortete sie und führte eine ihrer Hände an sich hinunter, um zu spielen.
    "Es ist vorbei", sagte ich. "Ich kann dich nicht–"
    "Komm schon, Liebling. Ich bin deine Frau."
    "Nein, das ist vorbei."
    "Das gehörte dir. War alles deins. Und niemand konnte es sich je so gut nehmen wie du."
    Verdammt. Sie traf mich in meinem männlichen Stolz. Sie wusste sehr gut, wie man mit mir spielen musste. Meine Finger lösten meine Krawatte und fummelten an den Hemdknöpfen herum.
    "Es ist kein Betrug", sagte sie. "Du hast ja nichts versprochen."
    "Kein Betrug", sagte ich und war froh, dass Lees Foto im anderen Zimmer war. Ich wollte ihre Augen nicht auf mich gerichtet wissen. Obwohl sie dann ein paar Dinge über mich lernen könnte. Einige Fantasien und einige Wirklichkeiten.
    Meine Hose glitt problemlos hinunter. Ich blickte nicht hin. Wenn man stirbt, möchte man, dass alles genau so funktioniert wie zuvor. Alles. Ich war mir nicht sicher, ob ich irgendetwas spürte. Man pulsiert nicht sonderlich, wenn das Herz nicht mehr schlägt.
    Aber ich war bereit. Sie war Eva, Isebel, Delila, eine Sirene, eine Selkie, ein Sukkubus, jede Versucherin, die jemals erdacht worden war. 80 C, genau wie ich sie mochte. Verbotene Früchte.
    Ich streckte mich nach ihr, lehnte mich über das Bett und ließ mich in Richtung des dampfenden Fleisches fallen, dabei nicht auf die Verbrennungen achtend, die ich mir zuziehen konnte.
    Ich landete nackt auf dem kalten Bettzeug. Ihr Gelächter tönte von allen Ecken des Zimmers. Ihre Stimme klang wie aus einem entfernten Liftschacht: "Was Lee wohl dazu sagen würde."
    Diese Runde ging an Diana. Und sie hatte meine Batterien ausgelaugt. Ich konnte nur vom Selbstekel gepackt daliegen und darüber spekulieren, ob der Tod wirklich irgendetwas änderte, ob all die Griffe nach Erlösung vergeblich waren, ob wir bestimmt waren, bei jeder Drehung des karmischen Rades die gleichen Fehler zu begehen. Würde ich je etwas anderes zustande bringen als Versagen?
    Ich musste eingeschlafen sein, denn ich träumte, dass ich aufgab. Ich nahm den Lift zum obersten Stockwerk meines Gebäudes und kletterte die kleine Leiter zum Zugang auf das Dach hinauf. Dann blickte ich auf all die Lichter hinunter. Die Stadt war wie ein gigantischer Weihnachtsbaum, sie blinkte rot und grün und silbern. Und die Ausdehnung des Himmels, die Gebäude, die sich bis zum Pazifik erstreckten, die abgerundeten und sandigen Hügel, das Wirrwarr der Autobahnen, all das sorgte dafür, dass ich mir klein und verloren vorkam.
    Durch den Smog konnte ich eine Ansammlung trüber Sterne sehen. Diese Sterne waren trist und so weit entfernt, dass sie mein Gefühl der Bedeutungslosigkeit noch verstärkten. Warum sollte ich meine eigene Ermordung aufklären, wenn ich so oder so tot war? Warum spielte ich überhaupt eine Rolle, wo ich doch nichts war außer ein paar Nebelfetzen, eine Handvoll Staub und eine willkürliche

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