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Tote Stimmen

Tote Stimmen

Titel: Tote Stimmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steve Mosby
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trat. Das Sonnenlicht drang kaum durch das Blätterdach über uns. Nur vereinzelte Lichtstrahlen malten kleine helle Flecke auf Blätter und Bäume. Normalerweise wäre einem hier alles idyllisch und friedlich vorgekommen, im Moment war jedoch nur dunkle Bedrohlichkeit zu spüren. Aber jetzt konnte ich nicht mehr umkehren.
    Kurz danach erreichten wir die Typen, die mit dem anderen Wagen gekommen waren.
    Von dreien war kaum mehr auszumachen als kräftige schwarze Gestalten, die mit verschränkten Armen an Bäume gelehnt standen. Weitere Mitglieder von Chocs Truppe. Sie sahen aus, als hätten sie hier schon eine Weile gewartet und die Zeit totgeschlagen. Die vierte Person war Eddie Berries. Er kniete mit gesenktem Kopf im Gras. Die meisten seiner langen Haare waren aus dem Pferdeschwanz herausgerissen und hingen jetzt bis zu seinen Oberschenkeln hinunter. Er hatte die Arme überkreuzt, umfasste mit den Händen die Oberarme und zitterte.
    Ich zögerte etwas und machte noch zwei Schritte.
    Choc und Cardo gingen auf Eddie zu. Ich sah mich um. Es war nicht einmal eine richtige Lichtung, nur eine freie Stelle zwischen den Bäumen, die gerade eben groß genug für uns war. Und so weit weg von allem, dass uns niemand stören würde.
    Verdammt, in was hast du dich da reinziehen lassen?
    Die Stille, die hier herrschte, wurde mir überdeutlich bewusst und ließ mein Herz laut pochen. Ich starrte auf Eddie hinunter. Was immer er Tori angetan hatte, jetzt war er erbärmlich und kläglich anzusehen.
    »Er dachte, wir würden ihn nicht finden.« Choc klang stolz. »Aber einen Junkie soll man nie überschätzen, oder? Steh auf, du Arschloch.«
    Als Eddie nicht reagierte, trat ihm Choc wie beiläufig an die Schläfe und warf ihn um.
    Die Anspannung in meiner Brust wurde immer stärker und setzte mich unter Strom.
    »Steh auf, du Stück Scheiße!«
    Nach kurzem Zögern kam Eddie unsicher auf die Beine. Als er aufrecht stand, schlug er wieder die Arme übereinander, hielt den Kopf weiter gesenkt und zitterte noch immer.
    Er sagte: »Tut mir leid …«
    Choc schlug ihm mit der flachen Hand gegen die Stirn, dass sein Kopf nach hinten schnellte.
    »Sieh mich an, wenn ich mit dir rede. Sei ein Mann.«
    Eddie gehorchte und hielt den Kopf aufrecht. Aber sein Blick irrte umher. Er sah überall und nirgends hin, denn er war zu verängstigt, um jemandem in die Augen schauen zu können. Choc fing an, vor ihm auf und ab zu gehen wie ein Löwe, der von einem imaginären Gitter zurückgehalten wird.
    »Dir ist klar, was du getan hast, oder?«
    »Tut mir leid. Ich weiß nicht, warum …«
    »Was – brauchst du einen Grund dafür, damit es dir leid tut, oder was?«
    Eddie schüttelte den Kopf. Er hatte noch nicht gemerkt, dass es keine Rolle spielte, was er sagte. Es gab kein Zauberwort, das ihn hier herausholen würde.
    Und für dich gibt’s auch keins.
    »Ich meine, ich weiß nicht, warum ich es getan habe.«
    »Soll ich dir einen Grund geben, damit es dir leid tut?« Choc versetzte ihm einen Schlag auf die Seite des Kopfes. »Willst du das damit sagen?«
    »Ich hab es nicht so gemeint.«
    »Was, dir ist die Hand ausgerutscht?« Wieder ein Schlag. »So?«
    Die Schläge waren nicht so stark, dass sie auch nur einen Bluterguss verursachen würden, aber die unterschwellige Gewalt war genauso hässlich wie richtige Prügel. Choc war wie eine Katze, die ihr Spiel mit einer Maus treibt.
    »Ich habe sie gerade im Krankenhaus besucht. Sie würde nie jemandem etwas antun. Und du hast es trotzdem in Ordnung gefunden, ihr weh zu tun.« Choc trat jetzt hinter ihn. »Du meinst, du kannst eine Freundin von mir verletzen und damit durchkommen?«
    Wieder ein Schlag.
    »Du verdammtes Stück Dreck.«
    Und plötzlich hatte er eine Handvoll von Eddies Haaren in der Hand und zog ihn zur Seite, seine Knöchel wurden weiß, und die Muskeln an seinem dürren Arm traten hervor.
    Eddie schrie, aber Choc zerrte ihn mit sich, presste ihn mit dem Gesicht gegen einen rauhen Baumstamm und drückte mit seinem ganzen Gewicht dagegen. Vier, fünf, sechs Sekunden hielt ihn Choc so fest und verzog vor Anstrengung, ihm
weh zu tun,
das Gesicht …
    Mein Herz hielt inne, überschlug sich einmal und klopfte dann weiter.
    Endlich ließ er ihn los.
    Eddies Gesicht war auf der einen Seite fleckig und hatte blutige Tupfen. Sein Gesichtsausdruck war starr vor Schmerz, wie bei einem Baby, das noch eine Sekunde erschrocken und still ist, bevor es losschreit. Er hob ungläubig die Hand an

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