Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan
dieselben.
»Und jetzt sehen Sie sich mal das hier an«, sagte Lacroix und legte zwei andere Ausdrucke vor mich hin. Auch hier gab es Unterschiede, aber die generelle Zusammensetzung war dieselbe.
Dann aber hielt ich den Atem an. Die Säulen auf den Ausdrucken kamen mir bekannt vor. Ich warf einen Blick auf die Buchstaben. Zn. Fe. Ca. S. Si. Mg. Die Säulen für Zink, Silizium und Kalzium waren hoch, die der anderen Elemente ziemlich klein. Ich verglich den Ausdruck mit dem, den wir von dem bei Gabby gefundenen Handschuh gemacht hatten. Das Muster war fast identisch.
»Ist es richtig, daß diese Ausdrucke von Handschuhen desselben Herstellers gemacht wurden, Monsieur Lacroix?«
»Ganz genau. Das wollte ich Ihnen ja zeigen. Vielleicht sogar aus derselben Packung. Mir ist nämlich eben eingefallen, daß wir schon einmal einen Fall hatten, in dem ein Latexhandschuh eine Rolle spielte.«
»Und was war das für ein Fall?« fragte ich mit klopfendem Herzen.
»Er ist erst ein paar Wochen her«, antwortete Lacroix und blätterte zurück zum ersten Blatt des Ausdrucks. Numéro d’événement: 327468. »Ich kann ihn mir rasch mal auf den Computer holen, wenn Sie wollen.«
»Ja, bitte.«
Sekunden später war der Bildschirm voller Daten.
Numéro d’événement: 327468. Numéro de LML: 29427. Anfordernde Behörde: CUM. Untersuchende Beamte: L. Claudel und M. Charbonneau. Fundort: 1422 Rue Berger. Datum: 24.06.94
Ein alter Gummihandschuh. Vielleicht macht er sich Sorgen wegen seiner Fingernägel. Ich erinnere mich genau, wie Claudel mir von dem Fund in der Rue Berger erzählt hatte. Ich hatte damals gedacht, er meinte einen Handschuh, wie man ihn zum Putzen und Spülen verwendet! Jetzt kam heraus, daß St. Jacques einen Latexhandschuh hatte. Und dieser Handschuh war praktisch identisch mit dem aus Gabbys Grab!
Ich dankte Monsieur Lacroix, nahm die Ausdrucke und die Handschuhe mit und ging. Während ich die Handschuhe in die Asservatenkammer brachte, ging ich das eben Gehörte noch einmal durch. Der Handschuh aus Tanguays Küche paßte nicht zu dem bei Gabby gefundenen. Auf ersterem waren Tanguays Fingerabdrücke sowie das Blut eines Nagetiers, letzterer wies weder Blut noch Fingerabdrücke auf. Und er paßte zu dem Handschuh, den Claudel in St. Jacques’ Unterschlupf gefunden hatte. Hatte Bertrand recht? Waren Tanguay und St. Jacques ein und dieselbe Person?
Als ich in mein Büro kam, lag ein rosa Notizzettel auf meinem Schreibtisch. Die Spurensicherung der CUM hatte angerufen und mitgeteilt, daß die Bilder aus der Wohnung in der Rue Berger auf einer Photo-CD archiviert seien. Ich könne sie mir in ihrem Büro ansehen oder mir die CD ausleihen. Ich rief an und sagte, daß ich mir die CD gleich holen würde.
Als ich zum Präsidium der CUM fuhr, verfluchte ich die Massen von Touristenfahrzeugen, die sämtliche Straßen rings um den alten Hafen verstopften. Ich stellte den Wagen in der zweiten Reihe ab und lief die Stufen hinauf zum Sergeant am Empfang, der zu meinem großen Erstaunen die Photo-CD schon für mich bereitliegen hatte. Ich unterschrieb für ihren Erhalt, rannte zurück zu meinem Wagen und steckte die CD in meine Aktentasche.
Auf dem Heimweg hatte ich die ganze Zeit Angst, daß mich Tanguay mit seinem Auto verfolgen könnte. Oder war es St. Jacques? Fast zwanghaft blickte ich alle paar Meter in den Rückspiegel oder über die Schulter.
37
Gegen halb sechs kam ich nach Hause. Ich saß erst einmal eine Weile in meiner stillen Wohnung und überlegte mir, was ich tun könnte. Die Antwort war: Nichts. Ryan hatte recht. Es war gut möglich, daß Tanguay irgendwo da draußen auf seine Chance lauerte, mich umzubringen. Ich hatte nicht vor, ihm dabei zu helfen.
Aber ich mußte etwas essen. Und ich mußte mich beschäftigen.
Als ich aus der Vordertür des Hauses trat, sah ich mich auf der Straße um, bis ich links von der Pizzeria den Streifenwagen entdeckte. Ich nickte den beiden uniformierten Polizisten zu und deutete in Richtung auf die Rue Ste. Catherine. Die beiden wechselten ein paar Worte, dann stieg einer von ihnen aus. Meine Straße kreuzt sich nicht weit vom Le Faubourg entfernt mit der Rue Ste. Catherine. Als ich auf den Markt zuging, spürte ich, daß der Polizist, der hinter mir hergehen mußte, ziemlich sauer auf mich war. Aber das machte nichts. Im Labor hatte ich gar nicht bemerkt, was für ein herrlicher Tag es war. Die Hitze war vorbei, und große, weiße Wolken schwebten über den
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