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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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den Prostituierten gehen? Die müssen doch in diesem Umfeld eine große Rolle spielen. Sprichst du mit denen auch?« fragte ich nach und rollte Spaghetti auf meine Gabel.
    »Ich… Ja, mit ein paar von ihnen schon«, stammelte Gabby, die ich mit meinen Fragen sichtlich aus dem Konzept gebracht hatte. Sie machte eine kurze Pause. »Aber jetzt haben wir genug von mir gesprochen, Tempe. Erzähl mir, woran du gerade arbeitest. Hast du irgendwelche interessanten Fälle?« Gabby blickte dabei nicht von ihrem Teller auf.
    Der Themenwechsel traf mich völlig unvorbereitet, und deshalb antwortete ich, ohne groß nachzudenken.
    »Diese Morde gehen mir ganz schön unter die Haut«, sagte ich und bereute die Worte, kaum hatte ich sie ausgesprochen.
    »Was für Morde denn?« Gabbys Zunge war jetzt schon ziemlich schwer, so daß ihre Worte weich und abgeschliffen klangen.
    »Seit vergangenen Donnerstag haben wir einen ziemlich schlimmen Fall«, antwortete ich. Dabei beließ ich es. Gabby hatte sich noch nie sonderlich für meine Arbeit interessiert.
    »Tatsächlich?« Sie nahm sich ein Stück Brot aus dem Korb. Ihre Frage war die reine Höflichkeit. Sie hatte mir von ihrer Arbeit erzählt, jetzt wollte sie zuhören, wenn ich von meiner sprach.
    »Ja. Seltsamerweise war das Interesse der Presse sehr gering. Letzte Woche wurde auf dem Gelände des Grand Seminaire eine nicht identifizierte weibliche Leiche gefunden. Sieht so aus, als wäre sie im April ermordet worden.«
    »Aber so sehen doch die meisten deiner Fälle aus. Was ist daran so erschütternd?«
    Ich lehnte mich zurück, sah sie an und fragte mich, ob ich mir das wirklich antun sollte. Vielleicht war es ja besser, wenn ich meine Befürchtungen aussprach. Aber für wen? Für mich? Außer Gabby gab es niemanden, dem ich mich anvertrauen konnte.
    »Die Leiche war verstümmelt. Der Mörder hat sie zerstückelt und in ein Gebüsch geworfen.«
    Gabby sah mich an, ohne etwas zu sagen.
    »Ich glaube, daß der Fall einem anderen ähnelt, den ich vor einiger Zeit untersucht habe.«
    »Inwiefern?«
    »Die Fälle haben beide…« Ich suchte nach Worten, »… gewisse gemeinsame Elemente.«
    »Zum Beispiel?« Gabby griff nach ihrem Glas.
    »Brutale Schläge, Verstümmelungen.«
    »Aber so was ist doch nichts Außergewöhnliches, oder? Köpfe einschlagen, Erdrosseln, Aufschlitzen. Das gehört nun mal ins Repertoire männlicher Brutalität gegen Frauen.«
    »Stimmt«, gab ich zu. »Aber bei diesem Opfer kenne ich nicht mal die Todesursache. Dazu war die Leiche zu stark verwest.«
    Gabby machte ein unbehagliches Gesicht. Vielleicht hatte ich einen Fehler gemacht.
    »Was beunruhigt dich sonst noch?« Sie hielt ihr Glas in der Hand, trank aber nicht.
    »Die Art der Verstümmelungen. Daß die Tote aufgeschlitzt und zerstückelt wurde. Und…« Ich brachte den Satz nicht zu Ende, weil ich an den Gummisauger denken mußte. Ich wußte noch immer nicht, was er bedeutete.
    »Und du glaubst, daß derselbe Bastard beide Frauen auf dem Gewissen hat?«
    »Ja, aber das kann ich dem Idioten, der den Fall untersucht, nicht klarmachen. Er will sich den zweiten Mord nicht einmal ansehen.«
    »Für mich sieht es nach einem dieser Drecksäcke aus, die sich daran aufgeilen, daß sie wehrlose Frauen abschlachten.«
    Ich antwortete, ohne aufzublicken. »Das glaube ich auch.«
    »Und du meinst, daß er es wieder tun wird?«
    Ihre Stimme klang jetzt wieder schärfer, die Schwere von vorhin war vollständig daraus verschwunden. Ich legte meine Gabel auf den Teller und sah Gabby an. Sie starrte mit durchdringendem Blick zu mir herüber. Dabei hatte sie den Kopf leicht vorgestreckt, und ihre Finger umklammerten noch immer den Stiel ihres Weinglases. Weil ihre Hand ein wenig zitterte, schlug der Wein im Glas kleine Wellen.
    »Gabby, es tut mir leid«, sagte ich. »Ich hätte dir das alles nicht erzählen dürfen. Bist du in Ordnung, Gabby?«
    Sie setzte sich gerade hin und stellte das Glas auf den Tisch, wo sie es erst nach einer ganzen Weile losließ. Dabei sah sie mich noch immer unverwandt an. Ich winkte dem Kellner.
    »Möchtest du auch einen Kaffee?«
    Gabby nickte.
    Wir genehmigten uns Cannoli und Cappucino zum Nachtisch. Gabbys Stimmung besserte sich wieder, als wir über unser Studium im Zeitalter des Wassermanns sprachen. Damals hatten wir schnurgerade, lange Haare gehabt und gebatikte T-Shirts und Jeans getragen, die an den Hüften eng und unten weit ausgestellt gewesen waren. Heute mußten wir beide über

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