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Tote Maedchen luegen nicht

Titel: Tote Maedchen luegen nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Asher Knut Krueger
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nicht. Und es spielt keine Rolle, was für eine Entschuldigung ich dafür fand. Dass ich psychisch vollkommen am Ende war. Ich habe keine Entschuldigung. Ich hätte es verhindern können - und damit basta. Doch hätte ich
es verhindern wollen, hätte ich die Erde daran hindern müssen, dass sie sich weiterdreht - so habe ich es empfunden. Ich hatte schon so lange jegliche Kontrolle verloren; ob ich etwas tat oder nicht, was spielte das noch für eine Rolle?
    Ich konnte all die Emotionen nicht länger ertragen. Ich wollte die Welt anhalten... sie beenden.
    Für Hannah fand die Welt ein Ende. Doch nicht für Jessica. Für sie ging es weiter. Und dann konfrontierte sie Hannah auch noch mit diesen Kassetten.
    Ich weiß nicht, wie viele Stücke gespielt wurden, während mein Gesicht in den Kleidern vergraben war. Die Bässe stampften immer weiter. Meine Kehle fühlte sich plötzlich wund an. Hatte ich geschrien?
    Während meine Knie den Boden berührten, spürte ich jedes Mal die Vibrationen, wenn jemand auf dem Flur vorbeiging. Und als ich schließlich Schritte im Zimmer hörte - mehrere Songs nachdem er hereingekommen war -, drückte ich meinen Rücken angstvoll gegen die Innenwand und wartete. Wartete darauf, dass jemand die Tür aufreißen und mich aus meinem Versteck zerren würde.
    Ich fragte mich, was er dann mit mir tun würde.
    Das Vorderrad kratzt an der Bordsteinkante, als Tony den Wagen anhält. Ich weiß nicht, wie wir hierhergekommen sind, aber das Haus ist direkt vor meinem Fenster. Ich sehe die Haustür, durch die ich damals gekommen bin. Denselben Windfang, durch den ich die Party damals verlassen habe. Und zur Linken ein Fenster. Hinter dem Fenster befindet sich ein Schlafzimmer, in dem ein Schrank mit Falttüren steht, in dem sich Hannah in der Nacht, in der wir uns küssten, versteckt hat.
    Aber dann sickerte ein wenig Licht vom Flur in den Raum
und weiter in den Schrank hinein. Seine Schritte entfernten sich und es war vorbei.
    Denn er konnte ja schließlich nicht zu spät zur Arbeit kommen, oder?
    Was dann geschah?Ich bin aus dem Zimmer und den Flur hinuntergerannt. Dort habe ich dich gesehen. Du saßt ganz allein in einem Zimmer. Derjenige, um den sich diese Kassette dreht... Justin Foley.
    Mir dreht sich der Magen um. Ich reiße die Autotür auf.
    Im Dunkeln saßt du dort auf der Bettkante und hast vor dich hin gestarrt. Und ich stand wie angewurzelt auf dem Flur und habe dich angeglotzt.
    Wir hatten einen langen Weg hinter uns, Justin. Seit ich einst beobachtet hatte, wie du vor Kats Haus ausgerutscht bist, seit meinem ersten Kuss am Fuße der Rutsche... bis zu diesem Moment.
    Zuerst hast du eine ganze Kette von Ereignissen in Gang gesetzt, die mein Leben zerstört haben. Und jetzt war sie an der Reihe.
    Ich übergebe mich direkt vor dem Haus.
    Mein Körper ist gekrümmt. Mein Kopf hängt über dem Rinnstein.
    Schließlich hast du dich in meine Richtung gedreht. Aus deinem Gesicht... war alle Farbe gewichen. Es war völlig leer, dein Blick stumpf.
    Oder war Schmerz in deinen Augen?
    »Lass dir Zeit«, sagt Tony.
    Keine Sorge, denke ich. Ich kotz dir schon nicht dein Auto voll.
    Justin, Baby, ich gebe dir nicht die alleinige Schuld. Wir tragen die Verantwortung zusammen. Wir hätten es beide verhindern
können. Jeder von uns. Wir hätten sie retten können. Das gebe ich zu. Vor euch allen. Dieses Mädchen hatte zwei Chancen. Und wir beide haben sie im Stich gelassen.
    Die frische Brise tut mir gut. Sie kühlt den Schweiß auf meiner Stirn und im Nacken.
    Ihr fragt euch bestimmt, warum diese Kassette von Justin handelt. Was mit dem anderen Jungen ist. War sein Verhalten denn nicht viel schlimmer?
    Doch, natürlich. Aber die Kassetten müssen ja weitergeschickt werden. Und wenn er sie schon hätte, würde er sie bestimmt behalten. Denkt darüber nach. Er hat ein Mädchen vergewaltigt und würde sich sofort aus dem Staub machen, wenn er wüsste... dass wir es wissen.

    Ich krümme mich immer noch zusammen und hole tief Luft. Halte sie für einen Moment an.
    Und stoße sie aus.
    Einatmen. Halten.
    Ausstoßen.
    Ich sitze aufrecht im Wagen und halte die Tür offen. Nur für alle Fälle. »Warum ausgerechnet du?«, frage ich. »Warum hast du die anderen Kassetten? Was hast du getan?«
    Ein Auto fährt an uns vorbei und biegt dann links ab. Es dauert eine geraume Zeit, bis Tony antwortet.
    »Nichts«, sagt er. »Das ist die Wahrheit.« Zum ersten Mal seit er ins Rosie’s kam, sieht er mir direkt in die

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