Tote Pracht

kann, nach der er schon gefragt hat. Ich gehe jetzt heim und schlafe.
Du kannst mich ja morgen nachmittag anrufen.«
    Ich hielt das Band an und hörte mir die
Nachricht nochmals an. Hank war in Ordnung; bald konnte ich ihn besuchen. Ich
würde ihm einen Stapel Zeitschriften mitbringen und ein Paket von der Bäckerei
an der Twentyfourth Street, deren Blaubeerkuchen er so liebte...
    Ich hatte fast vergessen, daß da noch
eine Nachricht war. Ich schaltete das Band ein und hörte die Stimme von George
Kostakos.
    Ich hörte mir seine Nachricht an, dann
spulte ich zurück und lauschte nochmals. Seine Frau hatte sich von ihrem
Nervenzusammenbruch erholt, und sie hatten die Scheidung eingereicht. Sie hatte
das Haus in Palo Alto genommen, und er war in eine Eigentumswohnung am Russian
Hill gezogen. Er mochte mich immer noch. Wenn es mir auch so gehe, dann wollte
er mich gerne sehen. Seine neue Telefonnummer war...
    Zuerst verspürte ich einen hartnäckigen
Widerstand in mir. Er hatte all die Monate geschwiegen, und ich hatte nicht
gewußt, wo wir standen, und jetzt dachte er, er könne einfach wieder in mein
Leben hereinplatzen. Aber dann wurde ich weicher: Es war sicher auch für ihn
keine leichte Zeit gewesen. Außerdem hatte ich doch immer irgendwie gewußt, wo
wir standen, hatte gewußt, daß er irgendwann zurückkommen würde...
    Ich stellte mir George vor: sein
markantes Gesicht, seine ausdrucksvollen haselnußfarbenen Augen, sein schwarzes
Haar, das von grauen Fäden durchzogen wurde, sein langer, schlanker Körper. Ich
legte die Hand an die Lippen und stellte mir vor, wie es sein würde, ihn nach
der langen Zeit wiederzusehen. Stellte mir vor, wieder mit ihm zusammenzusein.
    Schmerz, Zorn und Enttäuschung der
letzten Woche fielen von mir ab. Überreste würden bleiben, das wußte ich.
Schlimme Erinnerungen würden mich vermutlich mein ganzes Leben lang verfolgen.
Aber Augenblicke wie dieser würden mich trösten. Einen kurzen Moment lang
fühlte ich mich sicher, warm und geborgen. Ich streckte mich und gähnte. Was
für ein unverhofftes Glück!
    Rastlos ging ich durch das stille Haus,
prüfte Türen und Fenster, obwohl ich wußte, daß sie alle verschlossen waren.
Ich schlenderte durch das Wohnzimmer, richtete ein Buch gerade und wischte
Spinnweben vom Kaminsims. In der Küche schaute ich, ob das Pilotlicht im
Gasherd brannte. Besah mir die Eiswürfel in der Kühltruhe, prüfte, ob das Brot
noch frisch war und schaute, ob Eier für das Frühstück im Haus waren. Aber
schließlich trieb mich die Müdigkeit doch ins Schlafzimmer, wo ich meinen
Bademantel auf den Boden fallen ließ und nackt unter die Decke kroch.
    Als ich mein Kissen umarmte und die
Augen schloß, beschloß ich noch, vor zwölf Uhr mittags aufzuwachen und mich
dann bei vier der fünf Anrufer zu melden. Ich würde meine Mutter beruhigen;
Luke Widdows danken, daß er mir bei meinen Ermittlungen geholfen hatte,
Anne-Marie fragen, ob ich Hank nicht schon vor Sonntag besuchen könne. Und
George sagen, daß ich ihn auch noch mochte und ihn sehen wollte.
    Und danach würde ich noch jemanden
anrufen. Ich konnte mich einfach nicht länger selbst belügen: Es war höchste
Zeit, Ted zu sagen, daß er Ralph und Alice in ihrem neuen Heim abliefern solle.

Marcia
Muller
     
     
     
    Mord ohne Leiche
    Kriminalroman. Band
14541
    Aus dem Amerikanischen
von Monika Blaich und Klaus Kamberger
     
    Tote Pracht
    Kriminalroman. Band
14542
    Aus dem Amerikanischen
von Gabriele Graf
     
    Niemandsland
    Kriminalroman. Band
14543
    Aus dem Amerikanischen
von Monika Blaich und Klaus Kamberger
     
    Letzte Instanz
    Kriminalroman. Band
14544
    Aus dem Amerikanischen
von Monika Blaich und Klaus Kamberger
     
    Wölfe und Kojoten
    Kriminalroman. Band
14545
    Aus dem Amerikanischen
von Monika Blaich und Klaus Kamberger
     
    Ein wilder und
einsamer Ort
    Kriminalroman. Band
14546
    Aus dem Amerikanischen
von Cornelia Holfelder-von der Tann
     
     
     
    Fischer Taschenbuch
Verlag
    fi 1590 / 7

Marcia Müller
    Am Ende der Nacht
    Roman
    Aus dem Amerikanischen
von Cornelia Holfelder-von der Tann
    Band 14352
     
    Irgend etwas stimmt
nicht, ahnt Sharon McCone, als ihre Freundin und frühere Fluglehrerin Matty
Wildress sie Monate vor dem Fälligkeitstermin zur Überprüfung ihrer Fluglizenz
bestellt. Und ihr Instinkt trügt nicht. Mattys Lebensgefährte John Seabrook ist
seit einer Woche verschwunden und hat seinen elfjährigen Sohn Zach bei ihr
zurückgelassen. In einem Abschiedsbrief fleht John