Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
Vom Netzwerk:
Kartenmischen.
    Ich brauchte eine Zigarette, wusste aber nicht, ob ich überhaupt eine halten konnte.
    Da hörte ich es.
    Nur ein einziger kurzer Laut, der aus dem Wald kam. Ich drehte langsam den Kopf in die Richtung. In der Ferne waren Vögel über den Bäumen auseinandergestoben.
    Und da war es noch einmal, ein dumpfes, abgehacktes Krachen.
    Die Härchen an meinem Nacken sträubten sich, und ich bemerkte, dass ich nur noch ganz langsam atmete.
    Verschiedene Gedanken fuhren mir durch den Kopf, jeder steigerte meine Angst noch. Aber rein äußerlich tat ich nichts, als nur die unerbittliche Wand des Waldes anzustarren.
    Alles war wieder still.
    Was ich mir vorstellte, konnte doch nicht sein. Selbst Choc würde doch nicht …
    Nichts wie weg hier!
    Aus dem Unterholz hörte ich nicht weit entfernt ein Knacken. Jemand kam zurück.
    Einen Moment stand ich reglos da, dann, als ich mich endlich rührte, schien es, als könne nichts in der Welt mich aufhalten. Ich stolperte um den Wagen herum, nach den Schlüsseln tastend, riss die Wagentür auf und warf mich hinein. Der Motor stotterte kurz und sprang dann an.
    Oh, Mist.
    Der Kies knirschte, ein paar Steine wurden hochgeschleudert, da ich den Wagen zu schnell herumriss. Die gebrochene Hand zitterte, als ich versuchte, das Steuerrad zu halten und in den Rückspiegel zu schauen, in dem der Wald hinter mir zu schwanken schien. Nichts. Noch nichts.
    Trotzdem fuhr ich den Weg schnell entlang, der Wagen schaukelte auf dem unebenen Untergrund, und ich schoss auf die Straße hinaus, ohne mich zu vergewissern, dass frei war.
    Sie können ihn doch nicht umgebracht haben.
    Dann gab ich Gas.
    Irgendwohin fahren, nur weg von hier.
     
    Ein Schuss Wodka und ein Schluck Wasser, zusammen hinter die Binde gegossen. Kein besonders angenehmes oder geselliges Benehmen, das muss ich zugeben, aber sehr praktisch.
    Nachdem ich eine Weile ziellos herumgefahren war und versucht hatte, nicht in Panik zu verfallen, kehrte ich nach Hause zurück, parkte und ging in das stille Haus. Der Eingang lag auf Straßenhöhe zwischen zwei Geschäften, und eine Treppe führte zur ersten Etage meiner zweistöckigen Wohnung hinauf. Emma hatte ihren Schlüssel durch den Briefschlitz geworfen, und ich fand ihn beim Eintreten auf dem Teppich. Als ich nach oben ging, sah ich, dass sie das Licht im vorderen Zimmer hatte brennen lassen, aber all ihre Kartons mit Kleidern und Büchern waren fort. Das war’s dann also.
    Ich schaltete das Licht aus und ging in die Küche.
    Im Kühlschrank stand eine Flasche Wodka, und obendrauf ein Aschenbecher. Meine Finger zitterten zu heftig, um mit der rechten Hand eine Zigarette halten zu können, so rauchte ich mit der Linken und machte mich daran, mich so schnell und so gründlich wie möglich zu besaufen.
    Beim fünften Glas saß ich eine Weile mit dem merkwürdigen Gefühl da, meiner Hand beim Zittern zuzusehen, obwohl der Alkohol den Schmerz fast ganz betäubt hatte. Die ersten zwei Fingerknöchel waren blau angelaufen, und der Bluterguss breitete sich schon über den Handrücken bis zum Handgelenk aus. Ich versuchte, den Daumen zu den Fingerspitzen zu führen, aber das Resultat war, dass sich trotz Wodka das Brennen der glühenden Münze wieder meldete.
    Ich stürzte den Inhalt des Glases hinunter und goss mir ein weiteres ein.
    Nichts war passiert, sagte ich mir. Diese Geräusche waren keine Schüsse gewesen. Ich hatte ihm einen Schlag versetzt, aber das war’s. Eddie hatte Prügel bekommen, nichts Schlimmeres als verdient, und das war alles.
    Ich schüttete den nächsten Drink in mich hinein und goss noch einen nach.
    Wie ich Tori an jenem ersten Abend, an dem ich sie kennenlernte, erklärt hatte, geht es beim Zaubern hauptsächlich um Täuschung. Man muss den anderen dazu bringen, seine Skepsis eine Weile beiseitezulassen und etwas zu akzeptieren, wovon er im Grunde weiß, dass es nicht stimmt. Jetzt wollte ich vor allem einen ähnlichen Trick mit mir selbst durchführen. Ich musste mich überzeugen, dass nichts geschehen war.
    Also trank ich weiter und wiederholte mir immer wieder die Lüge, bis die Worte tief in mein Unterbewusstsein sanken wie eine Blaupause.
Nichts ist passiert. Du bist ins Wheatfield gegangen
. Man muss einen Trick ungefähr dreitausendmal üben, bis der Körper die Handbewegungen automatisch ausführt, und so etwas strebte ich jetzt auf der mentalen Ebene an. Ich musste verinnerlichen, dass nichts passiert war, ohne dass ich darüber nachdenken

Weitere Kostenlose Bücher