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Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
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bestimmt gefragt, warum in aller Welt ich das tue. Doch wenn ich richtiglag, wurden ihre Augen glasig, und sie schienen mit ihren Gedanken weit, weit weg zu sein.«
    »Aber warum du?«, frage ich. »Warum hat sie die Kassetten ausgerechnet dir geschickt?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht weil ich ihr das Aufnahmegerät geschenkt hatte. Sie dachte vielleicht, ich würde mitspielen, weil ich an der Sache irgendwie beteiligt war.«
    »Du bist zwar nicht auf den Kassetten, aber trotzdem ein Teil der Sache«, sage ich nickend.
    Er starrt auf die Windschutzscheibe und fasst um das Lenkrad. »Ich muss los.«
    »Ich hab das nicht so gemeint«, sage ich. »Ehrlich!«
    »Ich weiß. Aber es ist schon spät. Mein Vater wird sich langsam fragen, ob ich irgendwo eine Panne habe.«
    »Du willst ihn doch wohl nicht wieder unter die Kühlerhaube schauen lassen.« Ich will schon aussteigen, überlege es mir jedoch anders und ziehe mein Handy aus der Tasche. »Könntest du mir einen Gefallen tun und ein paar Worte mit meiner Mutter sprechen?«
    »Klar.«
    Ich wähle ihre Nummer und sie ist sofort am Apparat.
    »Clay?«
    »Hi, Mom.«
    »Wo steckst du?« Sie klingt besorgt.

    »Ich hab doch gesagt, dass es spät werden kann.«
    »Schon, aber ich habe gedacht, du meldest dich mal.«
    »Tut mir leid. Aber wir brauchen noch ein bisschen Zeit. Vielleicht übernachte ich heute bei Tony.«
    Genau im richtigen Moment: »Hallo, Mrs Jensen.«
    Sie fragt, ob ich getrunken habe.
    »Nein, Mom. Ich schwöre.«
    »Okay. Es geht um sein Geschichtsprojekt, nicht wahr?«
    Ich zucke zusammen. Sie möchte meinen Entschuldigungen so gerne glauben. Jedes Mal wenn ich lüge, ist das so.
    »Ich vertraue dir, Clay.«
    Ich sage ihr, dass ich morgen früh vor der Schule meine Sachen abholen werde. Dann legen wir auf.
    »Wo willst du heute Nacht bleiben?«, fragt Tony.
    »Weiß nicht. Vielleicht gehe ich später nach Hause. Aber ich will nicht, dass sie sich Sorgen macht, wenn ich es nicht tue.«
    Er dreht den Zündschlüssel, der Motor springt an. »Soll ich dich irgendwo absetzen?«
    Ich fasse um den Türgriff und deute mit dem Kopf in Richtung des Hauses. »Hier ist mein Platz auf der Kassette«, sage ich. »Trotzdem, danke.«
    Sein Blick ist starr geradeaus gerichtet.
    »Ganz ehrlich, vielen Dank!«, sage ich. Und das bezieht sich nicht auf das Mitnehmen. Ich bin ihm für alles dankbar. Auch dafür, wie er reagiert hat, als ich völlig am Ende war und die Nerven verlor. Dafür, dass er mich in der schlimmsten Nacht meines Lebens zum Lachen brachte.
    Es ist ein tröstliches Gefühl, dass jemand weiß, was ich durchmache. Das macht es ein wenig einfacher, den Rest der Kassetten anzuhören.

    Ich steige aus und werfe die Tür zu. Sein Wagen rollt davon.
    Ich drücke auf »Play«.

    Also zurück zur Party. Aber macht es euch nicht zu gemütlich. Wir werden sie gleich wieder verlassen.
    Einen halben Block weiter hält Tonys Mustang an einer Kreuzung, biegt nach links ab und ist verschwunden.
    Wären all unsere Geschichten durch Fäden miteinander verknüpft, dann wäre die Party der Ort, an dem aus den einzelnen Fäden plötzlich ein so komplizierter Knoten wurde, dass niemand ihn mehr hätte entwirren können.
    Als Justin und ich uns schließlich aus unserer quälenden Starre lösten, ging ich den Flur hinunter und mischte mich wieder unter die Leute, das heißt, ich taumelte regelrecht in den Raum, nicht wegen des Alkohols, sondern wegen der ganzen Situation.
    Ich sitze an der Bordsteinkante, nur wenige Schritte von der Stelle entfernt, an der ich mich vorhin übergeben habe. Ich weiß zwar nicht, wer in dem Haus wohnt, in dem die Party stattfand, doch hätte ich vollstes Verständnis dafür, wenn plötzlich jemand herauskäme und mich aufforderte, Leine zu ziehen.
    Ich streckte meinen Arm nach dem Klavier aus und ließ mich auf den Klavierschemel sinken.
    Ich wollte gehen, wusste jedoch nicht wohin. Ich konnte nicht nach Hause. Noch nicht.
    Und wie sollte ich mich überhaupt fortbewegen? Zum Gehen war ich zu schwach. Jedenfalls fühlte ich mich zu schwach dazu. Doch in Wahrheit war ich nur zu schwach, um es zu versuchen.
Das Einzige, was ich mit Sicherheit wusste, war, dass ich von hier verschwinden und alle und alles aus meinem Gedächtnis streichen wollte.
    Dann spürte ich eine sanfte Hand an meiner Schulter.
    Es war Jenny Kurtz.
    Die Cheerleaderin aus dem Büro.
    Jetzt bist du dran, Jenny.
    Ich lasse meinen Kopf auf die Knie sinken.
    Jenny fragte, ob sie

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