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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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bekommen? War ein Fremder an der Tür?« Ich dachte an Gabby. »Oder ist ihr vielleicht auf der Straße jemand gefolgt?«
    Monsieur Champoux schüttelte abermals den Kopf.
    »Hätte sie Ihnen so etwas erzählt?«
    »Wenn wir miteinander gesprochen hätten, vermutlich schon. Aber wir hatten damals kaum Zeit dafür.«
    Ich versuchte es auf eine andere Weise.
    »Als sie getötet wurde, war es Januar. Es war kalt, so daß wohl kaum ein Fenster offengestanden war. Hat Ihre Frau denn die Tür abgesperrt, wenn sie im Haus war?«
    »Ja. Sie hat sich hier nicht sonderlich sicher gefühlt. Ich war es, der sie zum Kauf dieses Hauses überredete, sie selber hätte lieber in einem Hochhaus mit Alarmanlage und Sicherheitsdienst gewohnt.
    Hier in der Gegend laufen ein paar ziemlich wilde Gestalten herum, die meiner Frau nicht geheuer waren. Obwohl ihr das Haus an sich und der kleine Garten eigentlich gefielen, hat sie sich hier nie so richtig eingelebt. Deshalb hatten wir auch vor, von hier wegzuziehen. Bei ihrer Arbeit hatte Francine häufig in ziemlich rauhen Gegenden zu tun, und da wollte sie wenigstens zu Hause das Gefühl von Sicherheit haben. Geborgenheit, so hat sie es genannt. Sie wollte geborgen sein. Verstehen Sie das?«
    Ja. Und wie ich das verstand.
    »Wann haben Sie Ihre Frau zum letzten Mal gesehen, Monsieur Champoux?«
    Er atmete tief ein und danach geräuschvoll aus. »Sie wurde an einem Donnerstag getötet. Am Abend zuvor hatte sie bis spät in die Nacht hinein gearbeitet. Wegen des Brandes, wissen Sie. Ich war schon im Bett, als sie heimkam.«
    Er ließ den Kopf sinken und starrte wieder hinunter aufs Parkett. Ich sah, daß seine Wangen von kleinen, geplatzten Blutgefäßen gerötet waren.
    »Als sie ins Bett kam, wollte sie mir noch erzählen, wo sie gewesen war und was sie alles getan hatte. Aber ich wollte es nicht hören.«
    Ich sah, wie sich seine Brust unter dem Sweatshirt hob und senkte.
    »Am nächsten Tag stand ich früh auf und fuhr in die Stadt. Ich habe mich nicht einmal von ihr verabschiedet.«
    Wir saßen eine Weile schweigend da.
    »Heute bereue ich es, aber ich kann es nicht wieder rückgängig machen.« Er hob den Kopf und blickte hinüber zu den Aquarien. »Ich war neidisch auf sie, weil sie Arbeit hatte und ich keine. Das habe ich sie häufig spüren lassen. Und jetzt muß ich mit dieser Erinnerung leben.«
    Noch bevor ich ein paar tröstende Worte überlegen konnte, sah er mir direkt in die Augen. Sein Gesicht war angespannt, und seine Stimme härter als vorher.
    »Als Francine aus dem Haus war, fuhr ich zu meinem Schwager, der mir einen Job vermitteln wollte. Ich war den ganzen Vormittag über dort und dann… dann kam ich gegen Mittag hierher, und meine Frau war schon tot. Die Polizei hat alle meine Angaben überprüft.«
    »Monsieur Champoux, ich wollte keinesfalls andeuten, daß Sie…«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, wozu dieses Gespräch gut sein soll. Wir kauen das Ganze doch bloß zum hundertsten Mal durch, sonst nichts.«
    Er stand auf und bedeutete mir damit, daß ich gehen sollte.
    »Es tut mir leid, wenn ich schmerzliche Erinnerungen in Ihnen wachgerufen habe.«
    Er sah mich einen Augenblick wortlos an, dann drehte er sich um und ging zur Tür. Ich folgte ihm.
    »Vielen Dank, daß Sie mir Ihre Zeit geopfert haben, Monsieur Champoux«, sagte ich und gab ihm meine Karte. »Wenn Ihnen sonst noch etwas einfällt, können Sie mich jederzeit anrufen.«
    Er nickte. Sein Gesicht hatte den stumpfen Ausdruck eines Mannes, der es sich nicht verzeihen konnte, daß seine letzten Worte zu seiner geliebten Frau von kleinlichem Neid diktiert gewesen waren. Er machte es sich zum Vorwurf, daß er sich nicht richtig von ihr verabschiedet hatte. Aber kann man das denn überhaupt? Sich von einem Menschen richtig verabschieden?
    Als ich zu meinem Auto zurückging, fühlte ich seine Blicke auf meinem Rücken. Trotz der Hitze fröstelte ich innerlich und stieg so rasch ich konnte ein.
    Das Gespräch mit Champoux hatte mich ziemlich mitgenommen, und auf der Heimfahrt stellte ich mir eine Menge Fragen.
    Woher nahm ich das Recht, die Wunden dieses Mannes wieder aufzureißen?
    Ich mußte an seine Augen denken, in denen so viel Leid gewesen war. Aber war ich wirklich dafür verantwortlich?
    Nein. Champoux quälte sich auch ohne mein Zutun. Es kam mir so vor, als würde er im nachhinein etwas bereuen.
    Aber was? Hatte er seine Frau vielleicht geschlagen?
    Nein, dazu war er nicht der Typ.
    Er bereute, daß er

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