Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan
schließlich.
»Die Aquarien?«
»Ja. Und die Messersammlung.«
»Was für eine Messersammlung?«
»Der Dreckskerl hat mehr medizinisches Besteck als ein orthopädischer Chirurg. Messer, Rasierklingen, Skalpelle. Das Zeug war unter dem Bett versteckt, zusammen mit einer Klinikpackung Latexhandschuhe.«
»Ein einsamer Messerfetischist. Ganz was Tolles.«
»Und natürlich haben wir auch die übliche Pornogalerie gefunden. Gut benützt.«
»Was noch?«
»Der Kerl hat ein Auto.« Wieder Papierknistern. »Einen 1987er Ford Probe. In der Nachbarschaft haben wir ihn nicht gefunden, also haben wir ihn zur Fahndung ausgeschrieben. Außerdem haben wir heute früh Tanguays Führerscheinphoto bekommen und ebenfalls an alle Einheiten rausgeschickt.«
»Und sonst?«
»Ich weiß nicht, wie Sie darüber denken, aber ich glaube, daß Mathieus Großmutter recht hatte. Der Bursche ist nicht gerade jemand, der sich ins Gedächtnis einprägt. Aber vielleicht liegt das auch bloß an der Faxkopie, die ich von seinem Photo bekommen habe.«
»Könnte es St. Jacques sein?«
»Möglich wäre es schon. Aber er könnte ebensogut Jean Chrétien oder der Mann sein, der auf der Rue St. Paul die Hotdogs verkauft. Richard Petty ist allerdings aus dem Schneider, denn der hat einen Schnurrbart.«
»Sie sind ein echter Witzbold, Ryan.«
»Unser Mann hat nicht die kleinste Vorstrafe. Nicht mal einen Strafzettel wegen Falschparkens. Er war bisher ein vorbildlich guter Junge.«
»Stimmt. Ein guter Junge, der Messer und Pornohefte sammelt und kleine Säugetiere seziert.«
Pause.
»Was waren das überhaupt für Tiere?«
»Das wissen wir noch nicht. Wir haben jemanden von der Universität zu Rate gezogen.«
Ich schaute auf das Wort auf meinem Block und schluckte schwer.
»Waren irgendwelche Fingerabdrücke in dem Handschuh, der bei Gabby gelegen hat?« Es fiel mir sogar schwer, ihren Namen auszusprechen.
»Nein.«
»Wie erwartet.«
»Ja.«
Ich hörte Ryans Kollegen im Hintergrund sprechen.
»Ich würde Ihnen gerne eine Kopie des Führerscheinphotos vorbeibringen, damit Sie in etwa wissen, wie er aussieht. Nur für den Fall, daß er Ihnen über den Weg läuft. Ich halte es übrigens nach wie vor für besser, wenn Sie in Ihrer Wohnung bleiben, bis wir den Scheißkerl dingfest gemacht haben.«
»Sie brauchen nicht vorbeizukommen. Ich fahre heute ins Labor. Wenn die Spurensicherung mit den Handschuhen fertig ist, dann möchte ich sie ins biologische Labor bringen und danach Lacroix zeigen.«
»Ich finde, Sie sollten wirklich –«
»Lassen Sie doch den Macho-Scheiß, Ryan.«
Ich hörte, wie er tief ein- und dann laut ausatmete.
»Halten Sie etwas vor mir zurück?«
»Nein, Brennan. Ich habe Ihnen alles erzählt, was ich weiß.«
»Ich bin in dreißig Minuten bei Ihnen.«
In weniger als einer halben Stunde war ich im Labor und veranlaßte, daß die Spurensicherung, die mit der Untersuchung der Handschuhe fertig war, sie in die biologische Abteilung schickte.
Ich sah auf meine Uhr – es war zwanzig vor eins. Ich rief bei der CUM an, um zu fragen, ob ich die Photos sehen könnte, die in St. Jacques’ Unterschlupf in der Rue Berger gemacht worden waren. Leider waren alle beim Mittagessen, und so hinterließ ich eine Nachricht.
Um ein Uhr ging ich ins biologische Labor, wo eine Frau mit abstehenden Haaren und einem dicken, rosigen Gesicht, das mich immer an einen Rauschgoldengel erinnerte, gerade ein Reagenzglas mit einer Flüssigkeit schüttelte. Auf der Arbeitsfläche hinter ihr lagen die beiden Latexhandschuhe.
» Bonjour , Françoise«, sagte ich.
»Ah. Ich dachte schon, daß Sie heute bei mir vorbeischauen würden.« Die Augen in dem Engelsgesicht blickten besorgt drein. »Ich weiß nicht so recht, was ich zu Ihnen sagen soll.«
»Es ist schon in Ordnung. Merci .« Ich deutete auf die Handschuhe. »Haben Sie schon etwas herausgefunden?«
»Der hier ist sauber. Kein Blut«, sagte sie und zeigte auf den Handschuh, den wir bei Gabby gefunden hatten. »Mit dem Handschuh aus der Küche fange ich gerade an. Wollen Sie zusehen?«
»Ja.«
»Ich habe von den braunen Flecken darauf eine Probe genommen und rehydriere sie gerade in Salzlösung.«
Sie betrachtete die Flüssigkeit in dem Reagenzglas und stellte es in die Ablage neben die anderen. Dann nahm sie eine Glaspipette mit einer langen Spitze. Diese hielt sie über eine offene Flamme, um sie zu verschließen und brach dann die Spitze ab.
»Zuerst mache ich den Test auf
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