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Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Tote lügen nicht: 1. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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teilweise treu. Während wir auf unsere Salate warteten, nippte ich an meinem Perrier-Mineralwasser und unterhielt mich mit Gabby. In Wirklichkeit allerdings bewegten wir eigentlich nur unsere Lippen und sagten belangloses Zeug. Nach einer Weile gaben wir es auf und saßen schweigend da. Dieses Schweigen war nicht das wortlose Einverständnis zwischen alten Freunden, sondern ein Ausdruck unseres Unbehagens.
    Nun kannte ich die sich abwechselnden Höhen und Tiefen von Gabbys Stimmung fast so gut wie meinen eigenen Menstruationszyklus und wußte genau, daß sie nervös und angespannt war. Sie vermied es, mir in die Augen zu sehen und suchte statt dessen, wie vorhin im Park, ohne Unterlaß die Gesichter der vorbeiflanierenden Passanten ab. Wenn ich etwas sagte, schien sie nicht bei der Sache zu sein, und sie trank rascher, als es sonst bei ihr der Fall war. Jedesmal, wenn sie das Weinglas an ihre Lippen führte, leuchtete der Chianti so verführerisch im Abendlicht wie ein Sonnenuntergang in North Carolina.
    Irgendwas schien ihr gegen den Strich zu gehen. Ich kannte die Anzeichen dafür nur zu gut. Sie trank zu viel und versuchte, dadurch ihre Anspannung zu lösen. Der Alkohol ist die Droge der Unglücklichen, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Das Eis in meinem Mineralwasser schmolz langsam vor sich hin, und die Zitronenscheibe glitt unter leisem Zischen der Kohlensäure von einem Würfel auf den anderen.
    »Was ist los, Gabby?«
    Die Frage schreckte sie aus ihrem Brüten.
    »Was soll denn los sein?« fragte sie zurück. Sie lachte kurz und trocken und strich sich eine Locke aus dem Gesicht. Dabei sahen mich ihre Augen ausdruckslos an.
    Ich hatte verstanden und lenkte das Gespräch wieder in neutralere Bahnen. Wenn sie soweit war, würde sie mir schon sagen, was sie bedrückte, dachte ich. Vielleicht aber war ich auch zu feige, um sie direkt herauszufordern. Vielleicht hatte ich Angst, daß zu große Nähe in diesem Fall zu ihrem Verlust fuhren könnte.
    »Hast du mal wieder was von den Leuten an der Northwestern gehört?« fragte ich.
    Als wir uns in den frühen siebziger Jahren an der Universität kennengelernt hatten, war ich verheiratet, und Katy ging schon in den Kindergarten. Damals hatte ich Gabby und die anderen Studenten um ihre Freiheit und um die nächtelangen Partys beneidet, auf denen sie sich oft bis zum frühen Morgen über irgendein philosophisches Thema die Köpfe heißgeredet hatten. Solche Erlebnisse hatten etwas Verbindendes. Ich hingegen, obwohl ich so alt gewesen war wie sie, hatte in einer ganz anderen Welt gelebt. Gabby war damals die einzige gewesen, mit der ich enge Freundschaft geschlossen hatte. Bis heute weiß ich nicht, warum. Schon unser Aussehen ist vollkommen unterschiedlich und war es schon damals. Vielleicht lag es ja daran, daß Gabby die einzige meiner Kommilitonen war, die mit Pete etwas anfangen konnte oder zumindest so tat als ob. Pete mit seinem militärischen Kurzhaarschnitt zwischen lauter Blumenkindern, die alle high von Gras und billigem Bier sind. Er haßte meine Universitätspartys und verbarg seine Unbehaglichkeit hinter offen zur Schau gestellter Geringschätzung. Gabby war die einzige, die sich die Mühe machte, diesen Panzer zu durchdringen.
    Inzwischen hatte ich den Kontakt zu den meisten meiner Kommilitonen verloren. Sie lebten jetzt quer über die Vereinigten Staaten verstreut und arbeiteten meist an Universitäten und Museen. Gabby hingegen hatte die Verbindungen mehr gepflegt als ich. Oder vielleicht hatten auch bloß die anderen sich häufiger bei ihr gemeldet als bei mir.
    »Ab und zu höre ich noch etwas von Joe. Er ist Professor an einer Kleinstadt-Uni irgendwo in Iowa. Oder Idaho.« Amerikanische Geographie war noch nie Gabbys Stärke gewesen.
    »Tatsächlich?« fragte ich interessiert, um sie aus der Reserve zu locken.
    »Und Vern verkauft Immobilien in Las Vegas. Er war vor ein paar Monaten zu irgendeiner Konferenz in Montreal. Ich hatte den Eindruck, als wäre er ziemlich froh, daß er mit der Anthropologie nichts mehr am Hut hat.«
    Gabby trank einen Schluck.
    »Aber seine Frisur ist immer noch so beschissen wie damals«, fügte sie an. Diesmal klang ihr Lachen echt. Vielleicht war es der Wein, vielleicht aber auch mein Charme, der sie ein wenig lockerer machte.
    »Ach ja, und außerdem habe ich eine E-Mail von Jenny bekommen. Sie überlegt sich, ob sie wieder zurück in die Forschung gehen soll. Du weißt doch, daß sie irgendeinen Trottel geheiratet,

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