Tote Pracht
herum,
setzte sich und wies mich auf einen der Besucherstühle. »Da und dort. Man
könnte mich wohl als Aasfresser bezeichnen. Ich sammle Dinge am Strand oder im
Park.«
Dinge. Das hieß tote Vögel und Tiere oder
Teile davon. Der Himmel mochte wissen, was er mit ihnen anstellen mußte, bevor
sie sich für seine Zwecke eigneten. Ich hatte im Zahnarztwartezimmer vor kurzem
angefangen — und gleich wieder aufgehört —, einen Artikel zu lesen über eine
Texanerin, die »Verkehrsopferkunst«, wie sie es nannte, schuf; ich hatte den
Artikel auf der Stelle zur Seite gelegt, als sie den Gestank in der Höhle
beschrieb, in der sie ihre »Kunstmaterialien« aufbewahrte, bis fleischfressende
Käfer die Tierleichen gesäubert hatten. Anstatt noch ein weiteres Wort über
Grants Hobby zu verlieren, setzte ich mich und beschäftigte mich mit dem
Ordner, den ich meinem Aktenkoffer entnommen hatte. »Mr. Grant...« setzte ich
an.
»Bitte... Tom.«
»Tom. Sagt Ihnen der Name Perry
Hilderly etwas?«
Ich glaubte, einen Schimmer des
Erkennens in seinen Augen gesehen zu haben; vielleicht war es eine Einbildung.
»Nein, das kann ich eigentlich nicht sagen. Angela — Miss Curtis — sagte etwas
von einer Erbschaft. Ist dieser Hilderman...«
»Hilderly.«
»Ist er der Erblasser?«
»Ja.«
»Warum vermacht er mir etwas?«
»Wir wissen nicht sicher, ob Sie der
Richtige sind. Hilderly bedachte einen Thomas Y. Grant in seinem Testament,
ohne anzugeben, in welcher Beziehung er zu ihm stand. In einer Notiz für seinen
Anwalt hieß es, daß er — der Anwalt, Hank Zahn — schon wüßte, wie er Grant
erreichen kann. Sie sind der einzige Thomas Y. Grant, den Mr. Zahn kennt.«
Grant schaute verwundert drein. »Ich
kenne Hank Zahn dem Namen nach. Es überrascht mich, daß er ein Testament
ausfertigt, ohne zuerst festzustellen, in welchem Verhältnis der Mandant zu dem
Begünstigten steht.«
»Er hat dieses spezielle Testament
nicht ausgefertigt. Es handelt sich um ein handschriftliches Dokument, das ein
früheres Testament ungültig macht. Es wurde drei Wochen vor Hilderlys Tod
geschrieben.«
»Wann war das? Sein Tod, meine ich.«
»Letzte Woche. Er wurde auf dem Geary
Boulevard von einem Unbekannten erschossen.«
»Von einem dieser Heckenschützen? Ich
erinnere mich, im Fernsehen davon gehört zu haben, aber ich kenne die
Einzelheiten nicht.« Grant schloß die Augen, als versuchte er, sich an die
Nachrichten zu erinnern. Als er sie wieder öffnete, war sein Blick erstaunt.
»Miss... darf ich Sie Sharon nennen?«
Ich nickte.
»Sharon. Ich habe nicht den blässesten
Schimmer, worum es hier geht.«
»Kann es sein, daß Hilderly einer Ihrer
Mandanten war?«
»Ich habe ein gutes Gedächtnis für
meine Mandanten. Nein.«
»Haben Sie ihn vielleicht einmal als
Buchhalter beschäftigt?«
»War das sein Beruf? Nein, ich arbeite
immer mit dem gleichen Mann von der Big-Eight-Gesellschaft.«
»Wo kommen Sie her, Tom?«
»Aus Durango, Colorado.«
»Und Sie studierten wo?«
»Die ersten Jahre in Boulder, dann Jura
in Illinois.«
»Waren Sie viel in Berkeley?«
»Ich war in meinem ganzen Leben
höchstens ein dutzendmal dort. Kam Hilderly von da?«
»Er ging dort zur Uni, bis er wegen
seines Engagements in der Bewegung für Redefreiheit ausgeschlossen wurde.«
»Leider weiß ich darüber nur sehr
wenig, nicht mehr, als was früher in den Zeitungen stand.«
Ich beobachtete ihn einen Moment. Seine
Augen schienen ehrlich, und er wirkte entspannt. Dennoch hatte der Mann etwas
Falsches an sich. Nach einer Weile fragte ich: »Wie steht es mit dem Namen
Libby Heikkinen? Kennen Sie diese Frau?«
Er schüttelte den Kopf — zu schnell,
für meinen Geschmack.
»Jess Goodhue? David Arlen Taylor?«
»Weder noch. Wer sind diese Leute?«
»Die anderen Begünstigten. Sagt Ihnen
wirklich keiner der Namen etwas?«
»Goodhue kommt mir irgendwie bekannt
vor.«
»Sie ist Nachrichtensprecherin beim
Sender KSTS.«
»Genau. Ich glaube, sie hat mich einmal
interviewt.«
Immer noch lag diese Unaufrichtigkeit
in der Luft. »Wollen Sie nicht wissen, wieviel Ihr Anteil an Hilderlys
Hinterlassenschaft wert ist?«
»Es interessiert mich mehr, warum er
mich in seinem Testament bedacht hat. Aber, ja, wieviel ist mein Anteil wert?«
»Etwa eine Viertelmillion Dollar — vorausgesetzt,
Sie können beweisen, daß Sie der Thomas Y. Grant sind, den Hilderly in seinem
Testament meinte.«
Grants Blick wanderte zu dem Fenster,
zu dem geziegelten Hof draußen
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