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Tote Pracht

Tote Pracht

Titel: Tote Pracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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aufhängte, kam Ted ins Büro und
legte einen rosaroten Zettel auf meinen Schreibtisch. Gene Carver, Hilderlys
ehemaliger Chef bei der Steuerkanzlei, hatte während der Mittagszeit angerufen.
Als ich zurückrief, erklärte Carver sich bereit, ein paar Fragen zu
beantworten.
    »Ich interessiere mich für ein Seminar,
an dem Perry auf Ihr Drängen hin Ende Mai teilnahm; es hatte vielleicht mit
Mitarbeitermotivation zu tun.«
    »Mitarbeitermotivation?« Carver schien
belustigt. »Das glaube ich nicht. Das einzige Seminar, an das ich mich im
letzten Frühling erinnere, beschäftigte sich mit Steuerproblemen, die sich bei
Ehescheidungen ergeben. Das war eine große Veranstaltung, die von der
Rechtsanwaltskammer und der Stiftung kalifornischer Rechtsanwälte gesponsert
wurde und am letzten Wochenende des Monats im Cathedral Hill-Hotel stattfand.
Ich nahm zusammen mit Perry und zwei anderen Buchhaltern meiner Firma daran
teil.«
    Das sollte Hilderlys Leben geändert haben, wie er seinem Sohn
Kurt erzählte? Das schien nicht wahrscheinlich. Es sei denn... »Wissen Sie, ob
ein Scheidungsanwalt namens Thomas Y. Grant unter den Teilnehmern war?«
    »Ja, sicher. Ein alter Freund von
Perry, wie sich herausstellte. Er leitete einen der Workshops.«
    »Grant und Perry waren Freunde?«
    »Das war offenbar schon lange her.
Zuerst erkannten sie sich nicht; dann schienen sie beide überrascht und
verwirrt zu sein. Aber Perry sprach während der Pause mit Grant, und dann sah
ich sie noch, wie sie in Tommy’s Joynt gemeinsam zu Mittag aßen.«
    »Hat Perry Ihnen gegenüber von Grant
gesprochen?«
    »Ja. Lassen Sie mich überlegen, ob es
mir noch genau einfällt.« Carver hielt inne. »Es war während der Pause in der
Nachmittagssitzung. Er sagte, daß Grant ein Mann sei, der aus einem im Grunde
kaputten Leben eine Menge gemacht habe. Diese Beurteilung erschien mir
angesichts des Vermögens dieses Mannes recht eigentümlich. Ich fragte Perry,
was er meinte, aber er sagte nur, daß ihm Grant leid tue, denn er könne sich
selbst in ihm sehen.«
    »Und mehr sagte er nicht?«
    »Ich habe nicht weitergefragt; die
Sitzung ging weiter. Und, ehrlich gesagt, ist es mir erst jetzt wieder
eingefallen.«
    Ich dankte Carver und machte mir,
nachdem ich aufgehängt hatte, auf meinem Block ein paar Notizen. Ich konnte mir
beim besten Willen nicht vorstellen, warum Hilderly Grants Leben als »kaputt«
bezeichnet hatte. Ich konnte auch nicht verstehen, inwiefern er sich mit diesem
Winkeladvokaten identifizieren konnte, dessen Hobby darin bestand, Dinge aus
Teilen von toten Tieren herzustellen. Natürlich hatte ich Hilderly nicht
gekannt und wußte nicht, was in seinem Gehirn vorgegangen war; selbst Menschen,
die mit ihm zusammengelebt hatten, war dies nicht gelungen.
    Nach ein paar Minuten stand ich auf und
ging in Hanks Büro hinunter. Ich blieb im Türrahmen stehen und fragte: »Ist ein
Anruf von D. A. Taylors Frau zufällig bei dir statt bei mir gelandet?«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich muß auch
mit ihr reden, wenn sie sich meldet. Stell den Anruf auf jeden Fall zu mir
durch.«
    » Wenn sie anruft. Der verdammte Harley hat
ihr die Nachricht vermutlich nicht gegeben. Das heißt, daß ich nochmals dort
hinausfahren muß.«
    »Du klingst sauer. Was ist los?«
    Ich zuckte die Achseln.
»Nachmittagsunlust, nehme ich an. Weißt du, was ich gerade erfahren habe?
Hilderly und Grant waren alte Freunde.« Ich erzählte ihm, was Gene Carver
gesagt hatte.
    »Also hat Grant gelogen«, sagte Hank.
»Er muß die Verbindung um jeden Preis verheimlichen wollen, wenn er bereit ist,
auf eine viertel Million Dollar zu verzichten.«
    »Ja — und ich werde ihn nach dem Grund
fragen, wenn ich ihm heute abend dieses Dokument zum Unterschreiben bringe.«
Ich hielt inne und warf einen Blick auf den Stapel von Magazinen, die sich auf
einem von Hanks Aktenschränken türmten. »Nur noch eine Frage, dann lasse ich
dich Weiterarbeiten. Wie war der Name der Zeitschrift, in deren Auftrag
Hilderly nach Vietnam reiste?«
    Er runzelte die Stirn. »New... irgendwas. Ein relativ konservativer Name für eine Zeitschrift der
Studentenbewegung. New... verdammt, ich hasse es, wenn mir etwas auf der
Zunge liegt!« Er schloß die Augen und konzentrierte sich heftig. Als er sie
wieder öffnete, sagte er: »Ich hab’s! New Liberty.«
    »Und das Büro war hier in der Stadt?«
    »Ich glaube schon.«
    »Danke.« Ich eilte in mein Büro zurück.
    Der Mann in der Auskunftsabteilung

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