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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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das letzte, was sie in diesem Leben wahrgenommen hatte?
    Ryan sprach mit Charbonneau, und Bruchstücke ihrer Konversation drifteten durch die stickig heiße Luft zu mir herüber. Wo ist Claudel? Weggefahren. Wir müssen den Polizeipräsidenten verständigen. Nachsehen, ob es Keller- oder Lagerräume gibt. Schlüssel besorgen.
    Charbonneau verließ die Wohnung und kam bald darauf mit einer Frau in mittleren Jahren zurück, die eine Kittelschürze und Pantoffeln trug. Zusammen mit dem Mann, der die Bücher eingepackt hatte, gingen sie wieder hinaus.
    Immer wieder bot Ryan mir an, mich nach Hause zu fahren. Ich könne hier doch ohnehin nichts tun, sagte er mit sanfter Stimme. Ich wußte das, aber ich konnte einfach nicht gehen.
    Gegen vier kam Mathieus Großmutter, die sich uns gegenüber weder feindselig noch kooperativ verhielt. Widerstrebend ließ sie sich eine Beschreibung von Tanguay entlocken. Ein ruhiger Mann mit braunem, schon etwas lichtem Haar. Mittelgroß, mittelschwer. Alles mittel. Ihre Angaben hätten auf die Hälfte aller Männer in Nordamerika zugetroffen. Sie hatte keine Ahnung, wo er sein könnte und wie lange er wegbleiben würde. Er sei auch früher schon mal weg gewesen, aber nie sonderlich lange. Sie habe es nur daran bemerkt, daß er Mathieu gebeten habe, die Fische zu füttern. Monsieur Tanguay sei immer sehr nett zu Mathieu gewesen und habe ihm Geld dafür gegeben, daß er die Fische pflegte. Mehr wisse sie nicht über ihn, denn sie habe ihn nur selten gesehen. Sie dachte, daß er einen Arbeitsplatz und ein Auto habe, war sich aber nicht sicher. Es sei ihr auch egal, sagte sie. Sie wolle sich in nichts einmischen.
    Die Spurensicherung blieb bis zum späten Abend in der Wohnung, aber ich hatte um fünf Uhr nachmittags genug und ließ mich von Ryan nach Hause bringen.
    Während der Fahrt sprachen wir nur wenig. Ryan wiederholte lediglich das, was er mir schon vor Tagen am Telefon gesagt hatte. Ich solle zu Hause bleiben und keine nächtlichen Solotouren mehr unternehmen. Die Polizei werde meine Wohnung rund um die Uhr bewachen.
    »Schimpfen Sie nicht mit mir, Ryan«, sagte ich mit einer Stimme, die meinen labilen Gefühlszustand verriet.
    Den Rest des Weges herrschte gereiztes Schweigen. Vor meinem Haus hielt Ryan an, stellte den Motor ab und wandte sich mir zu. Ich spürte, wie er mich von der Seite ansah.
    »Passen Sie auf, Brennan. Ich will Ihnen nichts Böses. Und ich verspreche Ihnen, daß wir diesen Drecksack schnappen. Ich will lediglich sicherstellen, daß Sie das noch miterleben.«
    Seine Besorgtheit berührte mich mehr, als ich bereit war zuzugeben.
     
    Bald lief die Fahndung auf vollen Touren. Tanguays Personenbeschreibung ging an jeden Polizisten in Quebec, an die Ontario Provincial Police, die Royal Canadian Mounted Police und an die Behörden in den Staaten New York und Vermont. Aber Quebec ist groß, und die Grenzen sind durchlässig. Tanguay konnte sich irgendwo versteckt halten oder die Provinz schon längst verlassen haben.
    In den folgenden Tagen ging ich immer wieder die verschiedenen Möglichkeiten durch. Tanguay konnte irgendwo untergekrochen sein und warten, bis sich die Lage wieder beruhigt hatte. Vielleicht war er ja auch tot, oder er hatte die Stadt für immer verlassen. Serienmörder tun so etwas häufiger. Wenn sie Gefahr wittern, brechen sie die Zelte ab und suchen sich einen neuen Betätigungsort. Manche werden niemals geschnappt. Aber diesem würde das nicht gelingen. Das würde ich nicht zulassen.
    Am Sonntag blieb ich den ganzen Tag zu Hause und tat mit Birdie das, was die Franzosen coconer und die Amerikaner cocooning nennen: Ich igelte mich in meinen vier Wänden ein. Den ganzen Tag über blieb ich im Schlafanzug und schaltete weder Radio noch Fernseher ein. Ich ertrug es nicht, Gabbys Bild in den Nachrichten zu sehen oder die zum x-ten Mal wiederholten Beschreibungen von Opfer und Tatverdächtigem zu hören. Nur dreimal griff ich zum Telefon. Als erstes rief ich meine Tante in Chicago an. Alles Gute zum Geburtstag, Tantchen. Vierundachtzig Jahre. Gut gemacht.
    Der nächste Anruf galt Katy. Ich wußte, daß sie in Charlotte war, aber ich wollte mich noch einmal vergewissern. Es war niemand daheim. Wie immer. Schrecklich, daß sie so weit weg war. Nein. Es war gut, daß sie so weit weg war. Ich wollte nicht, daß meine Tochter auch nur in der Nähe des Monstrums war, das ihr Bild gehabt hatte. Sie sollte es nicht einmal erfahren.
    Schließlich rief ich noch

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