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Tote Pracht

Tote Pracht

Titel: Tote Pracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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vielleicht gar keine Zeit haben. »In Ordnung«, sagte ich, »du kannst auf
mich zählen.«
    »Wenn du Jim mitbringen willst...«
    Beim Gedanken an Jim wurde mir mulmig.
Ich hatte seinen unerwünschten Besuch am frühen Morgen fast vergessen.
    »Nein, ich komme allein.« Ich hatte
Hank noch nicht gesagt, daß ich Schluß gemacht hatte, und mir war nicht danach,
jetzt darüber zu sprechen. Ich drehte mich um und versuchte mich zu erinnern,
wo ich meine Tasche und Jacke abgelegt hatte.
    Hank folgte mir. »Shar, ist etwas nicht
in Ordnung zwischen...«
    »Alles bestens«, log ich. »Und jetzt
muß ich mich sputen, ich habe nämlich heute abend eine Verabredung.«
    Hank schien erleichtert und erfreut zu
sein. Jedesmal, wenn ich mich über seine Neugierde ärgerte, sagte ich zu mir,
daß es schließlich nicht seine Schuld war, daß er mich mochte und wollte, daß
ich glücklich war.
     
    Ich hatte mich auf einen ruhigen Abend
zu Hause gefreut. Aber als ich dort ankam, erschien mir mein Erdbebenhäuschen
mit seinem braunen Schindeldach — eines der etwa viertausend Häuser, die nach
dem Erdbeben und dem Feuer von 1906 als Notunterkünfte errichtet und seitdem
von den verschiedenen Eigentümern liebevoll verschönert worden waren — weniger
paradiesisch als sonst. Das lag sicher an Jims beunruhigendem Besuch und auch
daran, daß mein fetter, schwarz-weiß gefleckter Kater Watney vor zwei Monaten
im Schlaf gestorben war. Ich hatte mir kein neues Tier zugelegt; Watney war
unersetzlich. Aber vor allem lag es daran, daß der Mann, der meine große Liebe
hätte werden können, in Palo Alto lebte. In der Nähe seiner ihm fremd
gewordenen, psychisch kranken Frau, deren mühsam bewahrte seelische Ruhe durch
mein schlechtes Urteilsvermögen während besonders komplizierter Ermittlungen
aus dem Gleichgewicht geraten war. Mein Geliebter, George Kostakos, ist selbst
Psychologe. Er gab mir keine Schuld an ihrem Zusammenbruch. Er sagte, daß man
schon lange damit hatte rechnen müssen. Aber ich klagte mich selbst an
und hüllte mich in das sprichwörtlich härene Hemd, das Enttäuschung und
Einsamkeit von mir fernhalten sollte.
    Aber auch ein selbstfabriziertes
Nessushemd juckt und reibt manchmal. Und manchmal stieg Ärger in mir auf gegen
den früheren Geliebten, der so gerecht, so liebevoll und ehrenwert war.
    Nach all den Jahren, in denen mir Wat
griesgrämig Gesellschaft geleistet hatte, war ein Haus ohne Katze einfach kein
richtiges Heim.
    Ich verstaute den Beutel mit Hilderlys
Revolver im Tresor und legte dann die kleinen Puddingtörtchen, die ich im
Restaurant gekauft hatte, in den Kühlschrank. Einen Augenblick überlegte ich,
ob ich mir ein Glas Wein einschenken sollte, aber in meiner gegenwärtigen
Verfassung würde der allein genossene Alkohol wohl zu gefährlicher
Selbstprüfung führen. Im Northpoint lief eine neue Komödie, die ich gerne sehen
wollte, und wenn ich mich beeilte, würde ich die Frühvorstellung noch schaffen.
Ich duschte, um den Staub aus Hilderlys Apartment wegzuwaschen, und zog dann
meine weichen, alten, ausgebleichten Jeans und einen Pullover an.
    Bevor ich das Haus verließ, warf ich
aber noch einen Blick in mein Schmuckkästchen, auf die Perlen, die ich seit
mehr als zwanzig Jahren aufbewahrte. Sie glitzerten im Abendlicht — schillernde
blaue und rosafarbene und grüne und gelbe Symbole einer Zeit, die vielleicht
niemals so freudenreich und unschuldig gewesen war, wie manche von uns sie in
Erinnerung haben.
     
     
     

3
     
    Montag früh rief ich als erstes Rae
Kelleher in der Kanzlei an und berichtete ihr kurz von den Nachforschungen im
Fall Hilderly. Sie wollte sofort versuchen, etwas über Heikkinen und Taylor
herauszufinden.
    »Ich nehme an, du kommst erst später
ins Büro«, fügte sie hinzu.
    »Ja. Ich will sehen, was ich von Grant
und Goodhue erfahren kann, und dann gehe ich bei der Kripo vorbei und spreche
mit dem Beamten, der für diese mysteriöse Mordserie zuständig ist, über
Hilderlys Tod.«
    »Mit dem Beamten?« Ihre Stimme klang
leicht verschmitzt.
    Ich seufzte. »Also gut — mit Greg
Marcus.«
    »Du hast erzählt, du warst vor ein paar
Wochen mit ihm essen. Triffst du dich wieder mit ihm?«
    »Seit wir unsere Verbitterung über die
Trennung verwunden haben, gehen wir ab und zu miteinander essen. Da ist doch
nichts dabei.«
    »Es ist erstaunlich, wie es dir
gelingt, mit deinen ehemaligen Freunden ein gutes Verhältnis zu bewahren.«
    Ich hätte beinahe gesagt: »Außer mit
Jim«,

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